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Gedichte. Rainer Maria RilkeЧитать онлайн книгу.

Gedichte - Rainer Maria Rilke


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fühlst dich nur leise berührt von den ähnlichen Ernten

      und hörst weder Säer noch Schnitter, die über dich schreiten.

      Du dunkelnder Grund, geduldig erträgst du die Mauern.

      Und vielleicht erlaubst du noch eine Stunde den Städten zu dauern

      und gewährst noch zwei Stunden den Kirchen und einsamen Klöstern

      und lässest fünf Stunden noch Mühsal allen Erlöstern

      und siehst noch sieben Stunden das Tagwerk des Bauern –:

      Eh du wieder Wald wirst und Wasser und wachsende Wildnis

      in der Stunde der unerfaßlichen Angst,

      da du dein unvollendetes Bildnis

      von allen Dingen zurückverlangst.

      Gieb mir noch eine kleine Weile Zeit: ich will die Dinge so wie keiner lieben

      bis sie dir alle würdig sind und weit.

      Ich will nur sieben Tage, sieben

      auf die sich keiner noch geschrieben,

      sieben Seiten Einsamkeit.

      Wem du das Buch giebst, welches die umfaßt,

      der wird gebückt über den Blättern bleiben.

      Es sei denn, daß du ihn in Händen hast,

      um selbst zu schreiben.

      So bin ich nur als Kind erwacht,

      so sicher im Vertraun

      nach jeder Angst und jeder Nacht

      dich wieder anzuschaun.

      Ich weiß, sooft mein Denken mißt,

      wie tief, wie lang, wie weit – :

      du aber bist und bist und bist,

      umzittert von der Zeit.

      Mir ist, als wär ich jetzt zugleich

      Kind, Knab und Mann und mehr.

      Ich fühle: nur der Ring ist reich

      durch seine Wiederkehr.

      Ich danke dir, du tiefe Kraft,

      die immer leiser mit mir schafft

      wie hinter vielen Wänden;

      jetzt ward mir erst der Werktag schlicht

      und wie ein heiliges Gesicht

      zu meinen dunklen Händen.

      Daß ich nicht war vor einer Weile,

      weißt du davon? Und du sagst nein.

      Da fühl ich, wenn ich nur nicht eile,

      so kann ich nie vergangen sein.

      Ich bin ja mehr als Traum im Traume.

      Nur was sich sehnt nach einem Saume,

      ist wie ein Tag und wie ein Ton;

      es drängt sich fremd durch deine Hände,

      daß es die viele Freiheit fände,

      und traurig lassen sie davon.

      So blieb das Dunkel dir allein,

      und, wachsend in die leere Lichte,

      erhob sich eine Weltgeschichte

      aus immer blinderem Gestein.

      Ist einer noch, der daran baut?

      Die Massen wollen wieder Massen,

      die Steine sind wie losgelassen

      und keiner ist von dir behauen.

      Es lärmt das Licht im Wipfel deines Baumes

      und macht dir alle Dinge bunt und eitel,

      sie finden dich erst wenn der Tag verglomm.

      Die Dämmerung, die Zärtlichkeit des Raumes,

      legt tausend Hände über tausend Scheitel,

      und unter ihnen wird das Fremde fromm.

      Du willst die Welt nicht anders an dich halten

      als so, mit dieser sanftesten Gebärde.

      Aus ihren Himmeln greifst du dir die Erde

      und fühlst sie unter deines Mantels Falten.

      Du hast so eine leise Art zu sein.

      Und jene, die dir laute Namen weihn,

      sind schon vergessen deiner Nachbarschaft.

      Von deinen Händen, die sich bergig heben,

      steigt, unsern Sinnen das Gesetz zu geben,

      mit dunkler Stirne deine stumme Kraft.

      Du Williger, und deine Gnade kam

      immer in alle ältesten Gebärden.

      Wenn einer die Hände zusammenflicht,

      so daß sie zahm

      und um ein kleines Dunkel sind –:

      auf einmal fühlt er dich in ihnen werden,

      und wie im Winde

      senkt sich sein Gesicht

      in Scham.

      Und da versucht er, auf dem Stein zu liegen

      und aufzustehn, wie er bei andern sieht,

      und seine Mühe ist, dich einzuwiegen,

      aus Angst, daß er dein Wachsein schon verriet.

      Denn wer dich fühlt, kann sich mit dir nicht brüsten;

      er ist erschrocken, bang um dich und flieht

      vor allen Fremden, die dich merken müßten:

      Du bist das Wunder in den Wüsten,

      das Ausgewanderten geschieht.

      Eine Stunde vom Rande des Tages,

      und das Land ist zu allem bereit.

      Was du sehnst, meine Seele, sag es:

      Sei Heide und, Heide, sei weit.

      Habe alte, alte Kurgane,

      wachsend und kaumerkannt,

      wenn es Mond wird über das plane

      langvergangene Land.

      Gestalte dich, Stille. Gestalte

      die Dinge (es ist ihre Kindheit,

      sie werden dir willig sein).

      Sei Heide, sei Heide, sei Heide,

      dann kommt vielleicht auch der Alte,

      den ich kaum von der Nacht unterscheide,

      und bringt seine riesige Blindheit

      in mein horchendes Haus herein.

      Ich seh ihn sitzen und sinnen,

      nicht über mich hinaus;

      für ihn ist alles innen,

      Himmel und Heide und Haus.

      Nur die Lieder sind ihm verloren,


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