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Gedichte. Rainer Maria RilkeЧитать онлайн книгу.

Gedichte - Rainer Maria Rilke


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deine alten Winde warfen

      zu allen Dingen und Bedarfen

      den Hauch von deiner Herrlichkeit.

      Die Dichter haben dich verstreut

      (es ging ein Sturm durch alles Stammeln),

      ich aber will dich wieder sammeln

      in dem Gefäß, das dich erfreut.

      Ich wanderte in vielem Winde;

      da triebst du tausendmal darin.

      Ich bringe alles was ich finde:

      als Becher brauchte dich der Blinde,

      sehr tief verbarg dich das Gesinde,

      der Bettler aber hielt dich hin;

      und manchmal war bei einem Kinde

      ein großes Stück von deinem Sinn.

      Du siehst, daß ich ein Sucher bin.

      Einer, der hinter seinen Händen

      verborgen geht und wie ein Hirt;

      (mögst du den Blick der ihn beirrt,

      den Blick der Fremden von ihm wenden).

      Einer der träumt, dich zu vollenden

      und: daß er sich vollenden wird.

      Selten ist Sonne im Sobór.

      Die Wände wachsen aus Gestalten,

      und durch die Jungfraun und die Alten

      drängt sich, wie Flügel im Entfalten,

      das goldene, das Kaiser-Tor.

      An seinem Säulenrand verlor

      die Wand sich hinter den Ikonen;

      und, die im stillen Silber wohnen,

      die Steine, steigen wie ein Chor

      und fallen wieder in die Kronen

      und schweigen schöner als zuvor.

      Und über sie, wie Nächte blau,

      von Angesichte blaß,

      schwebt, die dich freuete, die Frau:

      die Pförtnerin, der Morgentau,

      die dich umblüht wie eine Au

      und ohne Unterlaß.

      Die Kuppel ist voll deines Sohns

      und bindet rund den Bau.

      Willst du geruhen deines Throns,

      den ich in Schauern schau.

      Da trat ich als ein Pilger ein

      und fühlte voller Qual

      an meiner Stirne dich, du Stein.

      Mit Lichtern, sieben an der Zahl,

      umstellte ich dein dunkles Sein

      und sah in jedem Bilde dein

      bräunliches Muttermal.

      Da stand ich, wo die Bettler stehn,

      die schlecht und hager sind:

      aus ihrem Auf- und Niederwehn

      begriff ich dich, du Wind.

      Ich sah den Bauer, überjahrt,

      bärtig wie Joachim,

      und daraus, wie er dunkel ward,

      von lauter Ähnlichen umschart,

      empfand ich dich wie nie so zart,

      so ohne Wort geoffenbart

      in allen und in ihm.

      Du läßt der Zeit den Lauf,

      und dir ist niemals Ruh darin:

      der Bauer findet deinen Sinn

      und hebt ihn auf und wirft ihn hin

      und hebt ihn wieder auf.

      Wie der Wächter in den Weingeländen

      seine Hütte hat und wacht,

      bin ich Hütte, Herr, in deinen Händen

      und bin Nacht, o Herr, von deiner Nacht.

      Weinberg, Weide, alter Apfelgarten,

      Acker, der kein Frühjahr überschlägt,

      Feigenbaum, der auch im marmorharten

      Grunde hundert Früchte trägt:

      Duft geht aus aus deinen runden Zweigen.

      Und du fragst nicht, ob ich wachsam sei;

      furchtlos, aufgelöst in Säften, steigen

      deine Tiefen still an mir vorbei.

      Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,

      dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.

      Aber die Worte, eh jeder beginnt,

      diese wolkigen Worte, sind:

      Von deinen Sinnen hinausgesandt,

      geh bis an deiner Sehnsucht Rand;

      gieb mir Gewand.

      Hinter den Dingen wachse als Brand,

      daß ihre Schatten, ausgespannt,

      immer mich ganz bedecken.

      Laß dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken.

      Man muß nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste.

      Laß dich von mir nicht trennen.

      Nah ist das Land,

      das sie das Leben nennen.

      Du wirst es erkennen

      an seinem Ernste.

      Gieb mir die Hand.

      Ich war bei den ältesten Mönchen, den Malern und Mythenmeldern,

      die schrieben ruhig Geschichten und zeichneten Runen des Ruhms.

      Und ich seh dich in meinen Gesichten mit Winden, Wassern und Wäldern

      rauschend am Rande des Christentums,

      du Land, nicht zu lichten.

      Ich will dich erzählen, ich will dich beschaun und beschreiben,

      nicht mit Bol und mit Gold, nur mit Tinte aus Apfelbaumrinden;

      ich kann auch mit Perlen dich nicht an die Blätter binden,

      und das zitterndste Bild, das mir meine Sinne erfinden,

      du würdest es blind durch dein einfaches Sein übertreiben.

      So will ich die Dinge in dir nur bescheiden und schlichthin benamen,

      will die Könige nennen, die ältesten, woher sie kamen,

      und will ihre Taten und Schlachten berichten am Rand meiner Seiten.

      Denn du bist der Boden. Dir sind nur wie Sommer die Zeiten,

      und du denkst an die nahen nicht anders als an die entfernten,

      und ob sie dich tiefer


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