Deutschland – deine Politiker. Friedemann Weckbach-MaraЧитать онлайн книгу.
So kam heraus, dass der damals 50-jährige Oskar seine strohblonde Freundin Christa Müller (damals 37) nach fünf gemeinsamen Jahren in aller Stille standesamtlich geheiratet hatte – mit anschließenden Flitterwochen auf der Karibik-Insel St. Lucia. Zuvor hatte er auf vorsichtige Fragen, ob Christa Müller seine Ehefrau Nummer drei werde, mal mürrisch, mal grinsend geantwortet: „Das geht sie einen feuchten Kehricht an.“ Noch ungnädiger reagierte er nach dem Verlassen von SPD und seiner Christa Müller. Inzwischen zum Star der SED-Nachfolgeorganisation Linkspartei avanciert, erschien die 26 Jahre jüngere Vorzeigefrau der Kommunistischen Plattform immer öfter an seiner Seite. Als der Spiegel 2009 erstmals über eine Affäre Lafontaines mit Sahra Wagenknecht (damals verheiratet mit Filmproduzent Ralph-Thomas Niemeyer) berichtete, reagierte der Ertappte indigniert. Erst im November 2011 bekannte der inzwischen 68-jährige Lafontaine wie beiläufig zum Ende seiner Rede auf dem Linke-Parteitag in Saarbrücken: „Ich lebe seit einiger Zeit getrennt und bin seit einiger Zeit mit Sahra eng befreundet.“ Damit sollte Schluss dieser Debatte sein: „Es ist alles gesagt.“ Bleibt nachzutragen, dass sie am 22. Juni 2012 ganz zu ihm zog, sich dort offiziell anmeldete und von Hochzeit sprach.
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Im Laufe der Jahre veränderte sich die Berichterstattung über dieses Privatthema. Inzwischen musste schon viel geschehen, um damit in die Schlagzeilen zu kommen. Gerhard Schröder15 schaffte das erst im dritten Anlauf. Zunächst war er drei Jahre mit Eva (bis 1971) verheiratet, dann folgten Anne (bis 1983) und Hiltrud (Hillu), die ihm im März 1996 die Koffer vor die Tür stellte. Das war dann eine Schlagzeile wert.
Als Schröder später Kanzlerkandidat wurde, fragten einige Genossen besorgt, ob es im Wahlkampf Probleme mit Schröders Privatleben geben könne. Fraktionschef Peter Struck beschwichtigte damals: „Wir haben auch über sein Privatleben gesprochen, aber das gibt für die Konservativen nichts her. Gerd heiratet ja immer seine Frauen.“ Und tatsächlich kündigte Doris Köpf (*1963) im Juni 1996 an, sie werde voraussichtlich im folgenden Jahr zu ihrem Gerd ziehen.
Kennengelernt hatte sie ihn schon viel früher. Dazu ein kurzer Rückblick auf das Jahr 1987. Im September wurde ich auf die strebsame junge Journalistin aufmerksam. Ihre Arbeit bei der „Bild“-Zeitung ließ bei ihr schon nach wenigen Monaten Wandergelüste aufkommen. Also holte ich sie zum 1. Oktober in meine Parlamentsredaktion des „Express“. Die vielseitig interessierte, mädchenhaft junge, blonde Doris Köpf kniete sich voll in die Arbeit und gewann rasch Kontakte zu Politikern. Früh lernte sie Wolfgang Kubicki (FDP) näher kennen, aber auch Prominente aus der CSU wie Peter Gauweiler und besonders Johnny Klein. Ebenso namhafte CDU-Politiker und Berufskollegen wie Sven Kuntze, den Vater ihrer Tochter. Als ich meine Redaktion zur Hauseinweihung einlud, saß sie abends mit ihm platzsparend auf unserer Kaminbank.
Doris Köpf mit Klaus Töpfer in der „Express“-Parlamentsredaktion
Unter den SPD-Politikern lernte sie schon bald Gerhard Schröder („Gerd“) kennen, den sie 1997 heiratete und mit ihrer Tochter zu ihm zog.
Kurz drauf erklärte sie mir: „Ich habe die SPD-Mitgliedschaft beantragt und erwarte jeden Tag mein Parteibuch, auf das ich mich sehr freue.“ Bekanntlich war es ihr damit ernst, denn 2012 startete sie sogar eine Kariere als Landtagsabgeordnete.
Joschka Fischer als junger Grüner
Mit dieser vierten Heirat kam bei Autofan Schröder spätestens im Jahr seiner Kanzlerwahl 1998 der Spruch auf, dass er nun wie beim Audi-Markenzeichen auf dem Kühlergrill den vierten Ring am Finger habe. Sein Vizekanzler Joschka Fischer16 brachte es bald danach auf die fünf olympischen Ringe. Etwas sparsamer war Franz Müntefering17, kurz Münte genannt, mit seinen Ringen.
