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Gesicht des Mordes. Блейк ПирсЧитать онлайн книгу.

Gesicht des Mordes - Блейк Пирс


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sie professionell sein.

      Die Gerichtsmedizinerin, eine fitte asiatische Frau Mitte vierzig mit scharfen Augen und Haaren, die zu einem Bob im Neunzig-Grad-Winkel geschnitten waren, der genau auf der Höhe ihres Kinns endete, war entgegenkommend. Sie zeigte ihnen die Leiche des Professors und blieb respektvoll im Hintergrund stehen, während sie ihre Untersuchung vornahmen.

      Der nackt auf der Metallliege liegende Mann war auf weißes Fleisch reduziert worden. Als Zoe das Laken wegnahm, war es schwer für Zoe, die Verbindung zwischen diesem Brocken toten Fleischs und dem Mann, der es einst gewesen war, herzustellen und aufrechtzuhalten. Wer auch immer er gewesen war, er war schon lange verschwunden. Sie konnte es immer noch sehen, in den gelblichen Fingerspitzen, die auf eine Nikotinabhängigkeit hinwiesen, und dem kleinen zweieinhalb Zentimeter langen Abdruck über seinem linken Ohr, wo er jahrelang eine schlechtsitzende Brille getragen hatte. Aber das Eigentliche, das Wesen, was auch immer es war, das diesen Körper einst gefüllt und belebt hatte, war nirgendwo mehr zu finden.

      So war es besser. Menschen lenkten sie ab. Sie verbargen ihr wahres Ich hinter Worten und Gesten, die sie nicht immer verstehen konnte. Aber Leichen konnten nicht lügen. Sie waren, wie sie waren, nicht mehr und nicht weniger.

      Es schadete natürlich nicht, dass sein Gesicht verschwunden war. Nach innen eingeschlagen. Die Nase war völlig platt, die ganzen Hügel und Kurven jetzt innen in seinem Schädel. Auch die rechte Seite des Kopfes war gesplittert und gequetscht, zeigte deutliche Linien des Schlages. Niemand hätte das überleben können. Sogar eines seiner Augen war weg.

      Die Gleichung fand sich auf seinem Torso, seitlich vom oberen Ende seiner Brust bis gerade unter seinen Nabel geschrieben. Sie sah genauso aus wie auf den Fotografien – das gesamte Ding war wirklichkeitsgetreu abgebildet worden. Mit ihren Händen in unbequemen weißen Wegwerfhandschuhen hob Zoe jeden seiner Arme und jedes seiner Beine hoch und drehte ihn sogar mit Shelleys Hilfe auf seine Seite. Sie konnten nirgendwo eine weitere Tintenspur oder überhaupt irgendein Zeichen entdecken, das auf einen fehlenden Teil der Gleichung hindeutete.

      „Sie haben nichts übersehen“, sagte Shelley laut, bestätigte die wachsende Frustration, die sich hinter Zoes Stirn aufbaute.

      „Der andere.“ Zoe drehte sich um, um die Gerichtsmedizinerin anzusehen. „Wir müssen auch den Studenten sehen.“

      Die Gerichtsmedizinerin zuckte mit den Schultern, machte eine Handbewegung, um anzudeuten, dass sie es für sinnlos hielt und ging hinüber, um eine weitere Türe des metallenen Ablageschrankes zu öffnen, der als zeitweiser Ruheplatz fungierte. Sie zog sie mit einem langen schabenden Geräusch von gutgeöltem Metall auf Metall auf und ging zurück, um ihnen Zugang zu dem Bewohner zu gewähren.

      Der Collegestudent sah noch jünger aus, als er es auf den Fotografien getan hatte, wie er da auf der kalten Metallliege lag, sämtliches Blut und mit ihm die Farbe aus den Wangen geschwunden. Die Oberseite seines Kopfes war eine Schweinerei, offen und nach innen eingedrückt. Er war mit einem respektvollen Laken bedeckt, aber Respekt war in diesem Fall nur ein Hindernis. Zoe kam näher und zog es zur Seite, bemerkte Shelleys Widerwillen, es zu tun.

      Für eine lange Sekunde starrte Zoe, unfähig, das Gesehene zu verstehen. Dann fragte sie sich kurz, ob die falsche Leiche herausgezogen worden war, aber sie hatte sein Gesicht von den Tatortfotos erkannt. Endlich überwog der Unglaube und sie wandte sich mit einem derart finsteren Blick zu der Gerichtsmedizinerin um, dass die andere Frau zurückwich.

      „Wo sind die Gleichungen?“ fragte Zoe, ihre Stimme leise und tonlos, bedrohlich genug, um jedem den dahinterstehenden Ärger deutlich zu machen.

      „Nun, wir haben die Autopsie vorgenommen“, stotterte die Gerichtsmedizinerin, tastete hinter sich nach einem Metalltisch, um sich zu stützen. „Wir waschen die Leichen immer, um die Autopsie durchzuführen.“

      „Sie haben die Beweise abgewaschen.“

      Shelley kam näher, legte eine sanfte Hand auf Zoes Arm, vielleicht als Bitte, sich zu beruhigen. Zoe ignorierte es. Sie kochte, jeder Muskel ihres Körpers war voller Energie, wollte explodieren und etwas gegen die Wand schleudern. Vielleicht gegen die Gerichtsmedizinerin.

