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Travestie der Liebe. Else FeldmannЧитать онлайн книгу.

Travestie der Liebe - Else Feldmann


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– –«

      »Vielleicht irr’ ich mich.«

      »Vielleicht irrst du dich.«

      »Und du siehst mich dann wieder so fragend an.«

      ? – – –

      »Jetzt wieder.«

      »Macht es dich nervös?«

      »Nicht gerade nervös – aber ich vertrag’ es nicht.«

      »Du verträgst es nicht?«

      »Nein, das vertrag’ ich nicht, so fragend angesehen zu werden, oder tut es dir vielleicht leid?«

      Sie schüttelt zaghaft den Kopf.

      »Das wollt’ ich eben wissen – denn weißt du – es wäre mir unangenehm – das Bewußtsein, daß du ein Opfer bringst.«

      »Opfer? – nein – aber –«

      »Aber?«

      »Du mußt wissen, was ich meine. Sagen kann ich das nicht.«

      »Du verlangst doch nicht, daß ich dir ewige Liebe schwöre?«

      Schweigen.

      »Ich hoffe, du bist nicht so altmodisch. Ich hab’ dich gern; du gefällst mir; das muß dir genügen.«

      »Und die Zukunft?«

      »Was für eine Zukunft? Was für lächerliche Grillen? Wir sind beide jung genug –«

      »Sag’, was ist dein Vater?«

      »Was hat das damit zu tun?«

      »Ich möcht’ es wissen.«

      »Direktor einer Aktiengesellschaft.«

      »Was für Branche?«

      »Kohle.«

      »Ihr habt eine Villa?«

      »Eine Sommervilla auf dem Lande.«

      »Und deine beiden Schwestern wohnen ebenfalls im Sommer mit ihren Familien in Villen?«

      »Hab’ ich es dir erzählt, wird es wohl so sein.«

      »Und du wirst wahrscheinlich auch eine heiraten, deren Eltern eine Villa haben.«

      »Ich denk’ noch nicht ans Heiraten.«

      »Da muß ich dir auch sagen, wie es mit meinen Familienverhältnissen steht. Mein Vater ist Briefträger.«

      Schweigen.

      »Wir wohnen in der Vorstadt.«

      »Ich weiß. Hab’ dich ja nach Hause begleitet. Was macht es mir, da du mir gefällst –«

      »Und ich habe zwei Schwestern. Die eine ist Stickerin, die andere Näherin. Der Bruder ist Schlosserlehrling.«

      »Ich kenne nur dich –«

      »Ja, aber, ich muß an die Zukunft denken. Wir alle müssen arbeiten, uns gesund erhalten an Leib und Seele.«

      »Mache ich dich krank?«

      »Vielleicht.«

      Er lacht.

      »Ich versichere dir, daß du von mir nicht krank wirst. Bin vorsichtig. Lebe sehr hygienisch. Hätte dich auch vor acht Tagen im Kino nicht angesprochen, wenn ich nicht gewußt hätte, daß du ein anständiges Mädchen – – kann mich auf meinen Spürsinn verlassen.«

      »Das meinte ich nicht.«

      »Brauchst nicht rot zu werden. Kommt alles vor.«

      »Ich meinte, ich könnte seelisch erkranken; es könnte mir ergehen wie meiner Freundin, die sich aus dem Fenster stürzte.«

      »Weshalb?«

      »Aus unglücklicher Liebe.«

      »Ach so.«

      »Ja, das meine ich.«

      »Wieso?«

      »Weil wir doch ein so ungleiches Paar sind.«

      »Versteh’ ich nicht – wir beide sind jung, haben einander gern – ist das nicht genug?«

      »Nein –«

      »Weiß nicht, was du eigentlich willst? Ich hole dich täglich vom Geschäft ab; wir gehen ins Café, ins Kino, du kommst ein wenig zu mir – dann begleite ich dich vor zehn Uhr nach Hause – geschieht nicht alles, was du willst?«

      »Was du willst.«

      »Was wir beide wollen. Ich frage dich nochmals: Tut es dir leid? – Wenn es dir leid tut, dann – –«

      Sie wird plötzlich todbleich – Lippen fahl, Augen wie gebrochen.

