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Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.

Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker


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In schwungvollen Buchstaben stand dort: Lisa. In Liebe.

      Susanne sah Wilfried an.

      Einen Augenblick lang wurde sein Licht durch den Schein der Lampen beleuchtet, bevor es im Schatten versank. Aber dieser eine Augenblick reichte Susanne. Er weiß ganz genau, was ich in der Hand halte!, ging es ihr schaudernd durch den Kopf.

      Ein Schmuckstück der unglücklichen Lisa Reindorf...

      Sie war hier unten!, durchzuckte es Susanne. Welch eine andere Erklärung konnte es dafür geben, dass dieses Schmuckstück hier unten zu finden gewesen war?

      Susanne wich einen Schritt vor Wilfried zurück.

      Das Glück, das noch vor kurzem so überwältigend gewesen war, dass Susanne es kaum hatte fassen können, war nun wie fortgeweht...

      Nichts schien davon übrig geblieben zu sein.

      "Susanne, gib mir den Armreif", sagte Wilfried ruhig.

      Er streckte die Hand aus.

      "Nein", flüsterte Susanne.

      "Aber, warum nicht? Komm, sei vernünftig..."

      "Sie war hier unten, nicht wahr?"

      "Susanne!"

      "Wilfried, was hast du mit ihr getan?"

      Wilfried näherte sich noch einen weiteren Schritt.

      "Bleib, wo du bist!", rief Susanne, während sie ein Stück den Gang entlangstolperte. Angst hatte sie erfasst. Ich habe Christiane Unrecht getan, dachte sie. Die Komtesse mochte unter einer psychischen Erkrankung leiden, so dass sie kaum jemand für voll nahm. Aber offensichtlich war die Geschichte, die sie erzählt hatte, nicht bloß ein Produkt der reinen Fantasie.

      Den Beweis halte ich hier in der Hand, dachte Susanne.

      "Susanne, bleib hier!", rief Wilfried, als sich die junge Baroness noch weiter in den dunklen Gang hinein flüchtete.

      "Was hast du jetzt vor, Wilfried? Jetzt, da ich die Wahrheit erkannt habe..."

      "Susanne!"

      "Soll ich auch verschwinden? So wie Lisa Reindorf?"

      "Susanne! So sei doch vernünftig!"

      Doch längst schon regierte die Panik in der jungen Baroness.

      Sie stolperte weiter vorwärts, den Gang entlang. Sie begann zu rennen und hörte hinter sich Schritte. Wilfrieds Schritte. Er folgte ihr offenbar. Niemals hätte ich hier hinabsteigen sollen!, ging es ihr durch den Kopf. Jetzt, da ich die Wahrheit kenne, bleibt ihm eigentlich nichts anderes übrig, als auch mich umzubringen - wenn er nicht riskieren will, überführt zu werden.

      Susanne rannte um ihr Leben.

      Die Kraft der Verzweiflung verlieh ihr mehr Atem, als sie je in sich gespürt hatte.

      Der Gang teilte sich.

      Sie rannte kurz entschlossen eine der Abzweigungen entlang.

      Er teilte sich erneut. Längst schon hatte sie die Orientierung völlig verloren. Sie fühlte sich ähnlich verzweifelt wie in jener Situation, als sie in vollkommener Dunkelheit gewesen war, nachdem ein Luftzug ihren Kerzenleuchter gelöscht hatte.

      Nur diesmal war es noch schlimmer.

      Denn sie wurde verfolgt.

      "Susanne!", hörte sie Wilfrieds Rufe.

      Seine Schritte halten in den dunklen Mauern wider. Sie machte die Lampe aus, damit man sie nicht sofort sah. Es war stockdunkel um sie herum.

      Susanne tastete sich vorwärts. Nur, wenn sie allzu unsicher geworden war, machte sie kurz die Lampe an, um sich einigermaßen orientieren zu können.

      Was soll ich nur machen?, hämmerte es in ihr.

      Sie hörte Wilfrieds Stimme noch immer, aber sie schien sich von ihrem Standort zu entfernen.

      Susanne atmete tief durch.

