Arizona Gunfighter - 10 Western: Sammelband Januar 2018. Pete HackettЧитать онлайн книгу.
Er blickte den steilen Hang hinab zur Hacienda und beobachtete aufmerksam, was dort vor sich ging. Nicht eine Kleinigkeit entging ihm.
Zunächst war noch der Schein von Lampen zu sehen. In einigen Zimmern des Wohnhauses war noch Licht, desgleichen in den Baracken der Mannschaft.
El Tigre hatte offensichtlich Posten aufgestellt.
Sie patrouillierten mit Winchester-Gewehren auf und ab, warfen ab und zu einen Blick hinaus in die Dunkelheit oder auch hinauf zu den Felsen.
Sollten sie sich Füße plattstehen!, dachte Reilly. Er würde ihnen nicht den Gefallen tun, wie ein angestochener Bulle hinunter zu stürmen.
Er hatte Zeit.
Zumindest bis der Morgen graute.
Langsam ging ein Licht nach dem anderen aus. Reilly registrierte das sehr sorgfältig. Schließlich war nirgends mehr eine Lampe an.
Schattenhaft waren noch die Posten zu sehen, wie sie umhergingen, sich immer wieder umblickend, so als erwarteten sie, dass urplötzlich jemand hinter ihrem Rücken auftauchen konnte.
Reilly wartete noch immer.
Die Aufmerksamkeit dieser Männer würde von Stunde zu Stunde nachlassen und auch die, die sie irgendwann ablösen würden, würden nicht mehr völlig frisch sein.
Es war bereits einige Stunden nach Mitternacht, da hielt Reilly die Zeit endlich für gekommen.
Vorsichtig machte er sich daran, den Hang hinunter zu steigen.
Sein Gesicht drückte Entschlossenheit aus. Er war gekommen, den Tiger zu fangen!
30
Reilly näherte sich dem ersten Posten. Es war ein Mexikaner, der etwas ratlos in die Nacht hinein blickte und den Gewehrlauf mal in diese, mal in jene Richtung schwenkte.
Reilly war bis zu einer Scheune gekommen.
Vorsichtig wagte er einen Blick um die Ecke.
Der Mexikaner näherte sich ihm bis auf eine Entfernung von gut drei Schritt, dann wandte er sich wieder in die andere Richtung.
Es schien ihm wohl, als hätte er dort ein Geräusch gehört, aber das war wohl nichts als Einbildung.
Reilly schlich sich heran und gab dem Mann einen Schlag mit dem Gewehrkolben.
Der Mexikaner brach in sich zusammen und ächzte leise - zu leise allerdings, um einen seiner Kumpanen alarmieren zu können.
Reilly zögerte nicht lange.
Er blickte sich rasch um und taxierte die Umgebung. Er schien unbeobachtet und so zog er den bewusstlosen Wachposten an den Füßen hinter die Scheune.
Den großen, runden Sombrero-Hut nahm er an sich und vertauschte ihn gegen seinen eigenen.
Mit dieser Kopfbedeckung und der Decke um die Schultern, die bei Nacht leicht für einen Poncho gehalten werden konnte, glaubte er, als Mexikaner durchgehen zu können.
Zumindest bei Dunkelheit.
Diese Hunde erwarteten einen Gringo. Einen Mann mit Sombrero würden sie für einen der ihren halten. Zumindest, solange es Reilly gelang, längeren Unterhaltungen aus dem Wege zu gehen.
Aber darauf war er ohnehin nicht sonderlich erpicht.
Reilly warf einen Blick hinüber zum Wohnhaus.
Zwei Dutzend Schritte vielleicht.
Aber am Portal befanden sich zwei Kerle.
Der eine saß in sich zusammengesunken da, das Gewehr wie ein Kind im Arm, den Hut tief ins Gesicht gezogen.
Er schien sich bereits in einer Art Halbschlaf zu befinden.
Der andere allerdings wirkte hellwach. Er stand da, das Gewehr im Anschlag, und schaute sich um. Reilly sah nicht viel mehr als die Umrisse der beiden. Bei dem zweiten leuchtete allerdings eine glimmende Zigarre.
Reilly ging mit sicheren, selbstbewussten Schritten zum Portal des Wohnhauses.
Den Sombrero hatte er heruntergezogen, die Decke um die Schultern und halb über das Kinn und den Mund gewickelt.
Wenige Schritte vor der ersten Stufe des Portals blieb Reilly stehen.
"Ah, die Ablösung!"
"Si, hombre!"
"Wo ist der Zweite? Wer sollte sonst noch mitkommen? Billy? Oder Sanchez?"
"Billy."
"Ja, der braucht immer ein bisschen, bis er aus den Federn kommt. Er wird doch noch kommen, oder?"
"Er kommt."
Der Bewaffnete deutete auf den Mann neben sich.
"Garcia ist ein bisschen eingeduselt. Schick ihn in die Baracke, wenn Billy endlich kommt, ja?"
"Si."
Auf halber Treppe begegneten sie sich kurz und blieben stehen. Reilly glaubte im Sternenlicht ein leichtes Stirnrunzeln bei seinem Gegenüber sehen zu können.
Aber das konnte auch Einbildung sein.
Ihrer beider Gesichter lagen fast völlig im Dunkeln.
Dann ging er davon und Reilly nahm seinen Posten ein, bis er in einer der Baracken verschwunden war.
31
Bis spät in die Nacht hinein hatte Walker an diesen fremden Blaurock denken müssen, der gekommen war, um ihn, El Tigre, zur Strecke zu bringen.
Das hatte ihn nicht zur Ruhe kommen lassen, obwohl er sich hier, auf seiner Hacienda, inmitten seiner Männer, verhältnismäßig sicher fühlen konnte.
Es irritierte Walker zutiefst, dass da jemand war, der ihm offenen Widerstand leistete und keine Furcht zu kennen schien.
Gewöhnlich hatte er es nur mit Angsthasen zu tun, die leicht einzuschüchtern waren. Eine Drohung oder ein paar Dollars genügten, um sie in die eine oder andere Richtung manipulieren zu können.
Reilly war offensichtlich von anderem Kaliber.
Walker hatte in der letzten Zeit selten einen Revolver getragen. Wozu auch? Er hatte seine Männer, die für ihn die Drecksarbeit erledigten.
Und sie machten das ganz hervorragend. Sie waren seine lebenden Waffen, seine verlängerten Arme...
Aber an diesem Abend hatte