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Wie das mit Münte anfing, erfuhr ich erst 2004 auf seiner Wahlkampftour. Es war die Zeit des Sturzflugs der SPD. Im sauerländischen Arnsberg (katholisch, CDU) empfingen gerade mal 68 Bürger, einschließlich Bierzapfer, den hohen Gast aus Berlin auf ihrem Marktplatz. Der regionale Spitzenkandidat Franz-Georg Schröder gab mir seine Visitenkarte. Auf der und auf seinem kleinen Werbe-Smart stand alles Mögliche von „ganz nah dran“ bis zu seinem Namen, aber kein Wort von Sozialdemokratie, nicht einmal das Kürzel SPD. So wollte er dem Abwärtssog der eigenen Schröder-Partei entgehen. Dann setzte auch noch Regen dem Sommerfest ein Ende. Schröder war da vorsichtiger als Münte, kam erst Stunden später in die Schützenhalle von Sundern, um den Genossen weltmännisch Mut zuzusprechen. Münte blieb eher hausbacken, erzählte mal wieder, wie er nach dem Krieg den SPD-Ortsverein „Altes Testament“ gründete, benannt nach der Region aus zwölf Gemeinden. Und das in der Kneipe mit dem beziehungsreichen Namen „Himmel“.
Am Abend wurde es bei diversen Bierchen etwas persönlicher. Christoph Plass beklagte erst seine Probleme mit der Netzhaut, gab sich als ältester Freund von Münte aus und erinnerte an die vergangenen Jahre der engen Gemeinsamkeiten. Ihn beschäftigte immer noch, dass sein Freund „damals“ die Mutter von der eigenen Ehefrau Renate (verheiratet seit 1961) bis zum Ende pflegen ließ und „sich gleichzeitig bereits eine neue Frau gesucht“ habe.
Ende 1980 folgte die Scheidung. 1995 heiratete er seine Freundin Ankepetra, die SPD-Bundestagsmitarbeiterin. Im katholischen Sauerland kam das nicht so gut an. Aber im fernen Berlin erlebten wir ihn nur in erkennbarer Liebe zu seiner zweiten Frau. Dass seine Tochter Mirjam aus erster Ehe ihre Freundin Sabine offiziell heiratete, war nach der Jahrtausendwende schon keine Sensation mehr.
Anhaltender waren da die Schlagzeilen, als sich Münte 2007 immer mehr um seine krebskranke Ankepetra kümmerte und deswegen sogar am 13. November als Arbeitsminister und Vizekanzler zurücktrat. Die Bundeskanzlerin hatte ihm eine Auszeit angeboten. Doch er wollte keine halben Sachen.
Ein klarer Fall von Rücktritt aus Liebe. Am 31. Juli 2008 verstarb seine Ankepetra.
Monate später spielte eine Frau, jünger als seine Tochter, im Leben des Franz Müntefering zunehmend eine Rolle. Sie kannten sich aus der Parteiarbeit mindestens seit 2004.
Als im Mai 2009 das neue Glück des Franz Müntefering durchsickert, erlebe ich reihenweise staunende Genossen wie Peter Struck, die sich fragen, ob das ernst gemeint ist. Die damaligen Daten sind auch bemerkenswert: Münte 69 Jahre, Michelle Schumann 29 Jahre. Aber sie heiraten. Kurz nach den Flitterwochen auf Madeira („Zwei Wochen. Das war der längste Urlaub meines Lebens.“) kommt er Ende Januar 2010 mit seiner Michelle ins Berliner Tempodrom zu Peter Maffay, der zu seinem 60. rockt. Ich frage das junge Paar, wer von beiden der größere Maffay-Fan sei. Münte: „Ich bin 1,76 Meter, sie ist 1,63 Meter.“ Was immer das heißen soll. Sein Glück erscheint dauerhaft. Sie strahlt ebenfalls. Und sie hat noch beruflich einiges vor. Mit dem großen alten Mann der SPD an ihrer Seite startete sie 2013 in den Bundestagswahlkampf, um als Abgeordnete in Müntes Fraktion einzuziehen, der selbst nicht mehr antrat.
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Ein fraktionsinternes Bäumchen-Wechsel-Dich lieferten im Frühjahr 2000 die SPD-Bundestagsabgeordneten Christine Lambrecht (damals 35) und Hans-Joachim Hacker (50). Sie fielen zwar sonst nie auf, aber als die Mannheimerin Lambrecht ihren Freundinnen ein süßes Geheimnis anvertraute, machte das schnell die Runde. Die Noch-Verheiratete bekam ein Kind von ihrem Fraktionskollegen aus Schwerin. Der Familienvater mit vier Kindern reichte daraufhin die Scheidung ein und verkündete: „Ich werde alle Verpflichtungen erfüllen, aber die Trennung von Tisch und Bett ist unumkehrbar.“ Seine Begründung: „Die Politik ist sicherlich ein Grund, warum wir uns nach 25 Ehejahren auseinandergelebt haben. Natürlich ist das neue Leben hier in Berlin auch ein wesentlicher Grund.“
Der Ewiggestrige verlässt den Bundestag
Das war nur noch eine Meldung auf Seite Drei. Denn der Partnertausch bei Hinterbänklern reichte nach der Jahrtausendwende kaum noch für eine Schlagzeile. Der ziemlich konservative CSU-Politiker Norbert Geis wirkte da eher wie ein übriggebliebenes