Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte. Pete HackettЧитать онлайн книгу.
hat Dooley erschossen. Winslow wurde verhaftet und in die Stadt gebracht. Bist du in Ordnung, Harrison?“
Die Nachricht von Dooleys Tod hallte durch Harrisons Bewusstsein wie höllisches Geläut. Es wollte ihm nicht in den Kopf. Ächzend entrang es sich ihm: „Gütiger Gott, Dooley ist tot? Dexter hat ihn erschossen! Dieser verdammte Bastard! Er hat Dooley abgeknallt, nachdem dieser meinen Platz am Fenster einnahm ...“
Seine Stimmbänder versagten. Denn plötzlich spürte Harrison etwas, das stärker war als alle Erschöpfung und Schmerzen, die ihn quälten: Hass, grenzenlosen Hass. Er kam in rasenden, giftigen Wogen und überwältigte ihn.
„Komm ins Haus, Harrison“, rief nun eine Frauenstimme. Sie gehörte Kathy, Walkers Frau.
Es gelang Harrison, seinen Hass auf Dexter zu unterdrücken. „Ich bin verwundet, außerdem sitzen mir Dexter und seine Reiter im Genick!“, rief er und humpelte auf das Haus zu. „Ich will euch auch keine Umstände oder Ärger bereiten. Aber ich brauche eure Hilfe.“
Knarrend wurde die Haustür aufgezogen. Ben Walker trat ins Mondlicht. Der Hund fiepte leise. Die beiden Männer trafen aufeinander. „Leg deinen Arm um meine Schultern“, murmelte Walker. „Ich helfe dir ins Haus.“
„Sattle mir ein Pferd, Ben, gib mir außerdem ein Gewehr und Munition und Proviant für ein paar Tage. Ich bezahle dir alles, wenn ich meine Unschuld bewiesen habe und wieder auf meine Ranch zurück kann.“
„Du kriegst alles, was du brauchst. Jetzt komm erst mal ins Haus. In deinem Zustand kippst du nach einer Meile aus dem Sattel.“
Kathy erwartete sie mit einer Laterne in der Hand unter der Tür. In der Küche drückte Walker Harrison auf einen Stuhl. Harrison zitterte leicht. Es war nicht zu erkennen, ob aus Schwäche und Erschöpfung oder Hass auf Flint Dexter. Tiefe Linien zogen sich von seinen Nasenflügeln bis zu seinen Mundwinkeln. Seine Augen glühten wie im Fieber. Er war bleich, scharf zeichneten sich die Backenknochen unter der Haut ab.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren“, murmelte Harrison lahm. „Ich muss fort sein, wenn die Schufte von der B.R. hier aufkreuzen.“
Eine Woge der Benommenheit spülte ihn hinweg und ebbte dann ab. Nur unterbewusst nahm er wahr, dass hinter ihm eine Tür geöffnet wurde. Ein kühler Luftzug streifte ihn. Ein Mann sagte rau:
„Ich verhafte dich wegen Mordverdachts, Harrison. Heb die Hände und unternimm nichts, was mich zwingen würde, abzudrücken.“
Müde drehte Harrison den Kopf. Aus den Augenwinkeln sah er Sheriff Jim Hickock. Drei Männer drängten hinter ihm aus der Tür zum Nebenraum. Sie alle hielten die Colts in den Fäusten.
Ben Walker und Kathy traten zur Seite.
Harrisons Verstand blockierte. „Du hast mich also verraten, Ben“, presste er hervor, und das war alles, was er an Reaktion zeigte.
*
Jim Hickock baute sich vor Harrison auf. Jemand zog ihm den Colt aus dem Holster. Nachdenklich musterte ihn der Gesetzeshüter. Plötzlich sagte er zu einem der anderen Männer: „Geh hinaus, Matt, und pass ein wenig auf. Ich will nicht, dass uns Dexter und sein schießwütiger Anhang eine böse Überraschung bereiten.“
Der Mann verließ das Haus.
„Nun zu dir, McQuinn. Ich weise dich darauf hin, dass alles, was du jetzt sagst, vor Gericht gegen dich verwendet werden kann. Erzähle uns, was geschah, als du auf der Bancroft-Ranch ankamst.“
Kathy Walker mischte sich ein. Sie sagte: „Sie versprachen, fair zu Harrison zu sein, Sheriff. Er ist verwundet, hat wahrscheinlich viel Blut verloren und ist sicher nicht im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte. Lassen Sie mich seine Wunde versorgen, und geben Sie ihm die Zeit, die er benötigt, um wieder klar denken zu können.“
Harrisons Kinn war auf die Brust gesunken. Seine Lider flatterten. In seinem Gesicht zuckten die Nerven.
