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Imperium USA. Daniele GanserЧитать онлайн книгу.

Imperium USA - Daniele Ganser


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mit ihnen haben muss.«2

      Im April 2004 wurde publik, dass US-Soldaten im irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis Iraker gefoltert hatten. Die US-Kriegspropaganda hatte den US-Soldaten eingetrichtert, die Iraker seien schlechte Menschen, dadurch wurden sie aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen. Das hatte konkrete Folgen. Die US-Soldatin Lynndie England führte in Abu-Ghraib einen nackten irakischen Gefangenen an einer Hundeleine durchs Gefängnis. Ein anderer irakischer Gefangener musste mit schwarzer Kapuze auf einer Kiste balancieren, während an seinem Körper Drähte befestigt waren. Ihm wurde von den US-Soldaten angedroht, dass ihm tödliche Stromschläge zugefügt würden, wenn er von der Kiste fiele. »Für Europa waren die Horrorbilder aus Sex, Folter und Erniedrigung schlichtweg ein Schock«, kommentierte Die Welt. Der Abu-Ghraib-Skandal zeigte drastisch, was passieren kann, wenn die Menschen einer ganzen Nation, in diesem Falle die Iraker, aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen werden.3

      Man darf angesichts dieser Gewalt und Brutalität nicht zu dem Schluss kommen, dass wir Menschen nicht fähig sind, friedlich zusammenzuleben. Wir können es sehr wohl und tun es jeden Tag, an Millionen verschiedenen Orten. »Lassen sie uns zunächst unsere Haltung gegenüber dem Frieden selbst überprüfen. Zu viele von uns halten ihn für unmöglich«, erklärte US-Präsident John F. Kennedy in einer seiner Reden. »Zu viele von uns halten ihn für nicht zu verwirklichen. Aber das ist ein gefährlicher, defätistischer Glaube. Er führt zu der Schlussfolgerung, dass der Krieg unvermeidlich ist, dass die Menschheit zum Untergang verurteilt ist, dass wir uns in der Gewalt von Kräften befinden, die wir nicht kontrollieren können.« Doch dies stimmt nicht, das wusste auch Kennedy. »Unsere Probleme sind von Menschen geschaffen, deshalb können sie auch von Menschen gelöst werden. Die Größe, die der menschliche Geist erreichen kann, bestimmt der Mensch selbst.«4

      Auch außerhalb der USA haben inspirierende Persönlichkeiten die Friedensbewegung geprägt. In Indien hat der Rechtsanwalt und Pazifist Mahatma Gandhi, der für mich ein großes Vorbild ist, immer wieder das Prinzip Menschheitsfamilie betont. »Die ganze Menschheit ist eine Familie«, sagte Gandhi. Er setzte bei seinem Protest stets auf einen gelassenen und freundlichen Ton, frei von Wut und Hass. Trotz ihres brutalen Vorgehens bezeichnete Gandhi weder die indische Polizei noch die indische Regierung oder die britische Kolonialmacht als Feinde. »Ich betrachte niemanden als meinen Feind«, erklärte Gandhi. »Alle sind meine Freunde. Ich möchte aufklären und die Herzen verändern.«5

      Ich bin fest davon überzeugt, dass die Friedensbewegung im 21. Jahrhundert stärker wird, wenn sie sich an den Prinzipen Menschheitsfamilie, Achtsamkeit und UNO-Gewaltverbot orientiert. Die Spaltung nach Nation, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Schulabschluss oder Einkommen sollte im 21. Jahrhundert durch die Einsicht ersetzt werden, dass alle Menschen zur Menschheitsfamilie gehören. Sie als Leserin und Leser gehören zur Menschheitsfamilie, egal wo Sie dieses Buch in den Händen halten und unabhängig davon, was Ihre Geschichte ist. Und ich als Autor gehöre auch zur Menschheitsfamilie, ebenso wie alle Personen, die in diesem Buch erwähnt werden, Opfer wie Täter. Zusammen sollten wir lernen, uns nicht zu töten, weil alles Leben heilig ist.

       1.Die USA sind die größte Gefahr für den Weltfrieden

      Die USA sind seit 1945 das Imperium. Als Imperium bezeichnet man das militärisch, wirtschaftlich und politisch mächtigste Land einer gegebenen Zeit. Die USA drucken den Dollar, die derzeit wichtigste Weltreservewährung. Sie sind eine Atommacht, haben die höchsten Militärausgaben, die größten Rüstungskonzerne und die meisten Militärstützpunkte in fremden Ländern. Die USA sind Vetomacht im UNO-Sicherheitsrat und können dadurch verhindern, dass sie durch den UNO-Sicherheitsrat verurteilt werden, wenn sie andere Länder illegal bombardieren und das UNO-Gewaltverbot verletzen. Zudem dominieren die USA die NATO, das größte Militärbündnis der Welt mit derzeit 29 europäischen und nordamerikanischen Mitgliedsstaaten.

