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dass irgendwer mir den Mann wegnimmt, der für mich bestimmt ist. Glauben Sie an das Schicksal, Susanne? Ich tue es..."
Christiane lachte auf eine Weise, die Susanne schaudern ließ. "Niemand wird Sie hier unten finden, Susanne. In hundert Jahren nicht - so wie auch niemand die arme Lisa Reindorf gefunden hat. Ihre Spur verliert sich hier unten so wie sich auch die Ihre verlieren wird... Wer weiß, vielleicht wird wieder jemand glauben, einen Wagen gehört zu haben... So etwas lässt sich leicht arrangieren."
"Sie wollen mich auch umbringen?", flüsterte Susanne.
Christianes Blick blieb kühl.
Triumph leuchtete in ihren Augen.
"Sie haben mir keine andere Wahl gelassen... genau wie Lisa..."
Susanne trat einen Schritt zurück, während Christiane sich zur Seite bewegte und mit der Rechten eine schnelle Bewegung vollführte. Undeutlich sah Susanne etwas Dunkles schattenhaft aufragen. Es wirkte wie eine Art Hebel. Im nächsten Moment bewegte Christiane diesen Hebel.
Susanne schrie, als sich unter ihr der Boden teilte.
Eine mörderische Fallgrube öffnete sich mit einem durchdringenden, knarrenden Geräusch...
22
Susanne stürzte in die Tiefe, als von einem Augenblick zum anderen kein Boden mehr unter ihren Füßen war. Genau dasselbe war vermutlich mit Lisa Reindorf geschehen, damals, in jener Nacht, als sie spurlos verschwunden war.
Die Grube war tief genug, um sich bei einem Sturz den Hals zu brechen.
Doch Susanne hatte Glück im Unglück, da sie am Rand der Fallgrube gestanden hatte. Mit letzter Kraft gelang es ihr, sich an der Kante festzuhalten. Sie nahm all ihre Kräfte zusammen. Ihr Blick ging hinauf, während sie tief unter sich die Taschenlampe und den Armreif aufschlagen hörte, die sie in den Händen getragen hatte.
Christianes Gestalt tauchte über ihr an der Kante der Fallgrube auf.
"Es gibt kein Entrinnen für Sie, Susanne", sagte die Komtesse mit vibrierender Stimme.
Der Wahn ließ ihre Worte verzerrt klingen.
"Bitte!", rief Susanne keuchend.
"Sie werden einen leichten Tod haben, Susanne...", war Christianes kalte Erwiderung.
"Ich kann mich kaum noch halten..."
"Quälen Sie sich nicht, Susanne!"
Dann beugte Christiane sich nieder, um Susannes zitternde Hände von der Kante zu lösen und sie endgültig in den Abgrund zu stürzen.
"Nein!", schrie Susanne in höchster Verzweiflung.
Das Geräusch schneller Schritte ließ Christiane sich umdrehen. Wilfried lief im Laufschritt durch die offenstehende Gittertür. Er rannte auf die Fallgrube zu.
"Susanne!", rief er.
"Wilfried! Hier bin ich!", schrie die Baroness in höchster Verzweiflung.
Nur noch Augenblicke würde sie sich mit der Kraft ihrer Hände halten können. Und selbst diese kurze Zeitspanne konnte sich noch dadurch verkürzen, dass Christiane sie einfach in die Tiefe stürzte.
Christiane blickte Wilfried entgeistert an.
Wilfried blickte hinab in die Fallgrube. Er sah Susannes verzweifelten Blick.
"Ich kann nicht mehr!", rief Susanne.
Wilfried schnellte vor, wollte sich niederbeugen, um Susanne seinen Arm entgegenzustrecken. Aber Christiane stellte sich ihm in den Weg.
"Lass mich vorbei!", rief dieser. Er ergriff sie bei den Schultern, um sie zur Seite zu schieben. Er wusste, dass jede Sekunde zählte.
