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Die letzte Nacht. Furio JesiЧитать онлайн книгу.

Die letzte Nacht - Furio Jesi


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sodann unwissende Verehrung angesichts der Figuren, die reglos von den Wänden auf sie herabblickten. Sie meinten, es wären Götter (wofür sonst sollten sie denn auch einen Vampir wie Brufolaga halten?), und sie weihten den Palast zum Tempel. Auch diesen unterirdischen Gang hier benutzten sie als Heiligtum; sie kleideten ihn mit Marmor aus, und wir mussten dann mühsam dieses Pflaster aufreißen, um wieder an die gute Erde heranzukommen, auf der sich gehen lässt!«

      In dem unterirdischen Gang wurde das Licht matter und nahm eine grünliche Färbung an, ein Zeichen dafür, dass sie nunmehr unter dem Meer waren. Die feuchte braune Erde unter den Füßen der Vampire war eine unerschöpfliche Kraftquelle; die beiden Gesandten gingen, ohne zu laufen, doch so schnell, dass sie schon nach wenigen Stunden unter der thrakischen Ebene angelangt waren. Der Stollen bog hier nach Norden. Plötzlich wurde er enger. Avila war überrascht, aber der Marquis de Pombal erklärte ihm: »Da sind wir. Bald haben wir die Gänge erreicht, die zur Andachtburg führen.«

      Die Marmorbögen eines hohen Portals tauchten vor ihnen auf. Die Erde, über die sie dahingingen, schien dunkler, und eine schwere Atmosphäre, feucht und vom Duft nach Moschus und Amber getränkt, umfing sie. Über eine längere Strecke war die Dunkelheit beinahe vollkommen. Die Gesandten hielten sich an den Händen und tasteten sich an den Wänden entlang. Dann waren in das Deckengewölbe wieder Quarzblöcke eingelassen: Ein frisches, morgendliches Licht fiel durch sie herab und überraschte die Vampire, wussten sie doch, dass es noch Nacht war. Und der hohe, gestirnte Himmel empfing sie, als sie nach einem letzten Aufstieg durch einen Brunnenschacht schließlich in den Hof der Andachtburg hinaustraten, der im weißen Mondlicht dalag.

      »Wir müssen dringend den Grafen sprechen«, sagte der Marquis de Pombal zu dem greisen Pförtner, der verschlafen aus dem Säulengang aufgetaucht war.

      Aber der entgegnete sogleich: »Das geht nicht, Exzellenz. Sie sollten das wissen. Seine Herrlichkeit schläft seit mehr als drei Stunden. Sie wollen doch nicht etwa in sein Zimmer hinuntersteigen?«

      »Ich muss ihn sprechen!«

      »Aber das ist unmöglich, Exzellenz! Ich habe strengste Anweisungen. Es geht nicht.«

      Da gab der Marquis de Pombal seinem Begleiter ein Zeichen. Der Herzog schlug eine Mappe aus glänzendem Maroquinleder auf, zog ein vierfach zusammengelegtes Blatt Pergament daraus hervor und entfaltete es unter den Augen des Pförtners. Es dauerte eine Weile, bis der einfache Vampir mühsam den Inhalt des Blattes entziffert hatte, der in der kunstvollen Kalligraphie der alten Vampirschule abgefasst war. In diesem Dokument befahl der Oberste Rat des Vampirischen Horizonts jedem Vampir, sämtliche Anordnungen seines Überbringers unverzüglich zu befolgen, bei Zuwiderhandeln drohte der Ausschluss aus der Gemeinschaft der Vampire und die Amputation von Flügeln und Zähnen.

      Von ehrfürchtigem Schrecken erfüllt, fügte sich der Pförtner. »Folgen Sie mir«, sagte er, »wollen wir hoffen, dass Seine Herrlichkeit nicht ungehalten wird.«

      Sooft der Marquis de Pombal auch schon in der Andachtburg gewesen war – in deren Kellergewölbe hinabzusteigen, zum Schlafgemach Draculas, war für ihn jedes Mal wieder ein Moment der Freude, aber auch der Beklemmung. Hinabzusteigen zu Ihm, der dort unten im Schlummer lag, bedeutete selbst für einen alten Vampir, sich unter Furcht und Zittern verborgenen Abgründen zu nähern, der unvordenklichen Wiege der Zeit. Aufrichtig gerührt, als wäre es das erste Mal, sah er die hohe Eichentür sich auftun. Ein riesiger Saal tauchte in das Karpatengestein hinab, hinunter und immer noch weiter hinunter, bis zur lebendigen Erde unter dem Gestein.

      In tiefem Schweigen stiegen die beiden Gesandten Stufe um Stufe die Treppe hinab, die endlos schien. Schließlich gelangten sie auf einen ungewöhnlich großen Absatz, beinahe schon einen kleinen gepflasterten Platz. Eine graue Mauer erhob sich vor ihnen und in ihr eine mächtige Tür aus behauenem Eisen. Der Pförtner öffnete ihre Flügel, dann trat er beiseite.