      Wer sich für internationale Politik, Geschichte und Frieden interessiert, darf das Imperium nicht ignorieren, denn die USA hatten direkt oder indirekt Einfluss auf fast alle großen Konflikte der letzten 100 Jahre und prägen die Kriege der Gegenwart. Ein Imperium ist leicht zu erkennen, man muss nur die Flugzeugträger zählen. Die USA haben elf atomar angetriebene Flugzeugträger, mehr als jedes andere Land der Welt. Auf dem Titelbild dieses Buches ist die USS George Washington abgebildet, ein Symbol für die militärische Vorherrschaft der USA. Der neueste US-Flugzeugträger, die USS Gerald Ford, wurde von US-Präsident Donald Trump 2017 eingeweiht und kann dank Antrieb mit Atomkraft jahrzehntelang auf See bleiben, ohne Brennstoff nachladen zu müssen. Die USS Gerald Ford ist mit 13 Milliarden Dollar das teuerste Kriegsschiff aller Zeiten. China hingegen hat derzeit erst zwei Flugzeugträger. Frankreich, Großbritannien und Russland nur je einen.6

      Imperien steigen auf und zerfallen wieder. Imperien sind nicht von Dauer. Das römische Imperium, das spanische Imperium, das osmanische Imperium, das französische Imperium und das britische Imperium waren einst groß und furchteinflößend. Doch heute existieren sie nicht mehr. Auch das US-Imperium wird eines Tages zerfallen und von einer anderen Machtstruktur abgelöst werden. Wann und wie das geschehen wird, ist derzeit unbekannt. Wenn Nationen zu viel für Rüstung ausgeben, »dann überanstrengen sie sich wahrscheinlich«, warnt der britische Historiker Paul Kennedy. »Eine Nation ist dann wie ein alter Mann, der eine Arbeit verrichten will, die seine Kraft übersteigt.«7

       Gallup befragt 67000 Menschen in 65 Ländern

      »Welches Land ist heute die größte Gefahr für den Weltfrieden?« Diese spannende Frage stellte das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup mit Hauptsitz in Washington bei einer globalen Umfrage im Jahre 2013. Gallup hatte schon seit 1977 jedes Jahr eine globale Umfrage zum Zustand der Welt durchgeführt. Doch erst im neuen Jahrtausend wagten die US-Meinungsforscher, diese brisante Frage zu stellen, nachdem Radiohörer danach verlangt hatten. Im Rahmen der Umfrage wurden, während der Amtszeit von Präsident Barack Obama, zwischen September und Dezember 2013 mehr als 67000 Menschen in 65 Ländern befragt. Die Frage wurde also weltweit gestellt. Und das Resultat war eindeutig.

      Von den Befragten bezeichneten 24 Prozent oder rund ein Viertel der Weltbevölkerung die USA als die größte Gefahr für den Weltfrieden. Die BBC kommentierte, dass dies »schlechte, aber nicht völlig überraschende Nachrichten für die USA« seien. Auf Platz zwei der gefährlichsten Länder rangierte die muslimische Atommacht Pakistan, mit 8 Prozent der Stimmen weit hinter den USA. Auf Platz drei der gefährlichsten Länder liegt China. Das bevölkerungsreichste Land der Welt wurde von 5 Prozent der Befragten als gefährlichstes Land eingestuft. Das von der kommunistischen Partei kontrollierte China teilte sich den dritten Rang mit Israel (5%), Nordkorea (5%), Afghanistan (5%) und dem Iran (5%). Auf den danach folgenden Plätzen wurden noch diese Länder als große Gefahr für den Weltfrieden genannt: Indien (4%), der Irak (4%), Japan (4%), Syrien (3%), Russland (2%), Australien (1%), Deutschland (1%), Palästina (1%), Somalia (1%), Südkorea (1%) und Großbritannien (1%).8

      Dieselbe Gallup-Umfrage wollte auch Folgendes wissen: »Wenn es keine Grenzen gäbe, in welchem Land würden Sie am liebsten leben?« Mit 38 Prozent hat die klare Mehrheit der Befragten geantwortet, dass sie am liebsten in dem Land leben, wo sie schon sind. Die Mehrheit der Menschen will nicht auswandern, sondern im Kreise ihrer Familie leben, fast alle Menschen fühlen sich der Kultur, Sprache, Landschaft und dem Essen ihres Heimatlandes verbunden. Aber für jene Menschen, welche auswandern möchten, waren die USA mit 9 Prozent das begehrteste Zielland, gefolgt von Australien (7%), Kanada (7%), der Schweiz (6%), Frankreich (4%), Deutschland (4%), Großbritannien (4%) und Italien (3%).

      Dass die USA 2013 als größte Gefahr für den Weltfrieden eingestuft wurden, war keine gänzlich neue Entwicklung. »Ich glaube, den meisten Europäern erscheint Amerika derzeit als das gefährlichste Land der Welt«, hatte der britische Historiker Arnold Toynbee schon 1971 gesagt, ohne dass er auf empirische Daten aus einer Umfrage zurückgreifen konnte. »Nachdem Amerika fraglos das mächtigste Land ist, hat die Wandlung des Amerikabildes in den letzten dreißig


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