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Die Stadt der Sehenden. Жозе СарамагоЧитать онлайн книгу.

Die Stadt der Sehenden - Жозе Сарамаго


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Tröpfchen für Tröpfchen, du kannst nicht einfach mit einem überquellenden Krug weißer Stimmen ankommen, deshalb ist auch der Henkel abgebrochen, haben wir es doch geahnt, dass an diesem Henkel etwas verdächtig war, und wenn das, was eigentlich viel aufnehmen könnte, sich stets mit wenig zufrieden gegeben hat, dann ist das wirklich eine lobenswerte Bescheidenheit, du hast verloren, weil du zu ehrgeizig warst, du dachtest, du könntest zum Königsstern aufsteigen, stattdessen bist du kopfüber in die Dardanellen gestürzt, weißt du noch, das Gleiche haben wir über den Innenminister gesagt, aber der gehört einem anderen Menschenschlag an, dem der Machos, der Männlichen, der Dickhäutigen, die den Nacken nicht beugen, mal sehen, wie du dich jetzt von diesem Lügenjäger befreist, was für verräterische Spuren deines großen und kleinen Elends du auf dem mit Kaliumjodid und Stärke getränkten Papierstreifen hinterlässt, du, der du dich für etwas Besonderes gehalten hast, musst nun erkennen, worauf die viel beschworene höchste Menschenwürde reduziert werden kann, nämlich auf ein feuchtes Stück Papier.

