Deutschland – deine Politiker. Friedemann Weckbach-MaraЧитать онлайн книгу.
die zeigten, wie er mit seiner neuen Frau Brigitte Seebacher (*1946, 26 Jahre jünger als Rut) in der Bonner Beethovenhalle zum Bundespresseball kam. Üblicherweise tragen Damen bei der Gelegenheit vorzugsweise lange Abendkleider. Dagegen erschien die eingetauschte neue Frau Brandt im kurzen Kleid, das viel Bein zeigte. Er strahlte an ihrer Seite verschmitzt in die Kameras. Noch Jahrzehnte später ging die angesehene Fernsehjournalistin Wibke Bruhns darüber hart mit Brandt ins Gericht. Gefragt, ob dieser tatsächlich ein großer Frauenfreund gewesen sei, sagte sie der „Hör zu“ im Februar 2012:
Willy Brandt in der „Express“-Parlamentsredaktion. Rechts mein damaliger Stellvertreter Georg Streiter, wurde 2011 Vizeregierungssprecher in Berlin
Er hat ein Buch geschrieben, „Über den Tag hinaus“, in dem er nicht ein einziges Mal seine Frau Rut erwähnt. Auch die Art, wie er sich getrennt hat nach über 30 Jahren Ehe für diese Ziege … – wie heißt die noch mal?
„Hör zu“: Brigitte Seebacher.
Ja. Nicht zu glauben. Er hatte ein tief gestörtes Verhältnis zu Frauen. Von ihm selbst hörte sich das ganz anders an. Als er im Dezember 1986 in meine Bonner „Express“-Redaktion kam, erzählte uns Brandt – damals SPD-Bundesvorsitzender – über seine neue Ehefrau Brigitte: „Für mich ist es eine große Hilfe, wenn wir miteinander über Geschichte und langfristige Zusammenhänge reden.“
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Freundinnen neben der Ehefrau blieben im Gegensatz zu Scheidungen in der Bonner Republik über Jahrzehnte schlicht tabu. Davon profitierte CSU-Chef und Bundesfinanzminister Theo Waigel8, Katholik wie Zimmermann. Jahrelang hatte Waigel schon die ehemalige Skiläuferin Irene Epple (Olympiazweite 1980, 18 Jahre jünger als Theo Waigel) zur Freundin, aber das war kein Thema für die Öffentlichkeit. Parteiintern schon eher. Mitten im Wahlkampf plakatierte die örtliche CSU nur einen Steinwurf von Waigels Haus entfernt ein riesiges Plakat mit überlebensgroßer Stoiber-Familie. Glücklich strahlten sie in Richtung Waigel, ganz nach dem Motto: Seht her, unsere Familie ist in Ordnung. In der Zeit versprach Waigel gleich reihenweise den stillhaltenden Journalisten in die Hand, jeder würde exklusiv erfahren, wenn es offiziell zu Trennung und neuer Heirat käme.
Die Vorgeschichte blieb so erst einmal in der Schublade: 1988 verließ er die Diplomvolkswirtin Karin Waigel nach 22 Ehejahren. Der Minister lebte allein in seinem Heimatdorf Oberrohr (660 Einwohner), Karin blieb in der Münchner Stadtwohnung, Tochter Birgit (damals 16 Jahre) kam ins Internat.
Waigel als Gast auf meiner Geburtstagsfeier
Am 23. Oktober 1994 erschien Waigel (damals 54 Jahre) um 19.00 Uhr in der Münchner Innenstadt beim Notar. Nach zwei Stunden war der Scheidungsvertrag unterschrieben. In der Folgewoche besiegelte das zuständige Familiengericht in Günzburg die Scheidung. Ergebnis: Der CSU-Chef zahlte seiner Frau einen monatlichen Unterhalt in Höhe von knapp 6.000 D-Mark, statt Abfindung erhielt Karin Waigel die Eigentumswohnung (Schätzwert damals: 550.000 D-Mark) mit Möbeln. Am 26. November 1994 folgte die Hochzeit um 11.00 Uhr im Standesamt der neuen Heimat Seeg im Allgäu. Mit Kohl und Co. Im nächsten Jahr kam der Sohn zur Welt und die drei wurden eine erkennbar glückliche Familie.
