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Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan DoyleЧитать онлайн книгу.

Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle


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haben meinen Brief erhalten?«, fragte er mit tiefer, barscher Stimme und starkem deutschen Akzent. »Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass ich vorsprechen würde.« Er blickte von einem zum anderen, als sei er sich nicht sicher, an wen er sich wenden sollte.

      »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Holmes. »Dies ist mein Freund und Kollege Dr. Watson, der gelegentlich die Güte besitzt, mir bei meinen Fällen zu assistieren. Mit wem habe ich die Ehre?«

      »Sie dürfen mich mit Graf von Kramm anreden, ich bin ein böhmischer Edelmann. Ich setze voraus, dass der Herr, Ihr Freund, ein Mann von Ehre und Diskretion ist, dem ich eine Angelegenheit von allergrößter Bedeutung anvertrauen kann. Wenn nicht, zöge ich es vor, mich mit Ihnen unter vier Augen zu besprechen.«

      Ich erhob mich, um zu gehen, aber Holmes fasste mich beim Handgelenk und drückte mich in meinen Sessel zurück. »Entweder beide oder keiner«, sagte er. »Sie können sich vor dem Herrn über alles auslassen, was Sie mir sagen möchten.«

      Der Graf zuckte die breiten Schultern. »Dann muss ich damit beginnen«, sagte er, »Sie alle beide für zwei Jahre zu unbedingter Verschwiegenheit zu verpflichten; nach Ablauf dieser Zeit wird die Angelegenheit nicht länger von Bedeutung sein. Gegenwärtig aber ist es nicht zu viel gesagt, dass sie von einem solchen Gewicht ist, dass sie Einfluss auf den Gang der europäischen Geschichte nehmen könnte.«

      »Ich verspreche es Ihnen«, sagte Holmes.

      »Ich auch.«

      »Sie werden diese Maske entschuldigen«, fuhr unser sonderbarer Besucher fort. »Die erlauchte Persönlichkeit, die mich beauftragt hat, wünscht, dass ihr Bevollmächtigter Ihnen unbekannt bleibe, und ich darf von vornherein bekennen, dass der Titel, den ich mir soeben zugelegt habe, nicht eigentlich der meinige ist.«

      »Dessen war ich gewärtig«, bemerkte Holmes trocken.

      »Die Umstände sind äußerst delikat, und man muss alle Vorsicht walten lassen, um im Keime zu ersticken, was sich zu einem ungeheuren Skandal auswachsen und eines der Herrscherhäuser Europas ernstlich kompromittieren könnte. Um es geradeheraus zu sagen, in die Angelegenheit verwickelt ist die große Dynastie derer von Ormstein, Erbkönige von Böhmen.«

      »Auch dessen war ich mir bewusst«, murmelte Holmes, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen.

      Unser Besucher warf einen sichtlich befremdeten Blick auf die unbeteiligt ausgestreckte Gestalt des Mannes, der ihm zweifellos als der scharfsinnigste Kopf und tatkräftigste Detektiv Europas geschildert worden war. Holmes schlug die Augen langsam wieder auf und blickte seinen riesenhaften Klienten ungeduldig an.

      »Wenn Eure Majestät geruhen wollten, Ihren Fall darzulegen«, bemerkte er, »wäre ich eher in der Lage, Ihnen Rat zu erteilen.«

      Der Mann schnellte aus seinem Sessel hoch und lief in unkontrollierter Erregung im Zimmer auf und ab. Dann, mit einer Gebärde der Verzweiflung, riss er sich die Maske vom Gesicht und schleuderte sie zu Boden. »Sie haben recht«, rief er aus, »ich bin der König. Weshalb sollte ich versuchen, es zu verbergen?«

      »Wahrhaftig, weshalb?«, murmelte Holmes vor sich hin. »Eure Majestät hatten noch nicht angesetzt, als mir bereits bewusst war, dass ich es mit Wilhelm Gottesreich Sigismund von Ormstein, Großherzog von Kassel-Falkstein und Erbkönig von Böhmen, zu tun habe.«

      »Aber Sie werden verstehen«, sagte unser seltsamer Besucher, indem er sich wieder setzte und mit der Hand über die hohe, helle Stirn fuhr, »Sie werden verstehen, dass ich nicht gewohnt bin, derartige Geschäfte in eigener Person abzuwickeln. Indessen, die Angelegenheit ist so heikel, dass ich mich nicht einem Bevollmächtigten hätte anvertrauen können, ohne mich in dessen Macht zu begeben. Ich bin in der Absicht, Sie zu konsultieren, inkognito von Prag angereist.«

      »Dann, bitte, konsultieren Sie mich«, sagte Holmes und schloss abermals die Augen.

