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Schlafes Bruder. Robert SchneiderЧитать онлайн книгу.

Schlafes Bruder - Robert Schneider


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dem sie aber mit deutlichen Andeutungen die Hoffnung entzündet hatte.

      Die Seffin gellte vor Schmerzen.

      Er sei in Wort und Tat ein gehöriger Kerl, wenn er bloß nicht an dem störenden Buckel trüge. Und daß er oft auf der Lunge marod, sei ihr natürlich nicht unentdeckt geblieben. Was sie denn da für Sachen denke. Schließlich achte sie auf den Charakter, nur auf den achte sie. Ein bißchen gemütskrank sei er auch. Was man vom Feldwaibel Zenker nun wirklich nicht behaupten könne. Dafür besitze der bestimmt nicht einmal zwei Morgen Land, während hingegen der Franz Hirsch aus Hötting wohlhabend sei. Vielleicht könne sie sich als Dienstbotin in einem der noblen Bürgershäuser vorstellig machen, und den vielen Krankheiten in den Häusern sei sie dann auch nicht mehr ausgesetzt. Jedenfalls wolle sie, falls sie sich bis zum Abend noch immer nicht entschieden, an der Wallfahrt der Herz-Mariä-Bruderschaft auf den Udelberg teilnehmen und die Heilige Jungfrau inständig um Ratschlag bitten. Nach Innsbruck verziehen möchte sie auf jeden Fall. Bevor sie aber gehe, wolle sie dem Schwellmaul so unverschämt die Schande ins Gesicht sagen, daß ihm vor Schreck der Bart abfalle.

      Die Seffin lag und weinte ruhig.

      Das beste sei, sich an die Weisung der Mutter zu halten, die Menschen nicht nach ihrem Äußeren zu beurteilen, sondern auf den Charakter Obacht zu geben. Sie tue das ohnehin. Und es sei schon wahr, daß der Feldwaibel Zenker einfach zu viel Spott und Alfanzerei mit den Menschen treibe. Sogar gegen den Kaiser habe er schon Äußerungen gemacht, während der Franz Hirsch aus Hötting nun überhaupt kein Lächeln von den Lippen bringe und...

      Als sie das blutbeklatschte Linnen aufhob, lag das Kind mit gerissener Nabelschnur auf dem Knie der Seffin. Erschrocken nahm die Hebamme das Kind auf, trug es zum Waschtisch und schnitt ihm die Nabelschnur mit zittriger Hand ab. Sie stierte auf das Kind, horchte ängstlich an ihm, schüttelte und schlug es zuletzt.

      Es schrie nicht.

      Sie hielt den Säugling in ihren tropfenden Händen, schlug abermals auf ihn ein, horchte, hob den Atem, um das kleine Herz endlich schlagen zu hören. In ihrer Verzweiflung stimmte sie das Tedeum an, sang flehentlich und schließlich laut aus heller Angst. Plötzlich spürte sie den Fleischklumpen zusammenzucken. Dann noch einmal. Sie hielt mit dem Singen inne, horchte wieder und wußte jetzt, daß der Klumpen lebte. Das Tedeum hatte dem Kind das Leben gerettet.

      Die Ellensönin konnte sich hernach nicht mehr darauf besinnen, welchen Geschlechts das Kind wirklich war. Jedenfalls gab sie beim Gemeindediener an, daß dem Joseph und der Agathe Alder ein Söhnchen geschenkt worden war, womit sie die Sache trefflich erraten hatte.

      Wir verlassen an dieser Stelle die Ellensönin und ihr schwatzhaftes Wesen. Sie wird uns nicht mehr begegnen. Darum möchten wir hinzufügen, daß die Geburt des Johannes Elias tatsächlich ihr letzter Hebammendienst war, daß sie nach Innsbruck verzog und dort den – man möchte denken Feldwaibel Zenker, nein – Franz Hirsch aus Hötting ehelichte. Sie hatte sich also zugunsten des Charakters entschieden. Der Verbindung waren keine Kinder gegönnt, und Franz Hirsch aus Hötting starb 1809 an der Schwindsucht. Die Witwe heiratete ein zweites und gar ein drittes Mal. Als letzten übrigens – es ist nicht zu glauben – das Schwellmaul mit Ziegenfüßen, den Gemeindediener von Götzberg. Ab etwa 1850 verliert sich ihre Spur. Noch ein Jahr zuvor läßt sie sich aktenkundlich im Zusammenhang einer Erbschlichtungssache feststellen. Aber wir können nichts darüber aussagen, auf welche Weise sie ihr Leben beendet hat. Jedenfalls war sie zugegen, als ein genialer Musiker geboren wurde.

      Nun, wer wäre nicht stolz, in seiner bescheidenen Biographie auf ein derartiges Ereignis hinweisen zu dürfen? Gesetzt, man hätte der Ellensönin damals ins Gesicht schreien dürfen, daß sich an jenem Nachmittag Johannis 1803 unter ihren Augen ein doppeltes Wunder ereignet hatte, das der Mensch- und das der Geniewerdung, sie hätte nichts begriffen. Und die anderen, die Seffin im Kindbett, der Seff und sein Bub hätten es ebensowenig begriffen. Was aber das Schlimmste ist: Als die Begabung dieses Menschen längst offenkundig war, wollte es noch immer niemand begreifen.

