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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz. Ödön von HorváthЧитать онлайн книгу.

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz - Ödön von Horváth


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Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter.

      ELISABETH. In mir nicht.

      SCHUPO. Geh das gibt es doch gar nicht!

      ELISABETH (ahmt ihn nach). »Das gibt es doch gar nicht«!

      SCHUPO (lächelt). Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden.

      ELISABETH. Es kümmert sich keiner darum.

      SCHUPO. Man darf die Hoffnung nicht sinken lassen.

      ELISABETH. Das sind Sprüch.

       (Stille.)

      SCHUPO. Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander.

      ELISABETH. Sie haben leicht reden als Staatsbeamter in gesicherter Position.

      SCHUPO. Wir müssen doch alle mal sterben.

      ELISABETH. Hörens mir auf mit der Liebe!

       (Stille.)

      SCHUPO. Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an - nämlich ich beobachte Sie hier vor dem Wohlfahrtsamt bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun --- an eine liebe Tote, wie gesagt.

      ELISABETH. Wer war denn diese Tote?

      SCHUPO. Meine Braut.

       (Stille.)

      SCHUPO. Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Aber sie [35]hatte es mit der Leber zu tun und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächeln Sie da?

      ELISABETH. Nur so.

       (Stille.)

      SCHUPO. Sie sind anscheinend sehr verbittert.

      ELISABETH. Ich geh schnell.

      SCHUPO. Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen.

       (In der Ferne fällt ein Schuss --- dann noch einer und noch einer; jemand brüllt; Stille.)

      SCHUPO (lauscht). Was war denn jetzt das? Mir scheint, die schiessen wieder aufeinander. Also das ist ja schon schier zum Verrücktwerden, dieser latente Bürgerkrieg -- ich schau nur mal nach und bin gleich wieder da, wartens bitte auf mich!

      ELISABETH. Gut.

      SCHUPO (ab nach rechts).

      Szene Nummer 15

       Jetzt kommen Frau Amtsgerichtsrat und er selbst der Amtsgerichtsrat von links.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. So folge mir doch, August! Geh jetzt da schön hinein in das Wohlfahrtsamt und sag es dem Herrn Regierungsrat, dass Du ihm heute abend leider nicht zur Verfügung stehen kannst, denn Du musst Dich auch mal Deiner Ehehälfte widmen.

      AMTSGERICHTSRAT. Ich geh aber nur ungern ins Kino. Zwei Stunden ohne Zigarre.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Oh, das tut Dir gut! So denk doch an Deinen Darm!

      AMTSGERICHTSRAT. Ich denke. Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt.

      [36]FRAU AMTSGERICHTSRAT. Mich hat er auch gewarnt, dass ich wegen meiner Drüsen nicht soviel Treppen steigen soll --

      AMTSGERICHTSRAT (unterbricht sie). Musst Du denn Korsette verkaufen?! Kompletter Irrsinn!

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei Dir betteln!

      AMTSGERICHTSRAT. Versündige Dich nicht! Was weisst denn Du schon von der grossen Not? Wo man doch tagaus tagein die armen Leut verurteilen muss, zuguterletzt bloss weil sie kein Dach über dem Kopf haben!

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Dann würd ich sie halt nicht verurteilen.

      AMTSGERICHTSRAT. Hermine!

       (Stille.)

      AMTSGERICHTSRAT. So. Und jetzt sag ich es dem Herrn Regierungsrat, dass es heute nichts wird mit unserm Tarock, weil ich mich meiner Ehehälfte widmen möchte -- aber freu Dich, wenn das Kino wieder ein Kitsch ist, Du Mickymaus -- (ab in das Wohlfahrtsamt).

      Szene Nummer 16

       Frau Amtsgerichtsrat erblicken nun Elisabeth. Sie fixieren sich, aber Elisabeth will niemand mehr kennen aus ihrer Vergangenheit -- doch Frau Amtsgerichtsrat lassen nicht locker.

      Szene Nummer 17

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Komisch. Wir kennen uns doch --

      ELISABETH (sieht sich ängstlich um). Bitte kennen Sie mich nicht, Frau Amtsgerichtsrat -

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Also nur keine Angst, Fräulein! Mich geht es ja nichts an, aber wieviel habens denn bekommen?

      [37]ELISABETH. Vierzehn Tage.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Sehens, das hab ich Ihnen gleich gesagt!

      ELISABETH. Aber ohne Bewährungsfrist.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Ohne?

      ELISABETH. Weil ich halt vorher schon die Geldstrafe gehabt habe -- (sie grinst). Wenn ich nur wüsst, was ich verbrochen hab --

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Oh ich weiss, wie das zugeht! Mir müssen Sie das nicht erzählen! Lauter Ungerechtigkeiten -- und eine neue Stellung habens natürlich auch keine?

      ELISABETH. Nein. Aber zuvor habe ich einen Herren kennen gelernt und dieser Herr hat mir von seiner toten Braut erzählt -- (sie grinst wieder).

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Das Beste für Sie wär allerdings: Heiraten.

      ELISABETH (tonlos). Ich sage nicht nein.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Man könnt Ihnen gratulieren.

      ELISABETH. Wir haben uns durch einen Zufall kennen gelernt.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. So fängts an. Kenn ich Fräulein. Kenn ich!

      ELISABETH. Vielleicht ist das der grosse Zufall in meinem Leben.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Was ist er denn, der Herr Bräutigam in spe?

      ELISABETH. Staatsbeamter.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Staatsbeamter? Weiss er denn etwas von Ihren vierzehn Tagen?

      ELISABETH. Nein.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Hm. Das müsstens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten kriegen mit seiner Karriere --

      [38]ELISABETH. Ist denn das möglich?

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Absolut.

      ELISABETH. Dort kommt er jetzt wieder zurück.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Wo? --- Was? Ein Polizist? --- Na mich geht es ja nichts an. Alles Gute, Fräulein! (Sie zieht sich von ihr zurück.)

      Szene Nummer 18

      SCHUPO (erscheint wieder; zu Elisabeth). So jetzt bin ich frei. Sie haben einen Unbeteiligten erschossen. Dass wir gerade in einer solchen Zeit leben müssen, das denk ich mir oft, Fräulein … (Er deutet plötzlich auf die Frau Amtsgerichtsrat.)


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