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Sprachwitze. Robert SedlaczekЧитать онлайн книгу.

Sprachwitze - Robert Sedlaczek


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Freud sind Zoten „beim gemeinen Volk“ beliebt. In „feiner gebildeter Gesellschaft“ werde hingegen das Mittel der Anspielung eingesetzt. Der Zuhörer müsse „ein im entfernten Zusammenhang Befindliches“ in seiner Vorstellung zur vollen und direkten Obszönität rekonstruieren. „Je größer das Missverhältnis zwischen dem in der Zote direkt Gegebenen und dem von ihr im Hörer mit Notwendigkeit Angeregten ist, desto feiner wird der Witz, desto höher darf er sich dann auch in die gute Gesellschaft hinaufwagen.“ (Freud, S. 114–115) Auf die höchste Stufe stellt Freud einen Witz, der später von Witzetheoretikern immer wieder zitiert werden sollte.

      Eine Frau ist wie ein Regenschirm – man nimmt sich dann doch einen Komfortabel. (Freud S. 93 und S. 125)

      Salcia Landmann bringt den Witz so:

      Wiener Ausspruch: Eine Ehefrau ist wie ein Regenschirm – man nimmt sich dann doch einen Komfortabel. (Landmann, 1960, S. 391 und 1988, S. 386)

      Die Erweiterung von „Frau“ zu „Ehefrau“ ist zwar sachlich nicht falsch, aber unnötig; die Quelle nicht zu erwähnen, ist merkwürdig. „Komfortabel“ war ein einspänniges öffentliches Fuhrwerk, also eines, das von jedermann benutzt werden konnte, es war überdacht, wodurch der Fahrgast nicht nur vor Regen, sondern auch vor den Blicken neugieriger Passanten geschützt war. Den „verblüffenden, anscheinend unmöglichen Vergleich“ zwischen einer Ehefrau und einem Regenschirm erklärt Freud so: „Man heiratet, um sich gegen die Anfechtungen der Sinnlichkeit zu sichern, und dann stellt sich doch heraus, dass die Ehe keine Befriedigung eines etwas stärkeren Bedürfnisses gestattet, geradeso wie man einen Regenschirm mitnimmt, um sich gegen den Regen zu schützen, und dann im Regen doch nass wird. In beiden Fällen muss man sich um stärkeren Schutz umsehen, hier öffentliches Fuhrwerk, dort für Geld zugängliche Frauen nehmen. (…) Dass die Ehe nicht die Veranstaltung ist, die Sexualität des Mannes zu befriedigen, getraut man sich nicht laut und öffentlich zu sagen (…) Die Stärke dieses Witzes liegt nun darin, dass er es doch – auf allerlei Umwegen – gesagt hat.“ (Freud, S. 125–126) Er bezeichnet diesen Vergleichswitz als Beispiel für einen zynischen Witz.

      Freud argumentiert sehr vorsichtig, er redet von „Frauen, die für Geld zugänglich sind“. Theodor Reik ist wesentlich direkter: „Komfortabel bedeutet hier so viel wie ein für die Benützung durch jedermann dienendes öffentliches Fuhrwerk – eine Prostituierte. Diese Symbolik aber wird für die Frau überhaupt gebraucht. Der zynische Witz bringt sie oft mit einem Fuhrwerk zusammen.“ Als Beispiel zitiert er einen Vergleichswitz.

      Laufe nie einer Elektrischen (Straßenbahn) oder Frau nach! In ein oder zwei Minuten kommt eine andere. (Reik, 1929, S. 22)

      Zurück zu den Blondinenwitzen, die zu Sigmund Freuds Zeiten noch nicht existierten. Herabwürdigende Witze über Frauen gab es aber sehr wohl, noch dazu in großer Zahl. Sie waren äußerst beliebt und wurden auch in den Kabarettprogrammen häufig erzählt. Manche Kabarettszenen aus der Zwischenkriegszeit sowie aus der Nachkriegszeit sind deswegen kaum noch spielbar.

      Die Blondinenwitze weisen Gemeinsamkeiten mit den Valley-Girl-Witzen auf. Gemeint sind die Frauen des San Fernando Valley, eines Talkessels an der südkalifornischen Pazifikküste, der zu Los Angeles gehört, aber nicht so attraktiv wie die schönen Viertel von Los Angeles ist. In den frühen 1980er Jahren hat sich das Stereotyp verbreitet, dass in dieser Region ungebildete junge und blonde Frauen der oberen Mittelklasse einen für die Region typischen Slang sprechen und ihren Lebenssinn in Shopping und Mode sehen.

      I walked into a Valley hotel and asked the receptionist: „Excuse me, do you have a Jacuzzi, spa, or a sauna?“ She started looking through the guest list.

