Die Zuckermeister (2). Die verlorene Rezeptur. tanja VoosenЧитать онлайн книгу.
Wand, der verschiedene Schritte bei der Herstellung von Schokolade zeigte. Die linke Seite war der Verkaufsraum, wo in einer endlos langen Auslage Pralinen über Pralinen zur Schau gestellt wurden.
Eine Mitarbeiterin winkte sie fröhlich heran. »Möchtet ihr etwas probieren?«
»Unbedingt!«, sagte Charlie, noch ehe Elina es konnte.
Elina bedachte Charlie mit einem Lächeln. Endlich sah ihre Freundin die schönen Seiten der Magie zuerst, schließlich sollten die Süßigkeiten glücklich machen und helfen und einen nicht aufs Schlimmstmögliche verzaubern.
Ihr kleines Grüppchen trat an die Glastheke heran.
»Woah«, entfuhr es Elina. Diese Pralinen waren pure Kunstwerke! Fast zu schön zum Essen. Es gab sie in verschiedenen Formen, Größen und Geschmacksrichtungen und sie hatten allerhand coole Namen.
Eine Sorte hieß Galaktisches Gelee und die Pralinen waren blau, violett und schwarz, mit kleinen weißen Tupfen, als habe jemand wirklich versucht, die Galaxie einzufangen. Paradiesisches Popcorn lag neben der Sorte Märchenhafte Marshmallows und eine andere hieß Charmante Crunchies. Elina hätte wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens einfach nur dagestanden, die Schildchen gelesen und den Pralinen nachgesabbert, hätte die nette Verkäuferin ihnen nicht ein kleines Tablett mit Kostproben entgegengehalten.
»Eine unserer neuen Sorten: Regenbogen-Rosine«, sagte sie und deutete auf diese. Sie zwinkerte Elina zu. »Allein der Genuss ist magisch!«
»Danke!«, sagte Elina und nahm sich eine der kleinen regenbogenfarbigen Kugeln vom Tablett, um sie sich in den Mund zu schieben. Was die wohl bewirkten?
»Mhhhhhhhhhhhh!«, machte Elina lautstark. Hier schmeckte man echt einen Regenbogen! Saftige Himbeere, zartbittere Schokolade und weiche Rosinen.
Auch Charlie und Robin nahmen sich je eine Praline und schmatzten genüsslich.
Noch während Elina kaute, sah sie, wie über den Köpfen ihrer Freunde jeweils ein kleiner glitzernder Regenbogen erschien und einige zarte kunterbunte Funken sprühte – fast ein wenig wie bei einer Wunderkerze, die leider viel zu schnell erlosch.
»Nice!«, sagte Charlie und deutete auf die Stelle über Elinas Kopf.
Charlie, Robin und Elina probierten sich noch durch einige andere Sorten, die alle einfach unfassbar gut waren, ehe sie weitergingen. Am liebsten hätte Elina eine Packung dieser magischen Leckereien gekauft, aber nachher aß die noch aus Versehen jemand anderes und erfuhr von der Süßigkeitenwerker-Magie.
»Oh! Können wir als Nächstes dorthin?«, fragte Charlie.
Sie hatte eine Art Boutique ins Auge gefasst, in deren Schaufenster jede Menge Schmuck auslag. Ein großes Schild warb mit dem Spruch: Süße Schmuckstücke für süße Gelegenheiten!
Herr Schnotter erhob keine Einwände und so stürmten Charlie und Elina los. Viel Platz war drinnen nicht und die Einrichtung fand Elina reichlich kitschig. Mit dem vielen Pink und Weiß hätte man meinen können, Hello Kitty wäre hier drin explodiert.
Charlie schien es aber zu gefallen. »Wie schön! Guck mal.«
Sie bewunderte eine Kette, deren Anhänger aus einem kleinen Glasherzchen mit Korken bestand. Im Inneren befanden sich winzige Zuckerstreusel-Buchstaben.
»Die Wohlklingenden Wortherzen sind unser Spitzenseller!« Ein älteres Mädchen stand plötzlich neben ihnen.
»Was können die?«, fragte Elina interessiert.
Charlie starrte noch immer mit leuchtenden Augen auf die Kette.