      »Die Tatsachen sind kurz gesagt diese: Vor etwa fünf Jahren machte ich während eines ausgedehnten Besuchs in Warschau die Bekanntschaft der bekannten Abenteurerin Irene Adler. Der Name ist Ihnen ohne Zweifel geläufig?«

      »Bitte, seien Sie so freundlich und schlagen Sie in meiner Kartei nach, Doktor«, murmelte Holmes, ohne die Augen zu öffnen. Seit vielen Jahren hatte er es sich zum System gemacht, Auszüge von Zeitungsartikeln zu Menschen und Sachen anzufertigen, so dass es schwerfiel, ein Thema oder eine Person zu nennen, über die er nicht augenblicklich Informationen hätte beschaffen können. In diesem Fall fand ich ihre Biographie zwischen der eines jüdischen Rabbi und der eines Stabskommandeurs, der eine Monographie über Tiefseefische verfasst hatte, eingeklemmt.

      »Lassen Sie mich sehen«, sagte Holmes. »Hm! Geboren in New Jersey im Jahre 1858. Altistin – hm! An der Scala – hm! Primadonna an der Kgl. Oper zu Warschau – ja! Hat sich von der Opernbühne zurückgezogen – ha! Lebt in London – ganz recht! Wie ich sehe, wurden Eure Majestät in eine Liebesaffäre mit dieser jungen Person verstrickt, schrieben ihr einige kompromittierende Briefe und haben nun den Wunsch, jene Briefe wiederzuerlangen.«

      »Genau das. Aber wie …?«

      »Haben Sie sich heimlich trauen lassen?«

      »Nein.«

      »Keine amtlichen Dokumente oder Urkunden?«

      »Keine.«

      »Dann kann ich Eurer Majestät leider nicht folgen. Sollte diese junge Person ihre Briefe an die Öffentlichkeit bringen wollen, um Sie zu erpressen oder für andere Zwecke, wie könnte sie ihre Echtheit beweisen?«

      »Da ist die Handschrift.«

      »Pah, pah! Fälschung.«

      »Mein privates Briefpapier.«

      »Gestohlen.«

      »Mein ureigenstes Siegel.«

      »Nachgeahmt.«

      »Mein Bild.«

      »Gekauft.«

      »Aber wir waren beide auf der Fotografie.«

      »Oje! Das ist schlimm! Eure Majestät haben in der Tat eine Indiskretion begangen.«

      »Ich war vernarrt – von Sinnen!«

      »Sie haben sich ernsthaft kompromittiert.«

      »Ich war damals erst Kronprinz. Ich war noch jung. Ich bin jetzt gerade erst dreißig.«

      »Sie muss wiedergefunden werden.«

      »Wir haben es versucht – ohne Erfolg.«

      »Eure Majestät müssen zahlen. Sie muss ihr abgekauft werden.«

      »Sie wird sie nicht verkaufen wollen.«

      »Dann halt gestohlen werden.«

      »Fünf Versuche sind unternommen worden. Zweimal haben Einbrecher in meinem Sold ihr Haus durchwühlt. Einmal haben wir ihr Gepäck umgeleitet, als sie auf Reisen war. Zweimal ist ihr aufgelauert worden. Es hat alles zu keinem Ergebnis geführt.«

      »Kein Anzeichen von ihr?«

      »Nicht das geringste.«

      Holmes lachte. »Das ist ja ein ziemlich vertracktes Problem.«

      »Aber für mich ein sehr ernstes«, gab der König vorwurfsvoll zurück.

      »Sehr ernst allerdings. Und was bezweckt sie mit der Fotografie?«

      »Mich zu ruinieren.«

      »Aber wie?«

      »Ich stehe kurz vor der Vermählung.«

      »Davon habe ich gehört.«

      »Mit Klothilde Lothman von Sachsen-Meiningen, jüngerer Tochter des Königs von Skandinavien. Vielleicht kennen Sie die strengen Grundsätze ihrer Familie. Sie selbst ist eine Seele von Zartgefühl. Der Schatten eines Zweifels an meinem Lebenswandel würde unsere Verbindung beenden.«

      »Und Irene Adler?«

      »Droht


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