      Nun, ein Polygraph ist keine Maschine, die mit einer hin- und herspringenden Schallplatte ausgestattet ist und uns je nach Lage der Dinge sagt, Der Typ hat gelogen, Der Typ hat nicht gelogen, wäre dem so, dann wäre nichts leichter, als Richter zu sein, als zu verurteilen und freizusprechen, die Polizeidienststellen würden ersetzt werden durch Institute für angewandte mechanische Psychologie, die Rechtsanwälte, die ihre Klienten verloren hätten, ließen in ihren Notariaten die Rollläden herunter, die Gerichte blieben den Fliegen überlassen, bis sich eine andere Verwendung für sie fände. Ein Polygraph, wollten wir sagen, schafft nichts ohne Hilfe, er braucht einen ausgebildeten Techniker an seiner Seite, der die auf dem Papier aufgezeichneten Linien interpretiert, was jedoch nicht heißen soll, dass besagter Techniker ein Kenner der Wahrheit ist, er weiß lediglich das, was er vor Augen hat, nämlich dass die Frage, die dem unter Beobachtung stehenden Patienten gestellt wurde, eine allergographische Reaktion ausgelöst hat, wie wir es neumodisch nennen könnten, oder, in eher literarischen, indes nicht weniger phantasievollen Worten, eine Zeichnung der Lüge. Etwas käme aber doch dabei heraus. Zumindest könnte man eine erste Auswahl treffen, die Spreu vom Weizen trennen und diejenigen, die endlich reingewaschen wären, die auf die Frage, Haben Sie weiß gewählt, ohne Widerspruch der Maschine mit Nein geantwortet hatten, in die Freiheit, in das Familienleben entlassen und die Einrichtungen dadurch entlasten. Den anderen, deren Gewissen mit einem Fehlverhalten bei der Wahl belastet wäre, würde weder der Rückzug ins Geistige nach Art der Jesuiten noch die spirituelle Versenkung nach Art der Zen-Buddhisten etwas nützen, unbarmherzig und unsensibel würde der Polygraph sofort jede Lüge erkennen, ganz gleich, ob sie leugneten, weiß gewählt zu haben, oder behaupteten, diese oder jene Partei gewählt zu haben. Denn man überlebt günstigstenfalls eine Lüge, nicht aber zwei. Doch ob Ja oder Nein, der Innenminister hatte angeordnet, dass vorläufig niemand in die Freiheit entlassen werde, ganz gleich, wie die Prüfung ausfalle, Lasst sie noch dort, man kann nie wissen, wie weit die Bosheit des Menschen reicht, sagte er. Und er hatte Recht, dieser Teufel. Nach vielen hundert Metern gestrichelten, bekritzelten Papiers, auf dem die Seelenängste der observierten Subjekte aufgezeichnet waren, nach hundertfach wiederholten Fragen und Antworten, stets denselben, stets gleich formuliert, fiel ein Geheimdienstagent, ein relativ junger Mann, der mit den Versuchungen des Lebens noch nicht so vertraut war, mit der Unschuld eines neugeborenen Lamms auf die Provokation einer jungen, hübschen Frau herein, die gerade am Lügendetektor getestet und als lügnerisch und falsch eingestuft worden war. Da sagte diese Mata-Hari, Diese Maschine weiß nicht, was sie tut, Wieso weiß sie nicht, was sie tut, fragte der Agent und vergaß ganz, dass Gespräche bei der ihm anvertrauten Arbeit nicht vorgesehen waren, Weil es in dieser Situation, in der wir alle unter Verdacht stehen, schon genügt, das Wort Weiß auszusprechen, einfach so, ohne die Absicht herauszufinden, ob die betreffende Person gewählt hat oder nicht, um negative Reaktionen, Aufregung, Ängste bei ihr auszulösen, selbst wenn die Testperson die Unschuld selbst ist, Das glaube ich nicht, da kann ich Ihnen nicht zustimmen, erwiderte der Agent selbstsicher, wer ein reines Gewissen hat, wird nichts anderes als die Wahrheit sagen und daher auch problemlos den Polygraphentest bestehen, Wir sind keine Roboter und auch keine sprechenden Steine, Herr Agent, sagte die Frau, in jeder menschlichen Wahrheit liegt etwas Beängstigendes, etwas Beunruhigendes, wir sind, und damit meine ich nicht nur die Vergänglichkeit des Lebens, so etwas wie eine kleine, flackernde Kerze, die jeden Augenblick erlöschen kann, und wir haben Angst, haben in erster Linie Angst, Da täuschen Sie sich, ich habe keine Angst, ich wurde darauf getrimmt, die Angst in jeder Lebenslage zu überwinden, und außerdem bin ich von Natur aus nicht ängstlich, war es nicht einmal als Kind, erwiderte der Agent, Wenn das so ist, warum machen wir dann nicht ein kleines Experiment, schlug die Frau vor, Sie lassen sich an die Maschine anschließen, und ich stelle die Fragen, Sie sind ja verrückt, ich bin ein Vertreter der Staatsmacht, Sie sind die Verdächtige, nicht ich, Also haben Sie doch Angst, Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass ich keine Angst habe, Dann lassen Sie sich doch an die Maschine anschließen und zeigen mir, was ein Mann und seine Wahrheit ist. Der Agent sah die lächelnde Frau an, er sah den Techniker an, der bemüht war, sein Lächeln zu unterdrücken, und sagte, Na schön, ein Mal ist kein Mal, ich lasse mich auf das Experiment ein. Der Techniker schloss die Kabel an, schnallte die Riemen fest, legte die Saugnäpfe an, Er ist bereit, Sie können anfangen, wenn Sie wollen. Die Frau atmete tief ein, hielt drei Sekunden die Luft an und stieß dann unvermittelt das Wort Weiß aus. Es war noch gar keine Frage, nur ein Ausruf, doch die Nadeln schlugen aus, strichelten das Papier. In der darauf folgenden Pause kamen die Nadeln nicht vollständig zur Ruhe, sie vibrierten weiter, hinterließen kleine Striche, wie Wellen, ausgelöst durch einen ins Wasser geworfenen Stein. Diese Striche betrachtete die Frau, nicht den angebundenen Mann, und fragte dann, den Blick wieder auf ihn gerichtet, in sanftem, fast zärtlichem Ton, Sagen Sie mir bitte, haben Sie weiß gewählt, Nein, ich habe nicht weiß gewählt, ich habe noch nie weiß gewählt und werde auch nie im Leben weiß wählen, antwortete der Mann energisch. Die Nadeln bewegten sich schnell, hektisch, heftig. Erneute Pause. Und, fragte der Agent. Der Techniker zögerte mit der Antwort, der Agent insistierte, Und, was sagt die Maschine, Die Maschine sagt, dass Sie gelogen haben, antwortete der Techniker verwirrt, Das ist unmöglich, schrie der Agent, ich habe die Wahrheit gesagt, ich habe nicht weiß gewählt, ich bin ein Agent des Geheimdienstes, ein Patriot, der die Interessen der Nation verteidigt, die Maschine muss kaputt sein, Sie müssen sich nicht aufregen oder rechtfertigen, sagte die Frau, ich glaube Ihnen, dass Sie die Wahrheit gesagt haben, dass Sie nicht weiß gewählt haben und auch nie weiß wählen werden, aber darum ging es ja auch gar nicht, ich wollte Ihnen nur demonstrieren, und das ist mir gelungen, dass wir uns auf unseren Körper nicht allzu sehr verlassen können, Es war Ihre Schuld, Sie haben mich nervös gemacht, Natürlich war es meine Schuld, schuld war die verführerische Eva, aber uns fragt doch auch niemand, ob wir nervös sind, wenn man uns an dieses Maschinchen anschließt, Was euch nervös macht, ist die Schuld, Mag sein, aber dann erklären Sie doch mal Ihrem Chef, warum Sie, der Sie mit unseren Vergehen absolut nichts zu tun haben, sich hier wie ein Schuldiger verhalten haben, Ich muss meinem Chef gar nichts erklären, was hier passiert ist, ist nie geschehen, antwortete der Agent. Dann wandte er sich an den Techniker, Geben Sie mir dieses Papier, und denken Sie daran, absolutes Stillschweigen, wenn Sie nicht bereuen wollen, dass Sie auf die Welt gekommen sind, Keine Sorge, meine Lippen sind versiegelt, Ich werde auch nichts sagen, fügte die Frau hinzu, aber erklären Sie doch wenigstens Ihrem Minister, dass die ganzen Tricks nichts gebracht haben, dass wir alle weiterlügen werden, wenn wir die Wahrheit sagen, dass wir weiterhin die Wahrheit sagen werden, wenn wir lügen, so wie er, so wie Sie, und jetzt stellen Sie sich mal vor, ich hätte Sie gefragt, ob Sie mit mir ins Bett gehen wollen, was hätte die Maschine da wohl geantwortet.

      

      Der Lieblingsausspruch des Verteidigungsministers, Ein Tiefschlag gegen das System, teilweise inspiriert durch einen unvergesslichen halbstündigen U-Boot-Ausflug in ruhigen Gewässern, gewann zunehmend an Gewicht, als sich die Pläne des Innenministers trotz des einen oder anderen kleinen Erfolgs, unbedeutend jedoch im Gesamtkontext, als ungeeignet für die Erreichung des Kernziels herausstellten, welches lautete, die Hauptstadtbewohner oder, präziser, die Degenerierten, die Übeltäter, die subversiven Weißwähler zu bewegen, ihren Irrtum einzugestehen und um die Gnade und zugleich Buße eines neuen Wahlgangs zu flehen, bei dem sie zuhauf angeströmt kämen, um ihre aus einer


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