      Seine Herrlichkeit Graf Dracula lag ausgestreckt auf einem riesigen Bett, das war ein Turmbau aus leuchtendem Zypressen- und Eschenholz, der nur durch sein enormes Gewicht inmitten eines wogenden Chaos von aufgewühlter Erde im Gleichgewicht gehalten wurde. Graf Dracula lag in tiefstem Schlummer, und sein Gesicht war friedlich; aber unausgesetzt, in immer wiederkehrenden Wellen, liefen Schauder über seine Stirn und seine Wangen. Und der Atem, der die Brust hob und senkte, konnte erscheinen wie ein von seinen Gliedern zusammengehaltener Aufruhr, eine ächzende, fest im Gefäß seines Leibes verschlossene Flut. Ringsum ragten aus der aufgewühlten Erde riesige vertrocknete Baumstämme und knorrige Wurzeln empor, braun und verdorrt oder grün, von Lymphsaft geschwollen, wie Lianen, die den ganzen Raum bis zur Decke hinauf einnahmen, als befände man sich im Erdreich unter einem tausendjährigen Urwald.

      Und wieder das zarte, frühmorgendliche Licht, die Frische der Morgendämmerung. Die Gesandten standen schweigend nur wenige Schritte von der Schwelle entfernt, da bemerkten sie, dass dieses Licht, dieser morgendliche Hauch den pflanzlichen Stalagmiten entströmte, und zwar im Rhythmus von Draculas Atem. Der Leib des Grafen, urzeitliches Protozoon, ein bloßer Klumpen Leben, dehnte und kontrahierte sich in seinem Schlaf; und die Schauder, die über seine Epidermis liefen, schienen sie durchsichtig zu machen, wie um in dem Schlafenden die ununterbrochene Folge von Generationen sichtbar werden zu lassen. Tausend Leben schliefen, tausend Leben währten und vergingen, tausend Leben wurden unablässig geboren in Draculas Schlaf. Wirre, aufgewühlte Erde umgab das große Bett, häufte sich um die Pfeiler; Erdklumpen hätten im Schnurrbart und im Haar des Grafen hängen können, aber Schnurrbart und Haar schimmerten in makelloser Weiße. Die rechte Hand Draculas ruhte auf der Brust; die linke stützte den Kopf.

      In höchster Angst legte der Marquis de Pombal eine Rabenfeder zwischen die Finger des Schlafenden. Da erhob sich die Rechte – der Schlaf wurde nicht unterbrochen –, glitt sicher auf das Pergament hinab und zog das hochverehrte Zeichen. Nach dreimaliger Verbeugung nahmen die Gesandten Abschied.

      Ausgestattet mit dem Beglaubigungsschreiben Draculas flogen die beiden Gesandten senkrecht gen Himmel. Je höher sie kamen, desto schwächer wurde das Licht, bis sie sich in völligem Dunkel befanden. Aber auch in der Dunkelheit steuerten sie, seit Jahrtausenden daran gewöhnt, ohne Licht zu sehen, zielsicher einen Punkt direkt über ihnen im Himmel an, der noch schwärzer war als die Finsternis und dem sie sich mit jedem Flügelschlag näherten.

      Als tiefste Nacht sie umfing, erhob sich vor ihnen ein hoher, steinerner Grenzwall; sie hielten an. Da erstrahlte großes Licht, und in seiner blendenden Helle tauchten zwei Greife auf, die zuvor in der Dunkelheit verborgen gewesen waren. Der Marquis de Pombal wandte sich an den rechten Greif: »Zu Thomas, genannt Didymos, führt uns eine offene Hand.«

      »Die Toten werden nicht leben«, entgegnete der Greif, ohne den starren Blick zu erheben, »und die Lebenden nicht sterben. Wollen Sie die Güte haben zu warten.«

      Langgezogene Töne wie von einer Harfe, die aber von klingenden Perlen herrührten, kündigten das Erscheinen des heiligen Apostels an, der gemessenen Schrittes näherkam. »Was wünschen diese teuren Söhne?«

      Der Marquis de Pombal und der Herzog von Avila verneigten sich dreimal tief. Sodann wagte der edle portugiesische Vampir, ihr Anliegen vorzutragen. »Eure hochverehrte Eminenz, wir bitten um eine Audienz bei Unserem Herrn.«

      »So einfach ist das aber nicht!« erwiderte der heilige Thomas. »Woher kommt ihr? Wer seid ihr?«

      »Wir sind Gesandte der irdischen Gemeinschaft der Vampire. Uns schickt Graf Dracula.« Bei diesen Worten zog er das Beglaubigungsschreiben mit der Unterschrift des Grafen aus dem Bleirohr und entrollte es, nicht ohne es rasch an Stirn, Mund und Herz geführt zu haben.

      »Seine Herrlichkeit Graf Dracula?« fragte der heilige Thomas und studierte das Pergament. »Wenn das so ist, dann wohlan! Unser Herr wird euch empfangen.« Und er ging ihnen voraus auf den von Buchsbaum gesäumten Wegen des Paradieses, der Schein des Mondes lag auf ihnen, der in den Tiefen des Himmels stand.

      Nachdem sie eine geraume Weile auf diesen lieblichen Wegen dahingegangen waren, gelangten die Vampire vor einen purpurnen Vorhang. Er wurde von unsichtbaren Händen beiseitegezogen, und ein weiterer, ebensolcher Vorhang kam zum Vorschein. Davor standen zwei Scharen Cherubim, wie zwei feste Mauern aus Stein. Der heilige Thomas wies die beiden


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