      »Siehst du, daß du nicht mehr von mir los kannst. Erspar’ es künftig mir und dir, solche Gespräche über die Zukunft – – wo doch die Gegenwart für uns schön ist.«

      »Nein.«

      »Ist unsere Liebe nicht schön?«

      »Für mich nicht. Da sie mir keinen Frieden und kein Glück gibt Ich bin viel zu unruhig, habe zu viel Angst – und weiß niemals, ob ich dich morgen wiedersehe.«

      »Wenn ich dir verspreche, daß ich morgen wiederkomme, kannst du mir es glauben.«

      »Aber eines Tages wirst du es nicht mehr versprechen.«

      »Wie kann ich wissen, was eines Tages sein wird? Ich sagte dir bereits, ich kann nicht ewige Liebe schwören. Wenn du das von mir verlangst, ist es besser, du entscheidest dich …«

      Die Straßenbahn hält vor dem Kino. Die beiden steigen aus. Der Mann voran schreitet zur Kasse. Das Mädchen stand einen Augenblick im Lichtschein der Reklamen – von grünen, gelben, roten Strahlen übergossen – unbeweglich, starr, mit halbgeschlossenen Augen wie eine Hypnotisierte.

      Der Wagen fuhr weiter. Das Paar entschwand meinem Blick.

      FANNY

      Fannys Mutter war Handarbeiterin. Seit Fanny sich erinnern konnte, hatte die Mutter an feinen Brautausstattungen gearbeitet Einen Vater kannte Fanny nicht. Sie war die älteste von vier Geschwistern.

      Die Leute sagten von Fannys Mutter: Man weiß nicht, wie es zugeht bei dieser stillen Frau; sie ist so brav und rechtschaffen, und von einem liederlichen Lebenswandel könnte selbst ihr ärgster Feind nichts merken – und doch haben sich im Laufe einiger Jahre vier Kinder angesammelt, und einen Vater sah man nie …

      Der Bahnadjunkt, ein besserer Mensch, bemerkte einmal: Ist sie nicht wie eine brave, gute Henne, die still und vernünftig dahinlebt, niemand etwas zuleide tut … Keiner hat etwas bemerkt, und eines Tages hat sie liebe, kleine Hühnchen um sich.

      Fannys Mutter war eine ehrliche Frau. Ihre vier Kinder erhielt sie durch ihrer Hände Arbeit. Die Kinder gediehen gut. Zwei erlernten schon ein Gewerbe. Der Fünfzehnjährige wurde Mechaniker; die siebzehnjährige Fanny, die manches von der Mutter geerbt zu haben schien, wurde Stickerin. Schon als neunjähriges Kind hatte sie der Mutter geholfen, wenn diese »Postarbeit« gehabt. Nun war es selbstverständlich, daß sie Stikkerin wurde. Was sollte man ein Mädchen lernen lassen?, hatte sich die Mutter seufzend gefragt. Es gab überall so viel Gefahren.

      Die Berufe Kindermädchen, Kellnerin waren vielleicht noch das Schlimmste. Sollte eine Mutter siebzehn Jahre lang Tag und Nacht bis zum Umsinken und halbblind sich gearbeitet haben, um am Ende ihr Kind irgendwo schutzlos hinauszustellen, wo jeder angetrunkene Bürger sie in den Arm kneifen konnte. Auch Maschinenstickerin, Buchbinderin waren keine guten Aussichten.

      Und auf Ladenmädchen, Verkäuferin legte die Mutter nicht viel Wert; das waren unsichere Beschäftigungen. Vornehm hingegen war der Beruf einer Gobelinstickerin – dazu eignete sich Fanny am besten.

      Und jetzt war sie schon das dritte Jahr dabei und freigesprochen.

      In


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