„Meinetwegen“, murmelte der Sheriff und senkte die Hand mit dem Colt. Von Harrison ging im Augenblick keine Gefahr aus. „Hilf deiner Frau, Ben. Hast du Whisky im Haus? Er wird McQuinn auf die Beine bringen.“
Kathy holte Verbandszeug und eine Flasche Brandy. Ben schlitzte mit einem Messer das Hosenbein Harrisons auf. Die Kugel hatte den Oberschenkel glatt durchschlagen, ohne ein lebensnotwendiges Gefäß zu zerfetzen. Der Knochen war unverletzt geblieben. Es war eine schmerzhafte und stark blutende Wunde, im Grunde aber war sie harmlos.
„Warum, Ben?“, fragte Harrison mit schwacher, verlöschender Stimme, als sich Walker über ihn beugte, um die Wunde in Augenschein zu nehmen.
Ben Walker richtete sich auf. Er legte Harrison die rechte Hand auf die Schulter. Kathy legte eine Kompresse auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen. Als sie Brandy zur Desinfektion darüberschüttete, stöhnte Harrison auf. Ben sagte kehlig: „Nachdem dich Bancroft im Saloon mit Hilfe der B.R.-Strolche brutal zusammengeschlagen hatte, kamst nur du als sein Mörder in Frage, Harrison. Und als du dich mit Pulverdampf und Blei deiner Verhaftung widersetzt hast, war das nicht dazu angetan, dir deine Geschichte von dem unbekannten Dritten, der vor dir auf der Bancroft-Ranch gewesen sein soll, abzukaufen. Kathy und ich glauben nicht an deine Schuld. Auch Hickock ist nicht mehr davon überzeugt. Es gibt eine Reihe von Ungereimtheiten. Und der Sheriff versprach, alles zu tun, um Licht in das Dunkel um den Mord an Bancroft zu bringen. Bist du unschuldig, dann wird er es herausfinden.“
„Du wärst chancenlos gewesen, Harrison“, pflichtete Kathy bei, während sie eine neue Kompresse auflegte und begann, Harrison einen Verband anzulegen. „Sie hätten dich als Geächteten gehetzt und am Ende getötet. Unter den Mordfall Bancroft wäre ein Schlusspunkt gesetzt worden, denn Bancrofts Tod würde in den Augen aller gesühnt sein. Ben und ich wollten, dass du eine echte Chance bekommst. Und die kriegst du nur, wenn die Aufklärung der Bluttat von kompetenter Seite betrieben wird.“
„Sie hat recht“, murmelte der Sheriff. „Solange du dich in meinem Gewahrsam befindest, McQuinn, kann dir niemand ein Haar krümmen. Wenn du aber als Geächteter durchs Land ziehst, darf dir jeder ohne jede Vorwarnung heißes Blei servieren. – Mein Wort drauf, McQuinn: Ich werde nicht ruhen, bis der Mord aufgeklärt ist. Ich werde mich allerdings auch nicht scheuen, dich anzuklagen, falls ich zu der Erkenntnis gelange, dass nur du als Mörder in Frage kommst.“
Kathy Walker war fertig. Harrison trank einen Schluck von dem Brandy. Hickock hatte seine beiden letzten Begleiter hinausgeschickt, um die Pferde zu satteln. Das Pferd für Harrison stellte Walker zur Verfügung. Matt, der Mann, der aufpassen sollte, dass die Kerle von der B.R.-Ranch ihnen keine unliebsame Überraschung bereiten konnten, kam herein und berichtete: „Einmal vernahm ich in der Nähe Hufschlag. Aber wahrscheinlich rochen Dexter und sein Verein Lunte und verzogen sich. Sicher fürchteten sie unbequeme Fragen, nachdem sie dich angelogen haben, Jim. Ich denke, Big John und seine Kettenhunde harren jetzt der Entwicklung der Dinge. Sie werden erst wieder auf den Plan treten, wenn sich die Sache mit McQuinn anders entwickelt als sie es sich ausmalen.“
Draußen wieherte ein Pferd.
Harrison würgte nach wie vor an seiner Enttäuschung. Er fühlte sich körperlich wieder besser, und auch die Benommenheit, die Blutverlust und Erschöpfung nach sich zogen, ebbte ab. Irgendwie, das spürte er, meinten es Ben und Kathy Walker ehrlich. Auch Jim Hickock, der Sheriff, schien nicht darauf aus zu sein, ihm einen Strick zu drehen. Aber in Sicherheit konnte er sich nicht wiegen. Es waren schon viele Unschuldige gehängt worden in diesem Land. Er selbst konnte nichts mehr tun, wenn er im Jail saß. Sein Schicksal lag in fremden Händen. Und das beunruhigte ihn.
Ein Mann meldete, dass die Pferde gesattelt seien. Ben Walker half Harrison in die Höhe. Harrison stützte sich schwer auf ihn. Ben geleitete ihn hinaus und half ihm aufs Pferd. „Deine Unschuld wird sich herausstellen, Harrison“, sagte Ben mit fester, präziser Stimme. „Und der wahre Mörder wird hängen. Vertrau auf den Sheriff.“
Dann ritten sie von der Ranch.
*
Schon zwei Wochen später fand die Verhandlung statt.