Sechs Krimis: Ferienkiller. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
ist gerade eingetroffen“, sagte Tommy. „Er hat sich mit einem Taxi bringen lassen.“
„In Begleitung?“, fragte Jürgen.
„Nein, er ist allein. Offenbar traut er nicht einmal seinen Bodyguards.“
Olli blickte auf die Uhr an seine Handgelenk. „Pünktlich wie die Maurer.“ Er griff in die Innentasche und reichte mir ein Foto, das einen Mann mit Halbglatze zeigte. Name: Azizi, Vorname: Yussuf, stand dazu in fetten Lettern. Darunter waren sämtliche Angaben zur Person aufgelistet, die über das Datenverbundsystem abrufbar waren. „Damit ihr wisst, wie Azizi aussieht!“
„Ich liebe gut vorbereitete Einsätze!“, flachste Rudi.
„Azizi hat den Termin sehr kurzfristig gesetzt“, sagte Jürgen. „Entschuldigung, aber darum ging es vorhin so hopplahopp. Haltet die Augen auf!“
„Keine Ursachen“, meinte ich. „Wenn was dabei herauskommt.“
11
Wir stiegen in den Dienstwagen und fuhren in eine Nebenstraße. Dorthin war der Hinterausgang des PINK BALLS ausgerichtet. Es gab eine Laderampe, um die Anlieferung von Getränken zu erleichtern.
Wir parkten auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor einer Reihe mehrstöckiger Häuser. Ein paar schräge Szene-Lokale gab es hier allerdings auch und in diese Rubrik gehörte das PINK BALLS wohl ebenfalls.
Wir warteten ab.
Die Geräusche aus dem PINK BALLS klingelten uns in den Ohren. Disco-Musik aus den Siebzigern, Stimmengewirr, klirrende Gläser.
Schließlich begann das Gespräch zwischen unseren Kollegen und Yussuf Azizi.
„Guten Tag, Herr Azizi“, sagte Jürgen. „Ich bin Hauptkommissar Jürgen Caravaggio vom BKA und dies ist mein Kollege Kommissar Olli Medina. Hier sind unsere ID-Cards. Sie wollten uns sprechen.“
Yussuf Azizi antwortete erst nach einer kurzen Pause. Offenbar sah er sich die ID-Cards genau an, obwohl ich bezweifelte, dass er überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre, eine Fälschung zu erkennen.
„Ich riskiere gerade mein Leben“, sagte er.
Ich überflog derweil den Datenbank-Ausdruck, den Olli uns gegeben hatte. Dutzendfach war Azizi wegen Drogendelikten, Körperverletzung, Verabredung zu Mord und Geldwäsche angeklagt worden, aber er musste gute Anwälte haben. Anderthalb Jahre Berlin Moabit wegen Steuerhinterziehung und Betrug, das war alles, was ihm die Justiz bisher rechtskräftig hatte nachweisen können.
Da hatten sich wohl ganze Generationen von Staatsanwälten bis auf die Knochen blamiert.
Azizi gehörte zu der Sorte Gangster, die einfach zu clever war, um sich erwischen zu lassen. Cleverness, die sich vor allem dadurch zeigte, dass man die Drecksarbeit möglichst anderen überließ und selbst eine einigermaßen weiße Weste behielt.
„Was wollen Sie?“, fragte Jürgen.
„Ich brauche Ihre Hilfe“, erklärte Azizi.
„Mir kommen die Tränen“, sagte Jürgen kühl. „Am besten, Sie sagen uns klipp und klar, was Sie wollen und wir werden dann sehen, was wir für Sie tun können.“
Azizi sprach in gedämpftem Tonfall. Seine Stimme ging fast im Gewummere des 70er-Jahre-Sounds unter. „Hören Sie zu: Es wird ja wohl nichts Neues für Sie sein, dass im Moment jemand eine blutrote Spur durch Berlin zieht... Und ich habe Grund zu der Annahme, dass ich auch auf der Todesliste stehe!“
„Warum?“
„Dazu will ich nichts sagen.“
„Hängt es damit zusammen, dass die Toten dieser besonderen Serie allesamt hochrangige Mitglieder des Al-Khalili-Syndikats waren und Sie ebenfalls dazu gehören und deshalb befürchten, als einer der nächsten an der Reihe zu sein?“, fragte Jürgen. „In dem Fall müssten Sie allerdings etwas zugeben, was wir schon lange wissen, nur nicht beweisen können: dass Sie nämlich als Captain in der Organisation Abdullah Al-Khalili fungieren.“
„Niemand kann mich zwingen, etwas zu sagen, womit ich mich selbst belaste, oder?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Na also!“
„Vielleicht hätten Sie einen Anwalt mitbringen sollen, Herr Azizi.“
„Es ist mir wirklich verdammt ernst. Ich würde nicht zu Ihnen kommen, wenn mir das Wasser nicht bis zum Hals stünde und...“
Er brach ab.
