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Trost der Philosophie. BoethiusЧитать онлайн книгу.

Trost der Philosophie - Boethius


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der König, der alle Senatoren zu verderben wünschte, die gegen Albinus erhobene Anklage wegen Majestätsverbrechens auf den ganzen Senat auszudehnen suchte, und ich dann für die Unschuld des gesamten Senats einzutreten wagte! Du weißt auch, dass ich dies alles der Wahrheit gemäß berichte und mich dabei in keiner Weise mit eitlem Selbstlob brüste! Wird ja doch der Wert der inneren Zustimmung und Befriedigung des eigenen Gewissens nur herabgemindert, wenn man mit seinen Taten prahlt und äußeren Ruhm dafür zu ernten sucht! Aber was meiner Unschuld geschah, das siehst du ja! Statt des Lohnes der wahren Tugend erhielt ich die Strafe für ein erfundenes Verbrechen, und wann sind wohl jemals die Richter einer offen eingestandenen Schandtat gegenüber so einmütig in ihrem strengen Urteil gewesen, dass sich nicht wenigstens einige von ihnen durch die Rücksicht auf die Irrtumsfähigkeit des Menschengeistes und die für einen jeden so unberechenbare Schicksalsfügung erweichen ließen?! Wäre ich angeklagt gewesen, die Anzündung der heiligen Tempel, die Ermordung der Priester mit ruchlosem Schwert, den Tod aller Guten geplant zu haben, dann wäre ich doch persönlich vernommen und das Urteil nur nach meinem Geständnis oder meiner Überführung gefällt worden. Nun aber werde ich, fünfhundert Meilen weit entfernt, ohne reden und mich verteidigen zu können, gerichtet und zum Tode verurteilt, weil ich zu viel Eifer für das Wohl des Senats gezeigt habe! Ja wahrlich, die Senatoren verdienten es, dass niemals jemand dieses Verbrechens überführt werden könnte!

      Die Würde meiner Tat erkannten ja sogar meine Ankläger, und deshalb, um mein Tun durch Beimischung eines verbrecherischen Elements zu schänden, erfanden sie die Lüge, ich habe nur aus Verlangen nach Ehre und Ansehen mein Gewissen mit einem solchen Frevel befleckt! Und doch hast du selber, in mir wirkend, alles Streben nach irdischen Gütern aus meiner Seele verbannt, und einen Frevel hätte ich unter deinen Augen nicht begehen können. Denn du flüstertest mir täglich ins Ohr und ließest in meine Gedanken eindringen den pythagoräischen Spruch: ›Folge Gott nach!‹ und nicht geziemte es mir, den Schutz so niederer Geister zu suchen, mir, den du zu einem solchen Grade der Vollkommenheit erhöhtest, dass ich Gott ähnlich erschien! Außerdem schützt mich die unbefleckte Heiligkeit meines Hauses, die Schar meiner höchst ehrenwerten Freunde und auch die Person meines sittenreinen und dir selbst an Ehrwürdigkeit vergleichbaren Schwiegervaters Symmachus vor jedem Verdacht dieses Verbrechens!

      Aber, o Frevel, meine Ankläger und Richter leiten aus dir selber den Beweis für die mir zugeschriebene Untat her! Gerade deswegen soll ich jenes Verbrechens schuldig sein, weil ich in deinen Lehren bewandert und in den Sätzen deiner Moral unterwiesen bin! Nicht genug also, dass mir meine Verehrung für dich von keinem Nutzen gewesen ist: Ganz ausdrücklich auch gegen dich richtet sich die Anklage, deren Opfer ich geworden bin!

      Was aber meinem Unglück die Krone aufsetzt, ist die auch hier wieder bewährte Tatsache, dass die meisten Menschen bei ihrer Schätzung nicht auf den wahren Wert sehen, sondern auf den Ausgang, den die Sache schließlich nimmt, und dass sie nur das für wohlüberlegt und gut halten, dem das Glück sich hold gezeigt hat! Daher verlässt denn auch der gute Ruf immer zuerst die Unglücklichen. An all das Gerede, das jetzt unter dem Volk umgeht, an all die mannigfachen und sich widersprechenden Ansichten mag ich gar nicht denken! Nur das Eine sage ich: die schwerste Last, die das Missgeschick auferlegt, besteht darin, dass der Unglückliche das Leiden, das er infolge eines ihm angedichteten Verbrechens erdulden muss, immer auch wirklich verdient zu haben scheint! So musste auch ich, aller Güter beraubt, aller Würden verlustig, in meinem guten Ruf geschändet, wegen guter Taten schlimme Strafe leiden!