"Lass sie sterben! Sie hat den Tod verdient!", rief Christiane mit verzerrter Stimme.
Christiane versuchte, sich Wilfrieds Griff zu entwinden.
Sie stieß ihn von sich, setzte dabei alles ein, was sie an Kraft mobilisieren konnte und schaffte es tatsächlich Wilfrieds festen Griff abzuschütteln.
Sie taumelte zurück, versuchte verzweifelt das Gleichgewicht zu halten und stolperte dann rückwärts in die offene Fallgrube. Mit einem Schrei verschwand sie in dem finsteren Abgrund.
Susanne schlug der Puls bis zum Hals.
Ihre Kräfte waren erschöpft.
Ihre Finger fanden an der glatten Kante nicht länger halt.
Sie spürte, wie sie abrutschte. Langsam, aber unaufhaltsam.
Ihr Atem ging schneller.
Sollte es wirklich so sein, dass auch sie dort unten, in dem düsteren Schlund ihr kaltes Grab fand?
Und dass, kurz bevor die Rettung möglich gewesen wäre?
So hätte Christiane am Ende doch noch triumphiert...
Dann verloren Susannes Finger den Kontakt mit der Steinkante...
Jetzt ist es aus, dachte Susanne.
Da spürte sie einen Augenaufschlag später einen festen Griff um ihr linkes Handgelenk.
Sie blickte hinauf. Wilfried kniete am Rand der Fallgrube.
Seinem Gesicht war die Anstrengung anzusehen. "Du musst durchhalten!", rief er. "Hörst du?"
"Ja..."
Und dann begann Wilfried, sie Stück für Stück emporzuziehen. Susanne half dabei so gut es ging mit. Ihr erschien es, als würde es eine Ewigkeit dauern, bis sie endlich oben angelangt war.
Erschöpft sank sie in Wilfrieds Arme. Er strich ihr über das Haar und ersuchte sie zu beruhigen.
"Es ist jetzt alles vorbei", sagte er.
"Es war so schrecklich!", schluchzte Susanne.
"Ja, ich weiß..."
"Ich habe dir großes Unrecht getan, Wilfried. Erst hier, im Verlies, habe ich erkannt, dass Christiane all das eingefädelt hat, was sie dir zu Last legte..."
Wilfried nickte.
"Sie war ein verwirrter Geist", sagte er ruhig.
Susanne sah ihren Liebsten an. "Christiane hat Lisa umgebracht. Genau hier, an diesem Ort. Sie hat es mir selbst gestanden..."
"Komm", sagte Wilfried und half Susanne auf die Beine. Sie warf einen kurzen Blick in die Tiefe. Nichts war dort zu sehen, außer Finsternis.
"Ich habe Christiane einiges zugetraut, aber nicht das", gestand Wilfried dann. Er sah Susanne in die Augen. "Ich hoffe, jetzt wird alles gut, Susanne." Sie schmiegte wortlos den Kopf an seine Schulter und Wilfried legte den Arm um sie.
"Lass uns diesen furchtbaren Ort verlassen", murmelte Susanne.
23
Es gab eine polizeiliche Untersuchung der Ereignisse auf Schloss Eichenbach.
Unter anderem kamen die Tagebücher der Komtesse Christiane von Buchenberg-Selm dabei zu Tage, in denen sie akribisch über alles Buch geführt hatte.
Über Lisas Tod berichtete sie ebenso ausführlich wie über ihre Pläne, was Susanne anging.
Unsterblich war sie in Wilfried verliebt gewesen und mit ihrer wahnhaften Eifersucht hatte sie jede Frau verfolgt, die sich den Platz an der Seite des Fürstensohnes zu erobern drohte.
Lisa Reindorfs Überreste wurden geborgen und der Familie übergeben.
Christiane von Buchenberg-Selm wurde in aller Stille in der Familiengruft beigesetzt.
Die Tage gingen dahin.
Es brauchte eine Weile, bis Susannes Stimmung sich wieder