      Menschen in den hochentwickelten Regionen machen sich über jene lustig, die nicht das Privileg haben, unter derart günstigen Verhältnissen zu leben. Wenn dann die Aufsteiger auch noch einen Lebensstandard beanspruchen, der ihnen aufgrund ihres Bildungsniveaus nicht zusteht, werden sie zur Zielscheibe von Witzen.

      Hinzu kommt, dass Schauspielerinnen wie Goldie Hawn wiederholt kichernde, naive Blondinen spielten, die dem Stereotyp der Valley Girls entsprachen. Das war ein zusätzliches Motiv, über diesen Frauentyp Witze zu machen.

      Valley girls are big fans of the philosopher Descartes. Their life philosophy is „I shop, therefore I am.“

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      „I’m into the Valley car culture. I have a telephone and television in my car, and in the back seat an emergency manicurist.“

      Frank Zappa nahm mit seiner Tochter das Lied Valley girl auf: „She’s a valley girl / In a clothing store / Okay, fine / Fer sure.“ Das Lied enthält auch Anspielungen auf eine Sprachgewohnheit, die man den Valley Girls nachsagte: Sie sollen an jeder passenden und unpassenden Stelle „like“ sagen, ein ähnlicher Diskursmarker wie „so“ oder „weißt du“ im Deutschen. Diese sprachliche Eigenart der Valley Girls wird allerdings auch anderen amerikanischen Frauen nachgesagt.

      Nach einem ähnlichen Konzept funktionieren in Großbritannien die Essex-Girl-Witze. Sie kamen ebenfalls in den 1980er Jahren auf. Den Frauen in Essex, nordöstlich von London, wird laut einer stereotypen Vorstellung nachgesagt, sie seien dumm, ungebildet und promisk. Essex Girls tragen knappe Minikleider und Schuhe mit hohen Absätzen, färben sich die Haare blond und verwenden künstliche Bräunungsmittel, was zu einer merkwürdigen, orangefarbenen Hauttönung führt. Sie lassen sich ihre Brüste künstlich vergrößern, außerdem sind sie laut und vulgär, wobei sie einen Slang sprechen, der dem Cockney ähnlich ist.

      Why do Essex Girls wear slip-on shoes? – You need an IQ of at least 4 to tie a shoelace.

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      What does an Essex Girl say after Sex? – „Wow, do you really all play for the same football team?“

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      Why do Essex Girls laugh three times when they hear a joke? – Once when it is told, once when it is explained to them, and once when they understand it.

      Das klingt wie eine Kurzfassung des alten jüdischen Metawitzes am Eingang des Buches (siehe S. 27–28). Natürlich ließe sich ausgiebig darüber streiten, ob die Blondinenwitze, die etwas später im deutschen Sprachraum aufkamen, Epigonen der Valley-Girl-Witze oder der Essex-Girl-Witze sind. Jedenfalls sind viele Blondinenwitze wortident mit Witzen über die Girls im San Fernando Valley oder in Essex.

      How do you know, that an Essex Girl has been using your laptop? – There’s Tipp Ex on the screen.

      Andererseits entstehen in Ländern mit einem ähnlichen gesellschaftspolitischen und kulturellen Hintergrund zwangsläufig ähnliche Witze. Aber nicht nur das: Unabhängig von der jeweiligen Kultur gibt es überall Witze, die auf Archetypen – also auf Urbilder, die im Menschen verwurzelt sind – zurückgehen.

      Bemerkenswert ist, dass im Deutschen die Blondinenwitze nicht auf eine bestimmte Gesellschaftsschicht in einer bestimmten Region zugeschnitten sind. Nur aufgrund der Haarfarbe werden den Frauen die Attribute „ungebildet“, „dumm“ und „promisk“ umgehängt. Damit sind sie ein müder Abklatsch ihrer amerikanischen und englischen Pendants.

      Inzwischen haben die Frauen mit Antimännerwitzen zurückgeschlagen. Während Sigmund Freud meinte, „dass die Ehe nicht die Veranstaltung ist, die Sexualität des Mannes zu befriedigen“ (Freud, S. 126), geht es in diesen Witzen explizit darum, dass Männer die sexuellen Bedürfnisse der Frau nicht befriedigen. Ein zu kurzer Penis und mangelnde sexuelle Leistungsfähigkeit sind die Grundthemen vieler Antimännerwitze, die ein Wortspiel enthalten.

      Auf einer Party wird eng getanzt. Er: „Puppe, du hast aber wenig Holz vor der Hütt’n.“ Sie: „Um dieses kleine Würstchen zu braten, wird es schon reichen.“

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      Zwei Nachbarinnen unterhalten sich: „Mein Mann ist heute zum Zeugen geladen worden.“ – „Ach, das ist eine gute Idee. Meinen sollte ich auch einmal laden lassen.“ (Hirsch, S. 79)

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      Eine Frau kommt euphorisiert vom Gynäkologen und erzählt ihrem Mann: „Liebling, stell dir vor,


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