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Die Stadt der Sehenden. Жозе СарамагоЧитать онлайн книгу.

Die Stadt der Sehenden - Жозе Сарамаго


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da er nicht die Nerven hat, auf die Schnelle etwas zu erfinden, aus der Affäre zieht, indem er seine Untergebenen auffordert, sich zu äußern, was, wie wir ebenfalls wissen, eine andere, moderne Art ist, den Chef zu spielen. Die Wahlvorstandsmitglieder und Parteienvertreter, mit Ausnahme des Vertreters der PDL, der in Ermangelung eigener Neuigkeiten nur zuhörte, erklärten, dass ihre Familienangehörigen keine Lust hätten, nass zu werden, und lieber darauf warteten, dass der Himmel endlich aufklarte und das Volk zum Wählen animierte, oder dass sie, wie die Frau des Schriftführers, ohnehin vorgehabt hätten, am Nachmittag wählen zu gehen. Der Wahlhelfer von der Tür wirkte als Einziger zufrieden, man sah seinem gefälligen Gesichtsausdruck an, dass er auf seine Verdienste stolz sein konnte, was in Worte übersetzt Folgendes ergab, Bei mir hat niemand abgenommen, und das kann nur bedeuten, dass sie bereits unterwegs sind. Der Wahlvorsteher setzte sich auf seinen Platz, und das Warten begann von neuem.

      Eine knappe Stunde darauf erschien endlich der erste Wähler. Entgegen der allgemeinen Erwartung und zum Bedauern des Wahlhelfers von der Tür war es ein Unbekannter. Er stellte den triefnassen Regenschirm am Eingang ab und trat, mit einem nass glänzenden Plastikregencape und Gummistiefeln bekleidet, an den Tisch. Mit einem Lächeln auf den Lippen hatte der Wahlvorsteher sich erhoben, dieser Wähler, ein Mann in fortgeschrittenem Alter, indes noch rüstig, kündigte die Rückkehr zur Normalität an, zur üblichen Schlange pflichtbewusster Bürger, die langsam und ohne Ungeduld vorwärts schritten und sich der außerordentlichen Bedeutung dieser Kommunalwahlen bewusst waren, wie der PDR-Vertreter es ausgedrückt hatte. Der Mann reichte dem Wahlvorsteher seinen Personal- und Wählerausweis, dieser las mit zitternder, regelrecht glücklicher Stimme Ausweisnummer und Name des Besitzers vor, die für das Ankreuzen zuständigen Wahlhelfer blätterten die Wählerverzeichnisse durch, wiederholten, als sie sie gefunden hatten, Namen und Nummer und machten ihr Kreuz, anschließend ging der Mann, noch immer triefend, mit seinem Stimmzettel in die Wahlkabine, kam kurz darauf mit dem doppelt gefalteten Zettel wieder, reichte ihn dem Wahlvorsteher, der ihn mit feierlicher Miene in die Urne steckte, der Mann erhielt seine Papiere zurück und ging hinaus, den Regenschirm in der Hand. Der zweite Wähler tauchte erst zehn Minuten später auf, doch von da an fielen die Stimmzettel regelmäßig, wenngleich tröpfchenweise und ohne große Begeisterung in die Urne, wie Herbstblätter, die sich nur langsam von den Zweigen lösen. Sosehr der Wahlvorsteher und die Wahlhelfer auch die einzelnen Schritte der Wahl in die Länge zogen, es wollte sich einfach keine Schlange bilden, es waren höchstens drei bis vier Personen, die anstehen mussten, und aus drei bis vier Personen lässt sich, sosehr diese sich auch anstrengen, nie im Leben eine Schlange bilden, die diesen Namen auch verdient. Ich hatte doch Recht, bemerkte der PDM-Vertreter, die Zahl der Nichtwähler wird immens sein, absolut extrem, und danach wird es nur Uneinigkeit geben, die einzige Lösung wird sein, die Wahl zu wiederholen, Vielleicht lässt der Sturm ja nach, sagte der Wahlvorsteher mit Blick auf die Uhr und murmelte, als wollte er beten, Es ist fast zwölf. Entschlossen stand der, dem wir den Namen Wahlhelfer von der Tür gegeben haben, auf, Wenn Sie gestatten, Herr Wahlvorsteher, sehe ich mal nach dem Wetter, jetzt, wo wir niemanden zum Wählen hier haben. Es dauerte nur einen Augenblick, mit dem linken Fuß war er losgegangen, mit dem rechten wieder zurückgekehrt, und glücklich verkündete er die gute Nachricht, Es regnet kaum noch, und der Himmel klart schon ein wenig auf. Es fehlte nicht viel, und Wahlvorstand und Parteienvertreter hätten in einer Umarmung zusammengefunden, doch die Freude war nur von kurzer Dauer. An dem gleichförmigen, tröpfelnden Eintreffen der Wähler änderte sich nichts, es kam einer, es kamen zwei, es kamen die Frau, die Mutter und eine Tante des Wahlhelfers von der Tür, es kam der ältere Bruder des PDR-Vertreters, es kam die Schwiegermutter des Wahlvorstehers, die ihren niedergeschlagenen Schwiegersohn ohne den gebührenden Respekt gegenüber der Wahlhandlung wissen ließ, dass ihre Tochter erst gegen Abend käme, Sie will vielleicht noch ins Kino, fügte sie unbarmherzig hinzu, es kamen die Eltern des stellvertretenden Wahlvorstehers, es kamen andere, nicht zu diesen Familien zählende Personen, gleichgültig kamen sie herein, gleichgültig gingen sie wieder hinaus, die Stimmung hob sich erst, als zwei PDR-Politiker und wenige Minuten später einer der PDM erschienen und zur allgemeinen Freude auch noch eine Fernsehkamera aus dem Nichts auftauchte und später ins Nichts zurückkehrte, ein Journalist bat, eine Frage stellen zu dürfen, Wie läuft die Wahl, und der Wahlvorsteher antwortete, Es könnte besser laufen, aber jetzt, da sich das Wetter offensichtlich bessert, wird der Wählerzustrom sicherlich zunehmen, Wir haben in den übrigen Wahllokalen der Stadt den Eindruck gewonnen, dass die Wahlbeteiligung diesmal sehr gering ausfallen wird, bemerkte der Journalist, Ich sehe die Dinge lieber optimistisch, verlasse mich auf den positiven Einfluss des Wetters auf das Wählerverhalten, es braucht nur am Nachmittag nicht zu regnen, und schon haben wir das, was der Sturm uns heute Morgen zu rauben versucht hat, wieder aufgeholt. Der Journalist zog zufrieden von dannen, der Ausspruch war hübsch gewesen und würde zumindest den Untertitel für eine Reportage abgeben. Und da es an der Zeit war, dem Magen etwas Gutes zu tun, teilten sich Wahlvorstand und Parteienvertreter in Schichten ein, um an Ort und Stelle, ein Auge auf das Wählerverzeichnis, das andere auf das Sandwich gerichtet, zu Mittag zu essen.