      Ich glaube die ganze Schmach vor Augen zu sehen: Wie die Hexenküchen der Frevler in Jubel und Freude schwimmen, wie die allerverworfensten Subjekte mit neuen schändlichen Denunziationen drohen, wie alle Guten entsetzt über das Missgeschick, das mich betroffen, darniederliegen, wie jeder Schuft durch die Straflosigkeit zum Wagen, durch die Aussicht auf Belohnung zum Durchführen jeglicher Übeltat angelockt wird und wie alle Unschuldigen nicht nur der Sicherheit, sondern selbst des Rechtes der Verteidigung sich beraubt sehen! Da kann man dann wohl klagend ausrufen:

       O Schöpfer des himmlischen Sternengezelts,

       Der machtvoll herab von dem ewigen Thron

       Den Himmel bewegt in kreisender Bahn:

       Du bindest die Sterne durch festes Gesetz,

       Du lässest des Vollmonds silbernen Schein,

       Geschützt vor der Sonne gewaltigem Strahl,

       Verfinstern der Sterne geringeres Licht;

       Du lässt, wenn zu kühn sie dem Phöbus genaht,

       Erbleichen die Scheibe der Luna!

       Des Abends Gestirn, mit dem eisigen Licht,

       Es leuchtet am Himmel im Anfang der Nacht.

       Als Luzifer aber, veränderten Wegs,

       Verkündet es schwindend den sonnigen Tag!

       Du bist es, der kürzer die Tage bemisst

       Dem eisigen Winter, der alles entlaubt;

       Doch nahet der Sommer, so wonnig und warm,

       Beschränkst du die nächtlichen Stunden.

       In stetigem Wechsel erhältst du das Jahr:

       Das liebliche Laub, das der Nord uns entführt,

       Der mildere Zephyr, er bringt es zurück!

       Und was der Arcturus als Keim erst geschaut,

       Das reifen des Sirius Gluten!

       So folgen die Dinge dem alten Gesetz

       Und jedes erfüllt seine Pflichten getreu.

       Doch, der du das All so gewaltig regierst,

       Du hast es verschmäht, der Sterblichen Tun,

       so wie sie’s verdient, zu beschränken!

       Warum denn so launenhaft ist das Geschick?!

       Was nur das Verbrechen als Strafe verdient,

       Trifft oft so verderblich des Schuldlosen Haupt!

       Verworfene Sitten bestiegen den Thron

       Und traten zu Boden mit frevelndem Fuß,

       Dem Rechte zum Trotze, die guten!

       Verdunkelt verschwand in der finsteren Nacht

       Die Leuchte der Tugend, und immer die Schuld

       Des Ruchlosen trägt der Gerechte!

       Es schadet den Bösen der Eidbruch nicht

       Und nicht der so lieblich verhüllte Betrug,

       Und wenn sie’s gelüstet, sie lenken den Sinn

       Der mächtigen Fürsten, vor denen sich tief

       In Demut beugen die Völker!

       Du, der du der Welten Geschicke verknüpfst,

       Erbarme dich endlich der irdischen Not!

       Uns Menschen, der Schöpfung erhabensten Teil,

       Bedrängt des Geschickes gewaltige Flut!

       O, hemme gebietend das brausende Meer,

       Und wie das Gesetz du dem Himmel bestimmt,

       So lenke versöhnend die Erde!«

      Zu all diesen Klagen hatte ich mich durch die Gewalt meines Schmerzes hinreißen lassen. Meine Gefährtin aber wurde durch meine Worte nicht erregt; ruhig blickte sie mich an und sprach: »Als ich deine Trauer und deine Tränen sah, da erkannte ich zwar sofort, dass du ein Unglücklicher und ein Verbannter seist. Allein wie weit fort von der Heimat du verbannt bist, das habe ich erst jetzt durch deine eigenen Reden erfahren! Aber diese Verbannung hat keine fremde Gewalt über dich verhängt, sondern du selbst hast dich so weit fort verirrt und du selbst hast dich vertrieben, wenn du auch lieber glauben


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