Thriller-Doppel: Erwürgt/Mördertränen. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
Man musste zweimal hinsehen, um Linda Curtiz von den über NYSIS zugängliche Fotos wieder zu erkennen. Sie trug nur Slip und T-Shirt. Ihre Arme waren zerstochen.
Die Augen wirkten starr.
Und tot.
„Jesse Trevellian, FBI“, sagte ich und trat näher. „Was tun Sie hier?“
Der Man hob die Hände. „Nicht schießen, ich bin unbewaffnet! James Allison, Mitarbeiter von HELP.“
Milo senkte seine Waffe. „Sie gehören dieser Organisation an, die Drogensüchtigen hilft?“
„Ja, ganz genau.“ Er holte einen Ausweis aus der Tasche, der ihn als Mitarbeiter dieser Organisation auswies. Außerdem hatte er einen Führerschein bei sich, der in Ordnung war und dessen Angaben mit den Angaben auf dem HELP-Ausweis übereinstimmten. Ich sah mir beide Dokumente eingehend an und gab sie Allison anschließend zurück. „In diesem Fall bin ich zu spät gekommen...“
„Sie kannten Miss Curtiz gut?“, fragte ich.
„Wie man es nimmt. Sie hat an einem unserer Entziehungsprogramme teilgenommen. Ich habe sie ab und zu besucht, um zu sehen, wie sie zurechtkommt. Crack, Heroin, Speed... Linda gehörte zu denjenigen, die alles Mögliche durcheinander nehmen. Da ist die Entgiftung besonders schwierig. Aber sie war seit einem halben Jahr clean und hatte sogar einen Job hier in der Nähe in einem Supermarkt. Aber offenbar war das nicht genug Halt für sie. Jedenfalls hat sie wieder angefangen, was zu nehmen und sich einen goldenen Schuss gesetzt.“ Er sah mich prüfend an. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und auf der Stirn bildete sich eine tiefe Furche. „Seit wann interessiert sich das FBI für eine einfache Drogentote?“
„Sie soll die Freundin von Monty Gordon gewesen sein.“
„Ja, aber das ist lange her“, sagte Allison.
„Der Name Monty Gordon scheint Ihnen auch etwas zu sagen“, stelle ich fest.
Allison lachte heiser. „Wem nicht? Schließlich soll er die mächtigste Gang der Gegend anführen.“
„Die ‚Spiders’.“
„Widerliche Typen. Handeln mit Drogen und brechen jedem die Knochen, der ihnen nicht passt.“
„So wie George Nelson Rizzo, genannt Neo George.“
„Was ist mit dem?“, fragte Allison ziemlich unwirsch. „Hat ihm jemand sein mieses Crack in den Rachen gesteckt?“
„Er hat ein paar Kugeln und einen Strick um den Hals verpasst bekommen. Wir glauben, dass Monty Gordon und seine ‚Spiders’ etwas damit zu tun haben und hofften eigentlich, durch Linda an Gordon heranzukommen.“
Allison zupfte sich unruhig am Bart und nickte schließlich. „Hier in der Bronx herrscht ewiger Krieg“, erklärte er nach einer kurzen Pause. „Und der Auslöser sind die Drogen. Jeder will das Geschäft für sich haben. Das gilt für Gordons Leute genauso wie für Rizzos Lieferanten, zu denen die Puertoricaner unter Paco Moreno gehören.“
Paco Moreno war der Anführer eines der größten Drogensyndikate an der Ostküste. „Woher wollen Sie so genau wissen, dass Rizzo durch Paco Morenos Organisation beliefert wurde?“, fragte ich.
„Man hört so einiges, wenn man die Ohren immer offen lässt!“, meinte Allison und kicherte daraufhin etwas seltsam. Dann wurde er plötzlich sehr viel ruhiger. „Brauchen Sie mich noch?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, aber vielleicht haben wir später noch ein paar Fragen an Sie.“
„Kein Problem. Aber dann spenden Sie doch auch etwas für unser Therapiezentrum“, gab James Allison zurück und reichte mir eine seiner Karten. „Sie sind nicht zu beneiden, schließlich müssen die Drecksarbeit verrichten – nicht, dass Sie das falsch verstehen, aber so ist es nun einmal.“ Allison schluckte.
