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Trost der Philosophie. BoethiusЧитать онлайн книгу.

Trost der Philosophie - Boethius


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fürchten so sehr die armen Menschen

       Nichts vermögender Fürsten wildes Wüten?

       Fürchte nichts und erhoffe nichts: Es steht dann

       Vor dir waffen- und machtlos jede Drohung!

       Doch wer zittert in Furcht, und wünscht begehrlich

       Sich vergängliches Gut, das nicht ihm zukommt:

       Der lässt fallen den Schild, dem Feinde weichend,

       Schlägt sich selber in schwere Sklavenketten!

      »Fühlst du dies nun nicht?« fragte sie dann, »und dringen diese Worte nicht ein in deinen Sinn? Oder machen sie nicht mehr Eindruck auf dich als in jener Fabel das Saitenspiel auf den Esel? Was weinst du? Was zerfließt du in Tränen?!

      ›Rede heraus, nichts hehlend, damit wir beide es wissen!‹

      Wenn du das Bemühen des Arztes erwartest, musst du deine Wunden bloßlegen!«

      Da raffte ich endlich meine Geisteskräfte zusammen und sprach: »Bedarf es denn noch einer Erinnerung und ist es nicht an sich offenbar genug, wie grausam das Geschick gegen mich wütet?! Mahnt daran nicht schon das Äußere dieses Ortes? Ist es etwa die Bibliothek, die du dir als deinen sichersten Sitz in meinem Heim in Rom selber erkorst? In der du so oft mit mir saßest und mit mir über alles Wissen von den göttlichen und menschlichen Dingen Zwiesprache hieltest? War so etwa mein Aussehen und waren so meine Mienen, als ich mit dir die Geheimnisse der Natur erforschte, als du mir die Bahnen der Gestirne mit dem Zirkel beschriebst, als du unsere Sittenlehre und alle unsere Lebensprinzipien auf himmlische Vorbilder zurückführtest? Ist dies der Lohn dafür, dass ich dir folgte? Du hattest doch durch den Mund des Platon jenes Wort verkündet, dass diejenigen Staaten glücklich sein werden, die von Philosophen regiert werden oder deren Regenten sich der Philosophie befleißigen! Und hast du es nicht durch den Mund desselben Mannes feierlich ausgesprochen, dass der zwingende Grund für die Weisen, sich des Staates anzunehmen, darin bestehe, dass sie die Leitung des Gemeinwesens nicht sittenlosen und frevelhaften Menschen überlassen wollen, die durch ihre Herrschaft Verderben und Untergang über alle Guten bringen würden?! Der Autorität dieser Aussprüche folgte ich, als ich mich bestrebte, das von dir in stiller Muße Erlernte in der praktischen Staatsverwaltung anzuwenden. Du selbst und die Gottheit, die dich in den Geist der Menschen einziehen ließ, ihr wisst es, dass mich nur das Interesse an der Verwirklichung alles Guten bewog, die staatsmännische Laufbahn einzuschlagen! Deswegen hatte ich auch so schwere und unerbittliche Kämpfe mit den Übelgesinnten zu bestehen, und weil ich frei meinem Gewissen folgte, erfuhr ich den Hass der Gewaltigen, dem ich mich immer mutig aussetzte, wenn es das Recht zu schützen galt. Wie oft habe ich mich dem Konigastus, der das Vermögen jedes Schwachen an sich zu reißen suchte, entgegengestellt, wie oft habe ich eine von Triggvilla, dem Vorsteher des königlichen Hauses, begonnene oder gar schon fast vollendete ungerechte Tat noch im letzten Augenblick vereitelt, wie oft habe ich die Unglücklichen, die von der stets unbestraften Habgier der Barbaren mit unzähligen Verleumdungen umgarnt waren, durch mein Ansehen, mit eigener Gefahr, geschützt! Nie hat es jemand vermocht, mich vom Recht zum Unrecht hinüberzuziehen! Das traurige Geschick der Provinzialen, die bald durch private Räubereien, bald durch den Druck der Staatssteuern an den Rand des Verderbens gebracht wurden, habe ich ebenso schmerzlich empfunden, wie sie selber, die es erlitten. Als in der Zeit der bitteren Hungersnot die schwere und scheinbar unabwendbare Maßregel eines Aufkaufs alles Getreides anbefohlen war, welche die Provinz Campanien in schwerste Bedrängnis zu bringen drohte, da habe ich um des Allgemeinwohls willen den Kampf mit dem Gardepräfekten aufgenommen, habe ihn mit Wissen des Königs Theoderich durchgekämpft und habe es schließlich erreicht, dass jener Aufkauf nicht zur Ausführung kam. Den Konsular Paulinus, dessen Güter die gemeinen Kreaturen am Königshof fast schon zu verschlingen hoffen durften, habe ich von den geöffneten Rachen dieser Hyänen glücklich noch hinweggerissen! Um ferner zu verhindern, dass der Konsular Albinus durch die auf eine im Voraus schon entschiedene Anklage hin verhängte Strafe zu Grunde gerichtet werde, stellte ich mich dem Ankläger Cyprianus entgegen und zog mir dadurch den Hass auch dieses Menschen zu. Habe ich also nicht genug Übelwollen und Erbitterung gegen mich entflammt?! Weil ich aber so, aus Liebe zur Gerechtigkeit, nichts tat, um mir den Schutz der Höflinge zu gewinnen, so hätte ich darum doch bei den Übrigen umso sicherer zu sein verdient. Aber auf welcher Männer Anklage hin bin ich schließlich gefallen?! Einer von ihnen, Basilius, früher aus dem königlichen Dienst entlassen, ist nur durch die Last seiner Schulden zur Anzeige meines Namens veranlasst worden. Die beiden andern aber, Opilo und Gaudentius, waren früher wegen unzähliger und mannigfaltiger Vergehen durch königlichen Strafbefehl verbannt worden, hatten demselben jedoch nicht Folge leisten wollen und sich deshalb in den Schutz eines heiligen Gotteshauses begeben. Als nun der König dies erfuhr, drohte er, falls sie nicht bis zu einem bestimmten Tage die Stadt Ravenna verlassen hätten, so würden sie, mit Brandmalen an der Stirn gezeichnet, schimpflich hinausgejagt werden. Ist eine größere Strenge überhaupt möglich? Und dennoch: Als dann an jenem Tag diese selben Menschen als Ankläger gegen mich auftraten, da wurde ihre Anklage angenommen! Was sagst du nun? Haben meine Taten das verdient? Oder waren etwa jene durch ihre vorausgegangene Verurteilung als gerechte Ankläger qualifiziert?! Und ist es also nicht wahr, dass das Schicksal vor gar nichts zurückschreckt, wenn es nicht einmal auf die Unschuld des Angeklagten oder die Gemeinheit der Ankläger Rücksicht nimmt?