      Es hatte aufgehört zu regnen, doch nichts deutete darauf hin, dass die patriotischen Hoffnungen des Wahlvorstehers auf eine volle Urne in Erfüllung gehen würden, bedeckten doch derzeit die Stimmzettel kaum deren Boden. Alle Anwesenden dachten das Gleiche, nämlich dass die Wahl bereits ein riesiger politischer Misserfolg war. Die Zeit verging. Die Turmuhr hatte gerade halb vier geschlagen, als die Frau des Schriftführers zum Wählen kam. Ehemann und Ehefrau lächelten sich diskret, doch auch irgendwie verschwörerisch zu, ein Lächeln, das dem Wahlvorsteher einen Stich versetzte, vielleicht war es die schmerzliche Erkenntnis, dass er niemals an einem solchen Lächeln teilhaben würde. Mit irgendeiner Faser seines Körpers, in irgendeinem Winkel seines Geistes schmerzte es ihn immer noch, als er dreißig Minuten später auf die Uhr sah und sich fragte, ob seine Frau wohl tatsächlich ins Kino gegangen sei. Bestimmt taucht sie erst in allerletzter Minute auf, wenn überhaupt, dachte er. Es gibt viele Arten, das Schicksal zu beschwören, und fast alle sind müßig, doch diese hier, eine der gängigsten, nämlich vorsätzlich das Schlimmste anzunehmen in der Hoffnung, dass das Beste eintrifft, könnte ein ernst zu nehmender Versuch sein, nur wird er im vorliegenden Fall nicht zum Erfolg führen, da wir aus äußerst zuverlässiger Quelle wissen, dass die Frau des Wahlvorstehers tatsächlich ins Kino gegangen ist und sich zumindest bis jetzt noch nicht sicher ist, ob sie überhaupt wählen geht. Glücklicherweise bestimmt das bereits früher erwähnte Gleichgewichtsstreben, welches das Universum in den Fugen und die Planeten in den Bahnen hält, dass, wann immer auf der einen Seite etwas weggenommen wird, auf der anderen etwas in Menge, Qualität und Größe annähernd Entsprechendes hinzugefügt wird, und das möglicherweise, damit die Beschwerden über Ungleichbehandlung nicht überhand nehmen. Sonst würde man auch nicht verstehen, weshalb um vier Uhr nachmittags, zu einer Zeit, die nicht früh und nicht spät, nicht Fisch und nicht Fleisch ist, die Wähler, die bis dahin lieber in ihrem stillen Zuhause geblieben waren und die Wahl offen zu ignorieren schienen, plötzlich auf die Straße gingen, die meisten von ihnen eigenständig, andere mit der verdienstvollen Hilfe von Feuerwehrleuten und Freiwilligen, da ihre Wohnorte noch überschwemmt und unbegehbar waren, und alle, alle, die Gesunden wie die Kranken, Erstere eigenständig, Letztere in Rollstühlen, auf Tragen oder in Krankenwagen, wie Flüsse, die einzig den Weg zum Meer kennen, zu ihren jeweiligen Wahllokalen strömten. Die skeptischen oder auch nur misstrauischen Geister, jene, die nur an Wunder glauben, aus denen sie irgendwie Profit schlagen können, werden den Eindruck gewinnen, dass das zuvor erwähnte Gleichgewichtsstreben hier schamlos verfälscht wurde, dass der fiktive Zweifel, ob die Frau des Wahlvorstehers wohl wählen kommt oder nicht, vom kosmischen Standpunkt aus betrachtet in jeder Hinsicht zu unbedeutend ist, um dadurch aufgewogen zu werden, dass in einer der vielen Städte dieser Erde plötzlich Tausende und Abertausende von Menschen jeglichen Alters und sozialer Herkunft beschließen, das Haus zu verlassen, um wählen zu gehen, ohne sich vorher über ihre politischen und ideologischen Differenzen zu verständigen. Wer so argumentiert, vergisst, dass das Universum für die unterschiedlichen Träume und Sehnsüchte der Menschheit nicht nur seine eigenen, befremdlichen Gesetze hat und dass wir zu deren Formulierung lediglich mit den Begriffen beitragen, mit denen wir diese mehr schlecht als recht belegen, sondern dass es diese Gesetze auch allem Anschein nach für Ziele einsetzt, die unser Verständnis übersteigen und von jeher überstiegen haben, und fällt es uns im Augenblick auch schwer, das eklatante Missverhältnis


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