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Diese schrecklich schönen Jahre. Susanne FrohlichЧитать онлайн книгу.

Diese schrecklich schönen Jahre - Susanne  Frohlich


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hörte der Spaß dann für mich wirklich auf. Meine Frauenärztin verschrieb mir ein Hormon-Gel, das ich direkt auf die Haut aufgetragen habe. Eine sehr viel schonendere Vergabe als etwa eine Pille zu schlucken. Das hat super gewirkt. Als es mir besser ging, habe ich es abgesetzt und seitdem nicht mehr gebraucht.“

      Ich würde es genauso machen. Wieso sich lange quälen? Ist doch irgendwie nicht ganz einzusehen, dass uns ein paar Hormonschwankungen das Leben unnötig schwer machen. Weshalb meiner Stimmung keinen Rettungsring zuwerfen, bevor ich vollends zum Trauerkloß mutiere? Corinna habe ich das auch erzählt, nachdem sie gebeichtet hatte, dass sie schon seit Wochen wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausbricht: Weil es regnet, weil sie Kaffee verschüttet, weil Lady Di auf so tragische Weise ums Leben kam. Aber sie glaubt an Baldrian, Melisse, Soja, Rotklee, Traubensilberkerze. Und an die homöopathischen Mittel der Wahl: Sepia, Lachesis, Pulsatilla und Cimicifuga.

      Da wir es mit unserem Körper zu tun haben, würde ich sagen: Was hilft, soll und muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Offenbar lässt sich die Hormonwippe aber auch durch einen Umzug in Balance bringen. Im Ausland, in anderen Kulturen, haben Frauen wesentlich seltener Wechseljahrbeschwerden. In China etwa, in Indien oder in Japan. Sogar in Ostdeutschland leiden die Frauen laut einer Studie weniger als die im Westen. Soja wäre deshalb als Erklärung schon mal raus aus der Argumentationskette. Es gehört nun gerade nicht zu den Grundnahrungsmitteln der Ostdeutschen. (Ist es vielleicht der Broiler? Einen Versuch wäre es wert …) Die Forscher glauben, dass die Unterschiede im Wechseljahrbeschwerden-Empfinden von einer anderen Einstellung zum Thema herrühren. In Kulturen, in denen das Alter als eine Bereicherung angesehen wird, hätten die Frauen eben auch weniger Probleme mit der Umstellung. Ebenso wie dort, wo man die Veränderung als ganz normal akzeptiert.

      Füllige Frauen entdecken nun, wozu all der Speck eigentlich gut ist. Weil auch im Fettgewebe weibliche Hormone gebildet werden, trifft sie die Umstellung oft nicht so hart. Das ist übrigens meine Lieblingstheorie. Ich kann sie nur bestätigen und möchte zum ersten Mal in meinem Leben ein paar Dankschreiben an meine Speckrollen verfassen. Auch Sport kann beim Ausgleichen wahre Wunder wirken. Bevor Sie jetzt die Augen verdrehen: Einfach mal versuchen. Im Unterschied zu früher, als man praktisch noch naturfroh war, merkt man spätestens ab Mitte 40 ein deutliches Stimmungs-Lifting, wenn man sich mal ein paar Runden durch den Park geschleppt oder ein wenig Yoga gemacht hat. Nein, da ist kein Widerspruch zwischen der Freude über die Fettröllchen und Sport Treiben. Da der Stoffwechsel ein Schneckentempo annimmt, lässt sich beides locker miteinander vereinen. Vermeiden kann man trotzdem ein paar Dickmacher: Spiegel, Fotos, Waagen, Shoppingtouren durch Zara, länger neben der Teenagertochter stehen.

      Und noch ein paar Hinweise

       Einmal darüber nachdenken, ob man den Wechseljahren nicht ein wenig viel in die Schuhe schiebt. Oft sind es eben auch die turbulenten Lebensumstände, die einen etwa nachts nicht zur Ruhe kommen lassen.

       Wechseljahre sind nicht die alleinige Ursache für depressive Erkrankungen. Wer unter schweren Verstimmungen leidet, sollte deshalb unbedingt einen Psychotherapeuten konsultieren und sich keinesfalls allein mit der Diagnose „Typisch Menopause“ abspeisen lassen.

       Es gibt gerade in den mittleren Jahren eine Menge Gelegenheiten, umzudenken. Manche behaupten sogar, dass ausgerechnet die Wechseljahre uns Gutes tun. Dass wir gar erst mit ihrer Unterstützung so richtig bei uns selbst ankommen. Klingt ziemlich bescheuert, wenn man sich gerade mal wieder in den Bumerangnebel, den kältesten Ort des Universums (-272 °C), wünscht. Sobald die Hitzewallungen vorbei sind, hat der Gedanke viel Schönes, wie ich finde.