      Fragst du nun nach dem Hauptpunkt der Anklage, so bestand dieser darin, dass ich das Heil des Senats gewollt haben soll. Wie aber hat sich das geäußert? Ich werde beschuldigt, den Denunzianten gehindert zu haben, Dokumente vorzulegen, durch die er den Senat in einen Majestätsprozess hätte hineinziehen können. Was meinst du nun, du, meine Lehrmeisterin? Soll ich das Verbrechen leugnen, um dir keine Schande zu machen? Aber das, was mir vorgeworfen wird, das habe ich ja wirklich gewollt, und werde nie aufhören, es zu wollen. Soll ich gestehen? Dann würde ich verurteilt und damit mein Tun, die Delatoren in ihrem Treiben zu hindern, für die Zukunft unmöglich gemacht werden. Und soll ich es denn ein Unrecht nennen, dass ich das Heil jenes Standes gewünscht habe? Der Senat selbst hat freilich durch seine Dekrete gegen mich bewirkt, dass es eigentlich ein Unrecht ist, ihm beizustehen! Aber die sich selber stets belügende Unvernunft kann doch den wahren Wert der Dinge nicht ändern und, getreu dem Wort des Sokrates, glaube ich unter keinen Umständen die Wahrheit verleugnen und die Lüge bestätigen zu dürfen!

      Übrigens überlasse ich die Beurteilung der ganzen Sache dir und den wahren Philosophen. Den wirklichen Verlauf der Angelegenheit habe ich, damit er der Nachwelt nicht verborgen bleibe, schriftlich zum Andenken aufgezeichnet. Denn was soll ich hier noch über die gefälschten Briefe sagen, in denen ich angeblich überführt werde, die Freiheit Roms erhofft zu haben? Der hiermit geübte Betrug wäre klar zu Tage getreten, wenn ich mich des Geständnisses der Ankläger selbst hätte bedienen dürfen, das doch sonst in allen Verhandlungen von dem größten Gewicht zu sein pflegt. Kann man denn überhaupt noch auf irgendeine Freiheit hoffen? Wie wünschte ich, dass man es könnte! Ich würde mich der Worte des Canius bedienen, als Cajus Cäsar, der Sohn des Germanicus, behauptete, er habe um eine gegen ihn angezettelte Verschwörung gewusst. Canius sagte: ›Hätte ich darum gewusst, so würdest du nichts davon wissen!‹

      Schwerer Kummer hat natürlich mein Gemüt lähmend ergriffen angesichts aller dieser von bösen Menschen gegen die Tugend angezettelten Anschläge. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Mit dem höchsten Entsetzen hat mich vielmehr die Tatsache erfüllt, dass jene Frevler ihre verruchten Pläne auch wirklich ausführen konnten! Denn dass wir böse Absichten fassen, das liegt vielleicht in der Mangelhaftigkeit unserer Natur, aber dass ein jeder seine schändlichen Anschläge gegen die Unschuld vor den Augen der Gottheit auch durchsetzen kann, das ist etwas Furchtbares! Daher fragte auch dein Jünger Epikur nicht mit Unrecht: ›Wenn es einen Gott gibt, woher stammt dann das Böse, und woher das Gute, wenn es keinen gibt?!‹

      Wenn übrigens jene Frevler, die nach dem Blut aller Guten und dem des ganzen Senats lechzen, auch mich zu verderben wünschten, den sie stets als einen Verteidiger der Guten und des Senats gesehen hatten, so war das ja etwas ganz Natürliches. Aber habe ich denn auch vonseiten der Senatoren selber die gleiche Behandlung verdient? Du wirst dich gewiss noch daran erinnern – denn du warst ja immer


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