Milo telefonierte in der Zwischenzeit bereits mit Lieutenant Alexander vom zuständigen City Police Revier.
„Verstärkung ist unterwegs, außerdem ein SRD-Team“, berichtete er.
15
AM FRÜHEN ABEND TRAFEN wir uns mit einigen unserer Kollegen in der Nähe eines Billard-Lokals, das den Namen ‚The Trap’ trug. Unter den Kollegen, die an diesem Einsatz teilnahmen, waren auch Clive Caravaggio und unser indianischer Kollege Orry Medina sowie die Special Agents Fred LaRocca und Josy O'Leary.
„Wir haben die Wohnung von George Rizzo durchsucht“, wandte sich Clive an mich. Der flachsblonde Italoamerikaner war nach unserem Chef Jonathan D. McKee der zweite Mann in unserem New Yorker Field Office. „Der Computer wird noch untersucht und dasselbe gilt für die Telefonverbindungen.“
„Er hatte ein wahres Waffenlager zu Hause“, ergänzte Orry. „Er hat mit allem gedealt, was verboten ist. Heroin, Kokain oder synthetische Drogen. Wir fanden auch eine Apparatur, mit deren Hilfe er Kokain mit Backpulver aufgekocht und verlängert hat.“
„Crack“, murmelte ich.
„Damit ist der größte Profit zu erzielen, weil in die ‚Steine’ natürlich immer nur ein Bruchteil des eigentlichen Kokains hineingestreut wird!“
„Von wem wurde er beliefert?“, fragte ich.
„Die Kollegen der DEA zählen ihn zum Verteilernetz von Big Paco Moreno, dem aufstrebenden Stern des puertoricanischen Drogensyndikats.“
In diesem Punkt deckte sich die Ansicht unserer DEA-Kollegen offenbar mit Allisons Annahme.
„Und die ‚Spiders’? Ich wette, die bekommen ihren Stoff aus anderer Quelle“, nahm ich an.
Clive nickte. „Big Paco würde die ‚Spiders’ am liebsten aus der Bronx fegen und durch seine eigenen Dealer ersetzen. Das tun er auch – und zwar durch Niedrigpreise. Umgekehrt hat sich das Territorium der Gang innerhalb eines halben Jahres verdoppelt. Zwischen Gordon und Moreno herrscht eine Art Krieg. Wer die Spiders beliefert ist unbekannt, aber es mehren sich die Anzeichen, dass sie nicht in irgendeine feste Syndikatsstruktur eingegliedert sind, sondern sich ihren Stoff nach Marktlage besorgen.“
„Das ist ein riskantes Spiel!“
„Aber es erklärt zumindest teilweise ihre Brutalität.“
„Wurden die beiden anderen Opfer, die wir mit einem Strick aufgefunden haben, nicht auch mit Paco Moreno in Verbindung gebracht?“, fragte ich.
„Ja“, bestätigte Clive. „Und das erhärtet den Verdacht gegen Gordon und die Spiders.“
Damit hatte unser Kollege natürlich Recht. Hinter Paco Moreno stand ein mächtiges Syndikat, das es sich leisten konnte, die Konkurrenz durch Dumping-Preise aus dem Markt zu drängen. Für Gang Leader wie Monty Gordon blieb nur die blanke Gewalt, um sich dagegen zu wehren, wenn sie sich gegen Morenos Organisation behaupten wollten.
Fred LaRocca und Josy O'Learys beobachteten ‚The Trap von außen. Die mit etwas Verspätung eintreffenden Kollegen Jay Kronburg und Leslie Morell postierten sich in der Nachbarstraße so, dass sie den Hintereingang im Blick hatten, während Milo und ich zusammen mit Orry und Clive das Lokal betraten.
Ein breitschultriger Mann mit Ledermütze und Bodybuilderfigur wollte uns