      Mit Zuwachs ist zu rechnen

      „Wieso sind Sie hier?“, fragt mich die Assistentin des bekannten Hautarztes. Fast hätte ich zurückgefragt: „Sind Sie blind?“ Vor ihr sitzt eine Frau mit einem deutlich sichtbaren Problem. Eine mit den Borsten eines Wildschweinrückens auf Kinn, Mundwinkeln, Oberlippe. Eine, die sich zwei harte Wochen lang total zusammengerissen hat, kein Einziges der Übel an der Wurzel zu packen. Sollte man nicht, um das Ergebnis nicht zu gefährden. Gut, man darf sich vorher rasieren. Aber was blieb, war der Bartschatten eines Südeuropäers am frühen Nachmittag. Meine Härchen an entsprechender Stelle will ich mir hier mit dem Lichtschwert der Dermatologie – der Photoepilation – entfernen lassen. Mehrere Wochen wird dieses Verfahren in Anspruch nehmen. Und es soll idealerweise in den Herbst- und Wintermonaten stattfinden. Sonne ist nämlich nicht gut für die gereizte Haut. Ebenso wie Sauna. Aber das ist hier gerade nicht das Problem. „Ich sehe nichts!“, sagt die Sprechstundenhilfe. Braucht sie eine Brille? Hätte ich mir vorher vielleicht Zöpfe aus meinen Kinnhaaren winden sollen? Aber sie meint nur lapidar: „Da haben wir hier ganz andere Kaliber!“ Ja, was denn? Yaks? Gorillas? Offenbar ist mein Fall nicht ernst genug. „Und was ist mit später, wenn ich im Altersheim nicht mal mehr selbst die Pinzette benutzen kann?“ Bis dahin sei noch ausreichend Zeit. Ich könne ja wiederkommen. Am besten mit noch mehr Haaren. Offenbar wird mit Zuwachs gerechnet.

      Es liegt am Testosteron. Es ist wie die anderen Androgene (männliche Hormone) ein natürlicher Bestandteil auch des weiblichen Körpers, wie umgekehrt auch der männliche Körper Östrogen herstellt. Durch die Flaute in der Östrogenproduktion gewinnt nun das Männerhormon die Oberhand und wir könnten praktisch Blind Dates mit uns selbst verabreden.

      Wechseljahr-Tourette

      Manchmal erkennt man sich nicht nur wegen des Bartwuchses nicht wieder. Wo die Androgene das Ruder übernehmen, kommt es bisweilen auch zu weiteren, gravierenden Veränderungen. Eben war man noch als Friedensengel unterwegs, nun wird man plötzlich zum Tier, bloß weil der Weichmacher Östrogen fehlt. Männer sagen jetzt, Frauen fangen an, „zickig“ zu werden. Es fallen auf einmal Sätze, die sie vorher nicht mal gedacht hätten.

      Wo das Östrogen, auch „domestizierendes Hormon“ genannt, geht, da verabschieden sich nämlich jetzt Bescheidenheit, Duldungsstarre, Zurückhaltung. Stattdessen erhält man ein paar waffenfähige Eigenschaften. Solche wie Ehrgeiz, Eigensinn, Entschiedenheit, Explosivität, Durchsetzungsfähigkeit, Wut. Grasten wir eben noch friedlich wie die Lämmer auf den saftigen Weiden unserer Liebe, räumten klaglos die getragenen Socken vom Sofa und das gebrauchte Geschirr vom Frühstückstisch – ein von Östrogen besänftigter Streichelzoo –, halten jetzt alle erst mal die Luft an, wenn wir im Raum sind, nur um die Irre nicht noch mehr zu reizen. So wie die Gäste in der Frankfurter Nobelhotelbar, in der Maria mit ihrem Mann Eberhard nach einer Abendeinladung noch einen Absacker nehmen wollte. Wie früher auch schon häufig, begann der 58-Jährige sofort einen Flirt mit der nächstbesten Frau – der höchstens halb so alten Barkeeperin. Nichts Neues für Maria und bei Weitem nicht die erste Gelegenheit, die er ihr in ihrer 27 Jahre währenden Ehe in Sachen Fremdschämen geboten hatte. Maria war bislang immer zurückhaltend und diplomatisch geblieben. Hatte Contenance bewahrt. Nur nicht an diesem Abend. „Kurz dachte ich darüber nach, ihn wie immer freundlich zum Aufbruch zu bewegen. Aber dann spürte ich etwas, das wie eine Dampfwalze über meine an sich ja ganz guten Manieren hinwegrollte, und hörte mich tatsächlich laut und deutlich sagen: ‚Du arme Wurst! Was glaubst du, wer du bist? Orlando Bloom? Du bist dick, alt und hast Erektionsstörungen. Wenn du nicht bald anfängst, dich altersgemäß zu betragen, kannst du deine Koffer packen!‘ “

      Danach herrschte erst mal eisiges Schweigen. Bis die junge Barkeeperin ganz zart anfing zu applaudieren. Eberhard zischte seiner Frau zu „Du frustrierte Kuh!“ und verließ zügig den Ort seiner Demütigung. „Die Barkeeperin und ich haben dann noch ein, zwei oder auch vier Cocktails getrunken und einen puppenlustigen Abend gehabt. Sie erzählte mir, wie sie das nerve, immer, wie sie sich ausdrückte, ‚von diesen alten Säcken‘ angebaggert zu werden.“ Und Eberhard? Der war erst mal ein paar Tage „stinkebeleidigt“. Aber immerhin flirtet er in Marias Anwesenheit nicht mehr so offensiv mit anderen Frauen. „Er hat Angst, dass ich auch noch seine Prostataprobleme und seine grauen Schamhaare ausplaudere“, lacht Maria. „Er denkt, das sind die Hormone und dass ich derzeit unberechenbar bin. Gut für mich. Schlecht für den Service, den er bislang gewohnt war.“ Und meint dann noch ganz ernst: „Wenn ich gewusst hätte, wie einfach es ist, ihm mehr Respekt beizubringen, hätte ich schon sehr viel früher mal mit der Faust auf den Tisch gehauen.“

      Ist es das, was die Wechseljahrliteratur


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