Bonner Politiker heiratet seine Ostagentin
1995 erzählte mir mein langjähriger Bekannter Karsten Voigt9 von einer Ost-West-Heirat der besonderen Art – seiner eigenen: Erst hatte die 36-jährige DDR-Journalistin Brigitta Richter jahrelang für den Ostberliner Geheimdienst MfS den damals 54-jährigen Voigt (zu der Zeit außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des NATO-Parlaments) ausspioniert, dann gaben sich beide am ehemaligen Tag der Deutschen Einheit (17. Juni) in Berlin vor dem Standesbeamten das Jawort. Für seine „ganz große Liebe“ aus der DDR hatte er sich nach 20 Ehejahren von der Architektin Inge Voigt scheiden lassen: „Wir haben uns ohne Streit einvernehmlich getrennt. Durch die Politik lebt man sich halt auseinander.“
Oder anderweitig zueinander. Denn bereits Jahre vor dieser Scheidung hatte Voigt seine Neue in Westberlin auf einer Tagung kennengelernt. Ein „Aha-Erlebnis“ (Voigt) mit Folgen. Die beiden telefonierten regelmäßig und trafen sich immer häufiger. Kurz vor dem Fall der Mauer kam sie über Ungarn in den Westen. Voigt: „Ich habe sie damals auf dem Flughafen abgeholt.“
Danach arbeitete sie in seinem Abgeordnetenbüro, später in einer Berliner Werbeagentur. Dass seine neue Geliebte ein Stasi-Spitzel war, sah Karsten Voigt mit „großer Gelassenheit. Natürlich musste sie nach Gesprächen mit mir berichten, sonst hätte sie ja nie mehr ausreisen dürfen. Doch das gehört alles längst der Vergangenheit an.“
Genauso wie die Erinnerung daran, dass der einstige MfS-Führungsoffizier von Brigitta Richter diese beim Verfassungsschutz angeschwärzt hat, Voigt und seine Geliebte von Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) vernommen wurden und am Ende der zuständige Richter wegen „geringer Schuld“ auf Klageerhebung verzichtete. So gab es keine Hindernisse mehr für ihre deutschdeutsche Liebesgeschichte.
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Ganz anders verlief Mitte der 90er Jahre der Frauenwechsel des Rudolf Scharping.10 Der damalige Bundesverteidigungsminister hatte mir wie so oft eine Exklusivgeschichte zugesagt und übrigens wie immer auch eingehalten. Diesmal ging es um sein neues Familienleben.
Seit Monaten gab es Trennungsgerüchte. Zur Klarstellung lud er mich zum gemeinsamen Gespräch mit seiner Noch-Ehefrau Jutta, die ich zuvor mehrmals bei Urlaubsinterviews getroffen hatte. Sein Plan war einfach: „Wir machen eine große Geschichte mit Ihnen und das war es dann. Wir hoffen, dass danach unser Privatleben respektiert wird, und werden uns künftig zu diesem Thema nicht mehr äußern.“ Ein Verfahren, das sich mehrfach bewährt hat, wenn man es einhält.
Wir treffen uns in der gemeinsamen Wohnung in Lahnstein. Rudolf und Jutta Scharping nach 29 Ehejahren: „Ja, wir werden uns trennen und scheiden lassen. Aber es wird keine Schlammschlacht geben. Im Gegenteil. Wir bleiben auch nach der Trennung Freunde.“ Die drei Töchter sind zu dem Zeitpunkt 18, 24 und 26 Jahre alt. Als Grund für ihren Entschluss nennen Rudolf und Jutta Scharping „die Belastung durch die Politik, den Umgang damit und unterschiedliche Lebensperspektiven“. Aber: „Trotzdem werden wir uns auch in Zukunft gegenseitig unterstützen, uns immer wieder sehen, Feste miteinander feiern, denn auch in Zukunft verbinden uns die Kinder, eine große Familie, viele Freunde und die gute gemeinsame Zeit der Vergangenheit. Jeder von uns beiden hat seinen eigenen beruflichen Weg eingeschlagen.“
Auf die Frage nach einem neuen Partner antworten sie gemeinsam: „Eine neue Beziehung ist kein Grund für die Scheidung.“ Zumindest nicht für sie, denn nach unserem Gespräch fuhr Rudolf Scharping für ein paar Tage in Urlaub nach Südfrankreich – und traf sich schon bald immer häufiger mit seiner Neuen.
Erst ein paar Jahre später sickern Gerüchte darüber durch, aber noch kennt niemand den Namen der Neuen. Über Handy rufe ich Scharping in Irland an. Es ist Freitag, der 25. August 2000. Ich habe Sorge, dass mir die Exklusiv-Story im Laufe der nächsten Woche durch die Lappen geht. Denn als Leiter der „BamS“-Parlamentsredaktion brauchte ich die Story nun mal punktgenau zum Sonntag. Das sieht er ein („Ich halte Wort!“) und verkürzt seine Gesprächsrunde mit dem irischen Amtskollegen und den europäischen Sozialdemokraten, beordert seine Challenger der Luftwaffe und verabredet sich mit mir für den folgenden Samstag um elf Uhr am Bonner Flughafen.
Vor dem Gebäude der Flugbereitschaft will ich auf die Panzerlimousine des Ministers warten, doch nichts davon ist in Sicht. Plötzlich sehe ich in einem einsamen roten VW Touran den Mann am Steuer heftig gestikulieren. Er ist es, ganz allein. Ich steige ein und frage, wohin der Fotograf kommen soll: „Später, wir fahren erst einmal los. Er soll in Richtung Taunus fahren, mehr sagen wir ihm unterwegs.“ Mehr Geheimniskrämerei geht nicht. Unterwegs erinnere ich ihn daran, dass am Samstag um 18.00 Uhr normaler