»Die magischen Buchstaben ermöglichen es, das Herz eines anderen für sich zu gewinnen«, antwortete das Mädchen und tat ganz verschwörerisch dabei.
Charlie horchte auf. »Heißt das etwa, die sind wie ein Liebeszauber?«
Das Mädchen kicherte. »Na ja, für ein paar Minuten zumindest! Ich habe mal meine Mutter damit überredet, meine Matheaufgaben für mich zu machen. Der Zauber sorgt dafür, dass dich jemand kurz so lieb gewinnt, dass er dir keinen Wunsch abschlagen kann.«
»Du willst Arthur doch nicht wirklich verzaubern, oder?«, fragte Elina.
Charlie schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht! Wobei, wenn es nur kurz hält …«
»Ist das dieser Arthur da draußen? Der ist ziemlich süß!«
»Was? Nein!«, entfuhr es Charlie empört. »Robin ist doch nicht süß!«
»Na ja«, meinte Elina. »Er ist praktisch ein Mini-Arthur.«
»Elina!« Charlie klappte regelrecht der Mund auf vor Entsetzen. »Robin ist ein stinkstiefeliger Brummbart, der ist gar nicht wie Arthur! Bist du blind?«
Elina runzelte die Stirn. »Wenn du das sagst …«
»Leider ist die Kette zu teuer«, murmelte Charlie enttäuscht.
»Oh«, entfuhr es Elina, als auch sie einen Blick auf das Preisschild warf. »Da hilft es auch nicht, wenn ich dir mein Taschengeld gebe.«
»Ich habe noch was anderes, ist gerade reduziert«, sagte das Mädchen. Sie verschwand kurz und kam dann mit einem Armband wieder. Es bestand aus dünnen Schnüren, zwischen die drei Herzen eingeflochten waren. »Das sind Mucksmäuschenstill-Minzeherzen. Die sind prima, wenn man sich mal verstecken und still sein muss. Und außerdem sieht das Armband auch echt hübsch aus!«
Die Beschreibung erinnerte Elina ein wenig an das Klammheimlich-Konfekt, an dem die Zuckerhuts herumwerkelten und dessen Rezept bis heute nicht vollständig war.
»Ja! Das gefällt mir!«, freute Charlie sich. »Ich nehm’s.«
Nach dem Bezahlen verließen sie die Boutique. Herr Schnotter und Robin standen inzwischen nicht mehr vorm Laden, sondern ein Stück die Straße runter und kauften gerade bei Zamponis, einem Stand auf Rädern, Zuckerwatte.
»Möchtet ihr auch eine?«, fragte Herr Schnotter.
Charlie und Elina nickten gleichzeitig. »Ja!«
Wenn ihre Mutter wüsste, was Elina seit dem Frühstück alles an Zucker futterte, würde sie vermutlich in Ohnmacht fallen. Und Piet erst! Der würde vor Neid platzen!
»Jetzt bist du dran, Robin. Wo willst du hin?«, fragte Elina.
Robin war gerade damit beschäftigt, sich mit seiner Zunge etwas Zuckerwatte von der Nasenspitze zu schlecken, die dort kleben geblieben war, und verzog dabei angestrengt das Gesicht.
»Ich sag doch: von wegen süß«, murmelte Charlie und verdrehte die Augen.
Elina verkniff sich ein Lachen.
»Keinen Plan«, meinte Robin, nachdem er den Kampf mit der Zuckerwatte gewonnen hatte. »Wir können von mir aus in jeden Laden gehen.«
»Sei bloß nicht zu begeistert!«, witzelte Charlie.
Robin starrte mürrisch zurück. »Soll Herr Schnotter doch was aussuchen.«
Drei Augenpaare richteten sich nun auf den alten Herrn.
Der schien von irgendetwas abgelenkt, denn er blickte die Straße hinauf und rührte sich nicht. Nanu?
»Herr Schnotter?«, fragte Elina. »Alles in Ordnung?«
»Ja, sicher«, antwortete er, klang aber abwesend dabei.
»Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal hier?«, fragte Charlie.
»Das weiß ich gar nicht mehr so genau.«
Elina lächelte ihn an. »Hatten Sie einen Lieblingsladen?«
Herr Schnotter rückte seinen Hut zurecht. »Einige.«
»Robin, sag mal eine Zahl«, schlug Elina vor.
»Fünf«,