      Wie habe ich mich nur täuschen können!, ging es ihr durch den Kopf. Ihre Linke umklammerte noch immer den Armreif mit der Gravur. Der einzige handfeste Beweis, den es bislang dafür gab, dass Lisa Reindorf wirklich hier unten gewesen war. Susanne nahm sich vor, diesen Reif deswegen auch auf keinen Fall aus der Hand zu geben. Es sollte nicht ein zweites Mal so gehen, wie mit dem Brief.

      Wie habe ich mich in Wilfried nur so täuschen können!, ging es ihr durch den Kopf.

      Sie ging weiter, ohne zu wissen wohin.

      In diesem unterirdischen Labyrinth war man tatsächlich wie lebendig begraben. Selbst wenn Susanne aus Leibeskräften geschrien hätte, so wäre das durch das dicke Gemäuer kaum in den oberen Etagen zu hören gewesen.

      Susanne fühlte sich so allein und verloren wie nie zuvor in ihrem Leben. Aber es half nichts. Sie durfte jetzt einfach die Hände in den Schoß legen.

      Immer weiter tastete sie sich in den dunklen Gängen voran.

      Als sie Wilfrieds Stimme eine Weile überhaupt nicht mehr gehört hatte, wagte sie es auch, die Lampe wieder anzumachen.

      Sie folgte einem langen Gang, der schließlich eine Biegung machte.

      Es muss hier irgendwo auch einen Weg hinaus geben!, ging es Susanne durch den Kopf, während ihr Herz wie wild pochte.

      Schließlich erreichte Susanne eine Tür aus fingerdickem Eisengitter. Sie ließ sich leicht öffnen und knarrte etwas dabei. Zu ihrer Überraschung gab es hier etwas Licht. Es fiel von draußen herein, durch vergitterte Fensteröffnungen, die sich vielleicht einen halben Meter über dem Boden auf der Ostseite des Schlosses befanden. Susanne hatte sie bei den ausgedehnten Spaziergängen, die sie mit Wilfried unternommen hatte, hin und wieder bemerkt. Das Licht selbst wurde wohl durch die üppige Außenbeleuchtung von Schloss Eichenbach verursacht.

      Ein gespenstischer Ort, dachte Susanne.

      Wahrscheinlich ein uraltes Gefängnis.

      Ein Verlies, dessen vergitterte Fenster so hoch lagen, dass es unmöglich war, durch sie hinauszusehen. Trotzdem sah Susanne jetzt eine Chance. Sie rief, so laut sie konnte.

      "Hilfe!", schrie sie, in der Hoffnung, dass da draußen irgendjemand in der Nähe war oder einer der im Ostflügel des Schlosses untergebrachten Gäste vielleicht sein Fenster geöffnet hatte. "Hilfe!" Ihre Stimme hallte zwischen den Mauern des Verlieses wider und dröhnte dadurch so laut, dass Susanne darüber erschrak.

      Aber sie bekam keine Antwort.

      Zu dieser nachtschlafenden Zeit war sie hier unten verloren.

      Sie schritt in Richtung jener Wand, in der sich die hochgelegenen, vergitterten Fenster befanden.

      Ein dumpfer Klang ließ sie stoppen. Der Untergrund, auf dem sie ging, hatte sich verändert. Zunächst war es - wie sonst überall in diesen düsteren Kellern - glatter Stein gewesen. Aber jetzt stand sie auf einer staubbedeckten Holzplatte.

      "Niemand wird Ihnen helfen", sagte eine kalte Stimme aus dem Hintergrund. Susanne fuhr herum.

      Christiane von Buchenberg-Selm trat aus dem Schatten. Das von außen hereinfallende Licht beleuchtete ihr blasses Gesicht. Sie lächelte überlegen. Triumph stand in ihren Zügen.

      "Christiane!", entfuhr es Susanne.

      "Was ist es, was Sie da in der Hand halten und so krampfhaft umklammern, als hinge Ihr Leben davon ab. Ein Armreif?"

      "Ja. Er gehörte Lisa Reindorf."

      "Ich weiß. Schließlich habe ich ihn dorthin gelegt, wo Sie ihn schließlich auch gefunden haben..."

      "Was?" Susannes Stimme klang tonlos. Langsam begriff sie, welch furchtbarem Irrtum sie anheimgefallen war... "Nicht Wilfried hat Lisa Reindorf umgebracht, sondern Sie!", entfuhr es ihr.

      "Ich liebe Wilfried", sagte


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