      Der einzige Grund, aus dem sie es nicht tat, war, dass es sehr deutlich gegen den professionellen Verhaltenskodex ging. Wie konnten sie so etwas zugelassen haben?

      „Wer hat das Waschen genehmigt?“ fragte Shelley, ihre Stimme leise und ruhig. Sie trat vor, ein wenig vor Zoe, als ob sie sie schützen wollte.

      Die Gerichtsmedizinerin suchte nach Papieren, stotterte immer noch, das Gesicht erblasst. Zoe konnte es nicht länger ertragen. Sie ging mit einem Knurren in der Kehle aus dem Raum, knallte als Zugabe die Tür hinter sich zu. Da es eine Schwingtür war, war die Wirkung abgeschwächt, aber es löste trotzdem einiges der Anspannung in ihrem Körper.

      Shelley kam einige Minuten später nach, fand sie am Ende des Flurs auf und ab gehend.

      „Wir hätten sie wegen Manipulation der Beweise melden sollen“, sagte Zoe, sobald Shelley nah genug war, um sie zu hören.

      „Sie haben im Rahmen ihrer Anweisungen agiert“, seufzte Shelley, zuckte mit den Schultern. „Der Fotograf war der Ansicht, dass sie alles dokumentiert hätten. Wir müssen es ihnen einfach glauben.“

      „Sie sollten trotzdem bestraft werden. Haben sie keinen gesunden Menschenverstand? Es war offensichtlich ein Beweis. Und die leitenden Ermittler hatten die Leiche noch nicht einmal gesehen!“

      „Nun, um fair zu sein, als sie die Autopsie vornahmen, war es ein lokaler Fall, keiner für die Bundesbehörde. Was geschehen ist, ist geschehen. Wir müssen einfach mit dem arbeiten, was wir haben.“

      Shelley war rational, zu rational. Zoe mochte das nicht. Sie wollte eine Rechtfertigung für die von ihr empfundene Frustration, verdammt, ein von ihnen beiden gemeinsam empfundenes Gefühl. Sie hasste es, wenn man ihr das Gefühl gab, dass sie der Freak mit dem Problem war. Wenn Dinge falsch gemacht wurden, war das ein Problem. Die Leute sollten die Dinge tun, für die sie bezahlt wurden. So funktionierte die Gesellschaft.

      „So etwas sollte deutlich als wichtig zu erkennen gewesen sein“, sagte Zoe, versuchte ein letztes Mal, Shelley in ihre eigene Wut zu locken.

      Es funktionierte nicht. „Wir müssen ohnehin weitermachen“, sagte Shelley, ging hinaus und sah zurück, um sicherzustellen, dass Zoe ihr folgte. „Sollen wir als Nächstes mit der Frau des Professors reden?“

      Zoe nickte, gab auf. Vielleicht reagierte sie über. Man hatte ihr gesagt, dass sie das gelegentlich tat.

      An diesem Fall gab es mehr als nur die sichtbaren Beweise auf den Leichen. Natürlich war die Mathematik verführerisch, sowie die Tatsache, dass eine angesehene Universität Ort der Taten war. Aber es gab immer noch eine andere Geschichte von den Familien der Opfer zu erfahren, von den Leuten, die sie kannten.

      Vielleicht würde Mrs. Henderson Licht auf den Tod ihres Ehemanns werfen können – und dazu beitragen, dass dieser frustrierende Fall rasch geklärt wurde.

      KAPITEL FÜNF

      Shelley setzte sich auf den Fahrersitz, was bei ihren gemeinsamen Fahrten ungewöhnlich war. Shelley wusste, dass Zoe normalerweise als Beifahrerin übel wurde, aber an diesem Tag war sie so beschäftigt mit ihren Gleichungen, dass sie die vorbeirasenden Straßen kaum zu bemerken schien. Sie klammerte sich nicht einmal an ihren Sicherheitsgurt, das übliche Zeichen dafür, dass sie sich nicht wohl fühlte.

      Shelley blickte herüber, wann immer sie die Möglichkeit hatte – beim Warten an Kreuzungen oder beim Stehenbleiben im dichten Verkehr. Was Zoe hektisch auf mehrere Seiten ihres Notizbuchs kritzelte, ergab für sie überhaupt keinen Sinn. Es hätten genauso gut Hieroglyphen sein können.

      Zoe hatte ein wirkliches Talent, wenn es um Zahlen ging, aber das hatte auch andere Seiten. Eine zielstrebige Besessenheit konnte sie manchmal überkommen, wie jetzt. So sehr Shelley helfen wollte, sie hatte keine Ahnung, was gebraucht wurde – und Zoe würde es ihr nicht sagen. Sie war oft so. Ruhig, verschlossen. Shelley hatte die Geschichten über ihre vorherigen Partner gehört und es war nicht schwer, daraus abzuleiten, dass sie wahrscheinlich schon vor langer Zeit aufgegeben hatte, anderen


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