„Und was?“, hakte Jürgen nach.
„Ich will aussteigen. Ich habe vor drei Jahren geheiratet, meine Frau erwartet ihr zweites Kind und mir ist klar, dass es so nicht weiter geht.“
Jürgen verzog das Gesicht. Er beugte sich etwas vor und sprach in gedämpftem Tonfall weiter. „Aber Ihr Vermögen, dass Sie im Drogenhandel und mit Geldwäsche erwirtschaftet haben, dass wollen Sie behalten, sehe ich das richtig?“
Yussuf Azizi nickte.
„Ich will Sicherheit für mich und meine Familie. Eine neue Identität und so weiter. Und wie Sie schon sagten: Beweisen können Sie MIR gar nichts.“
„Das wird nur was, wenn wir dafür etwas geliefert bekommen.“
„Schon klar.“
„Und was könnte das in Ihrem Fall sein?“, fragte Jürgen. „Sie werden uns schon einiges bieten müssen, sonst wird das wohl nichts.“
Yussuf Azizi zögerte, ehe er nach kurzer Pause schließlich weitersprach. „Sie sind doch an dem Fall Jimmy Talabani dran, oder?“
„Ja.“
„Ich kann Ihnen einiges zu Jimmys Geschäften sagen.“
„Talabani ist tot“, unterbrach Jürgen ihn. „Wir sind an den aktiven Bandenbossen interessiert. Sie wollen wir hinter Gitter bringen. Talabani steht schon vor seinem Richter, aber an Leute wie Abdullah Al-Khalili kommt niemand heran.“
„Ich will Ihnen ja helfen, Kommissar Caravaggio.“
„Da bin ich aber gespannt. Bis jetzt habe ich nämlich den Eindruck, dass da nicht viel mehr als heiße Luft kommt!“
„Da irren Sie sich!“
„Beweisen Sie es.“
Eine weitere Pause entstand.
Yussuf Azizi atmete so heftig, dass man es über die Kragenmikros von Jürgen und Olli sogar in unseren Ohrhörern vernehmen konnte.
„Talabani betrieb als Strohmann eine Import-Export-Firma, die dazu diente, Drogen aus Mittelasien zu importieren. Vor allem Heroin aus Afghanistan, Kirgisien, Usbekistan. Zum Beispiel hat er eine Schiffsladung mit Karussells und Riesenrädern eingeführt.“
„Das Zeug, das man jetzt im Fun Park sehen kann!“
„Ja. Das hohle Gestänge war mit Heroin vollgestopft. Mehrere Tonnen sind mit dieser Ladung importiert worden. Beim Zoll hatte Jimmy seine Leute, die er schmieren konnte.“
„So ähnlich haben wir uns das schon gedacht, nur konnten wir das Jimmy Talabani zu Lebzeiten nie beweisen.“
„Ich soll jetzt Jimmys Geschäfte übernehmen“, erklärte Azizi in einem Tonfall, der eine gewisse Selbstverständlichkeit signalisierte.
„Glückwunsch für Sie. Abdullah Al-Khalili scheint Ihnen zu vertrauen.“
„Abdullah Al-Khalili steht mit dem Rücken zur Wand, weil die Balkan-Leute zum Angriff blasen und uns vom Markt fegen wollen. Da ihr Stoff zu teuer war, haben sie es mit marktwirtschaftlichen Mitteln nicht geschafft, jetzt schicken sie ihre Killer aus. Kein Mensch versteht, weshalb Al-Khalili nicht schon längst massiv zurückgeschlagen hat. Aber der Mann, der sich selbst gerne als den Duce von