      Ein Vater seinen Kindern

      Der hochwürdige Kurat Elias Benzer war ein Mann von großen rednerischen Talenten, ein emphatischer Freund des Lebens und – dadurch bedingt und seiner natürlichen Anlage gehorchend – ein leidenschaftlicher Verehrer alles Weiblichen. Diese Leidenschaft gereichte ihm schließlich zum Untergang, wie später noch dargelegt werden wird.

      Kurat Benzer stammte aus Hohenberg im Rheintalischen, das von alters her ein Bollwerk des Aberglaubens und der Dämonerei gewesen war. Darum wußte er von der letzten Hexenverfeuerung im Vorarlbergischen zu berichten, die er noch als Kind mit eigenen Augen gesehen hatte. Dieses gewaltige Erlebnis wurde zum Grundpfeiler seiner Theologie schlechthin. Unzählige Male predigte er seinen Eschberger Bauern von jener Verbrennung, und zwar derart wortfeurig, daß ihnen davon die Münder vertrockneten und das Blut in Köpfen und Ohren zu leuchten anfing. Ja, einige wähnten sich gar schon angezündet oder den Flammen leibhaftig übergeben. Wo immer sich dem Kuraten Benzer in der sonntäglichen Evangelienlesung die Gelegenheit bot, eine Brücke zu seinem imposanten Kindheitserlebnis zu schlagen, überquerte er sie auch. Vermöge seiner leuchtenden Phantasie gelang es ihm, die Episode mit dem brennenden Dornbusch am Ende doch wieder in die Szene vom brennenden Weib zu Hohenberg hinüberzuführen. Im Zusammenhang derartiger Homilien wäre es in Eschberg beinahe zu einem mörderischen Vorfall gekommen. Durch die zündenden Predigten des Kuraten bestärkt und daher guten Gewissens, beschlossen drei Lamparter am Funkensonntag des Jahres 1785, anstelle der Strohhexe die Zilli Lamparter, genannt Seelenzilli, in das Funkenfeuer zu stürzen.

      Die Seelenzilli, eine greise Witwe, die mutterseelenallein auf des Dorfes höchstem Hof ihres Stündleins harrte, stand in dem merkwürdigen Ruf, mit verstorbenen Eschbergern disputieren zu können. Sie begründete ihre seherische Gabe damit, daß sie von allen Bewohnern dem Herrgott am nächsten wohne und deshalb das Wehklagen der jenseitigen Herrschaften deutlich vernehmen könne, vorausgesetzt, es herrsche eine klare Sternennacht, denn eine Wolkendecke verstelle das Hören. Das leuchtete jedem ein. Als dann die Seelenzilli in der Folge behauptete, daß ihr etliche Mohren aus dem Morgenland erschienen seien, Männer und Weiber von kohlenschwarzer Haut, kohlenschwarzem Gesicht, kohlenschwarzen Gliedern und kohlenschwarzen Zähnen, da zweifelte niemand mehr an den unheimlichen Fähigkeiten dieses Weibes.

      Das brachte nun die Greisin auf den Gedanken, ein System zu ersinnen, das einer Art Seelenbuchhaltung glich und ihr indirekt eine geregelte Alterspension einbringen sollte. Sie wußte, daß ein Verstorbener, ehe er ins Paradies eingeht, erst im Fegefeuer brennen muß, und also beschloß sie, einen Katalog all dessen anzulegen, das die Lebenden zur unverzüglichen Rettung ihrer toten Verwandten zu leisten hätten. Nun war in Eschberg verwandt jeder mit jedem. Um die Verwirrung geringer zu halten, hieß man sich beim Vornamen, und die Namen der Eheweiber glich man den Vornamen ihrer Männer an.

      Es wanderte also eines Tages die Seelenzilli beschwerlich hinunter zum Hof eines Lamparters und eröffnete ihm, daß dessen Vater ihr jammernd und flennend erschienen sei. Der Vater könne keinen Frieden mehr finden, weil er ihr noch immer die sieben Klafter weiches gehacktes Brennholz schulde. Und weiter: In ungezählten Seancen mit Eschberger Toten wurde die Seelenzilli schließlich inne, daß ihr eigentlich jeder, ob Lamparter oder Alder, etwas schuldete. Aus ihrem Mund klang es dann gleichförmig drohend: »Acht Eier, zehn Vaterunser. Drei Pfund Wachs und fünfzig Ave. Ein Zentner Laubstreu und sieben Heilige Messen. Zehn Ellen Leinen und acht Psalter.« Da half das ganze Schimpfen und Zutragen beim Kuraten nichts. Noch nie hatte man so viel Wachs, so viele Döchte und Heilige Messen spendiert. Noch nie war im Eschberger Kirchlein so inbrünstig gebetet worden. Wie man sieht, wußte die Seelenzilli das Notwendige mit dem Heilsamen glücklich zu verbinden, und im Grunde war sie die erste Pensionsbezieherin von Eschberg, man darf behaupten, ja, des Vorarlbergischen überhaupt.

      So kam es dahin, daß man dieses Weib zu hassen begann. Unglücklicherweise grassierte zu jener Zeit eine äußerst merkwürdige und unseres Wissens bisher nur in Eschberg beobachtete Erdäpfelseuche auf den Bergäckern des Dorfes. Angeblich sollen die Erdäpfel über Nacht hohl geworden und auf Haselnußgröße geschrumpft sein. Wie auch immer.

      Unter


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