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Der Untertan. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Der Untertan - Heinrich Mann


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bat er. „Du hast noch nicht mal deinen Hut abgenommen.“ Sie tat es. Er verlangte, sie solle sich auf den Diwan setzen, und sie setzte sich. Sie küsste ihn auch, wie er es wollte. Aber indes ihre Lippen lächelten und küssten, blieben ihre Augen starr und unbeteiligt. Plötzlich riss sie ihn in ihre Arme: er erschrak, er wusste nicht, ob es Hass war. Aber dann fühlte er sich heisser, geliebt als je.

      „Heute war es aber wirklich schön. Was, meine kleine süsse Agnes?“ sagte Diederich, zufrieden und gutmütig.

      „Adieu“, sagte sie, hastend nach Schirm und Beutel, während er sich erst ankleidete.

      „Du hast es aber eilig.“ — „Weiter kann ich wohl nichts für dich tun.“ Sie war schon bei der Tür — plötzlich fiel sie mit der Schulter gegen den Pfosten und rührte sich nicht mehr. „Was ist denn los?“ Wie Diederich näher kam, sah er sie schluchzen. Er berührte sie. „Ja, was hast du denn?“ Da ward ihr Weinen laut und krampfhaft. Es hörte nicht auf. „Aber Agnes,“ sagte Diederich von Zeit zu Zeit, „was ist auf einmal geschehen, wir waren doch so vergnügt.“ Und ganz ratlos: „Hab’ ich dir was getan?“ Zwischen den Krisen und halb erstickt, brachte sie hervor: „Ich kann nicht. Entschuldige.“ Er trug sie auf den Diwan. Als es endlich vorbei war, schämte Agnes sich. „Verzeih! Ich kann nicht dafür.“ — „Kann denn ich dafür?“ — „Nein, nein. Es sind die Nerven. Verzeih!“ Mitleidig und geduldig brachte er sie bis zu einem Wagen. Nachträglich aber erschien ihm auch der Anfall als halbe Komödie und als eins der Mittel, die ihn endgültig einfangen sollten. Das Gefühl verliess ihn nicht mehr, dass Ränke gesponnen wurden gegen seine Freiheit und seine Zukunft. Er wehrte sich dagegen vermittels schroffen Auftretens, Betonung seiner männlichen Selbständigkeit und durch Kälte, sobald die Stimmung weich ward. Sonntags bei Göppels war er auf seiner Hut, wie in Feindesland; korrekt und unzugänglich. Wann seine Arbeit denn nun fertig werde? fragten sie. Er könne die Lösung morgen finden oder erst in zwei Jahren, das wisse er selbst nicht. Er betonte, dass er auch künftig finanziell abhängig von seiner Mutter bleibe. Er werde noch lange für nichts Zeit haben als einzig für das Geschäft. Und da Herr Göppel die idealen Werte des Lebens zu bedenken gab, lehnte Diederich barsch ab. „Noch gestern hab’ ich meinen Schiller verkauft. Denn ich habe keinen Sparren und lass mir nichts vormachen.“ Wenn er nach solchen Worten Agnes’ stummen und betrübten Blick auf sich fühlte, hatte er wohl einen Augenblick die Empfindung, als habe nicht er selbst gesprochen, als gehe er im Nebel, rede falsch und handle mider Willen. Aber das verging.

      Agnes kam, sooft er sie bestellte, und ging fort, wenn es Zeit für ihn war, zu arbeiten oder zu kneipen. Sie verführte ihn nicht mehr zu Träumereien vor Bildern, seit er einmal an einem Wurstgeschäft angehalten und ihr erklärt hatte, das sei für ihn der schönste Kunstgenuss. Ihm selbst fiel es endlich auf das Herz, wie selten sie sich nur noch sahen. Er warf ihr vor, dass sie nicht darauf dringe, öster zu kommen. „Früher warst du ganz anders.“ „Ich muss warten“, sagte sie. „Worauf?“ „Dass auch du wieder so wirst. Oh! Ich weissganz sicher, es wird kommen.“

      Er schwieg aus Furcht vor Auseinandersetzungen. Dennoch kam es, wie sie gesagt hatte. Seine Arbeit war endlich beendet und gutgeheissen, er hatte nur noch eine belanglose mündliche Prüfung zu bestehen und war in der gehobenen Stimmung einer Lebenswende. Wie Agues ihm ihren Glückwunsch brachte und Rosen dazu, brach er in Tränen aus und sagte, dass er sie immer, immer liebhaben werde. Sie berichtete, dass Herr Göppel soeben eine mehrtägige Geschäftsreise antrete. „Und nun ist das Wetter so wunderschön . . .“ Diederich fiel sofort ein: „Das müssen wir benutzen! Solche Gelegenheit haben wir noch nie gehabt!“ Sie beschlossen, aufs Land hinaus zu fahren. Agnes wusste von einem Ort namens Mittenwalde; es musste einsam dort sein und wmantisch wie der Name: „Den ganzen Tag werden wir beifammen sein!“ — „Und die Nacht auch“, setzte Diederich hinzu.

      Schon der Bahnhof, von dem man abfuhr, war entlegen und der Zug ganz klein und altmodisch. Sie blieben allein in ihrem Wagen; es dunkelte langsam, der Schaffner zündete ihnen eine trübe Lampe an, und sie sahen, eng umschlungen, stumm und mit grossen Augen hinaus in das flache, eintönige Ackerland. Da hinausgehen, zu Fuss, weit fort, und sich verlieren in der guten Dunkelheit! Bei einem Dorf mit einer Handvoll Häuser wären sie fast ausgestiegen. Der Schaffner holte sie jovial zurück; ob sie denn auf Stroh übernachten wollten. Und dann langken sie an. Das Wirtshaus hatte einen grossen Hof, ein weites Gastzimmer mit Petroleumlampen unter der Balkendecke und einen biederen Wirt, der Agnes „gnädige Frau“ nannte und schlaue slawische Augen dazu machte. Sie waren voll heimlichen Einverständnisfes und befangen. Nach dem Effen wären sie gern gleich hinaufgegangen, wagten es aber nicht und blätterten gehorsam in den Zeitschriften, die der Wirt ihren hinlegte. Wie er den Rücken wandte, werfen sie einander einen Blick zu, und, husch, waren sie auf der Treppe. Noch war kein Licht im Zimmer, die Tür stand noch offen, und schon lagen sie einander in den Armen.

      Ganz früh am Morgen schien die Sonne herein. Im Hof drunten pickten Hühner und flatterten auf den Tisch vor der Laube. „Dort wollen wir frühstüden!“ Sie gingen hinab. Wie herrlich warm! Aus der Scheuer duftete es köstlich nach Heu. Kaffee und Brot schmeckten ihnen frischer als sonst. So frei war einem um das Herz, das ganze Leben stand offen. Stundenweit wollten sie gehen; der Wirt musste die Strassen und Dörfer nennen. Sie lobten freudig sein Haus und seine Betten. Sie seien wohl auf der Hochzeitsreise? „Stimmt“ — und sie lachten herzhaft.

      Die Pflastersteine der Hauptstrasse streckten ihre Spitzen nach oben, und die Julisonne färbte sie bunt. Die Häuser waren höckrig, schief und so klein, dass die Strasse zwischen ihnen sich ausnahm wie ein Feld mit Steinen. Die Glocke des Krämers klapperte lange hinter den Fremden her. Wenige Leute, halb städtisch gekleidet, schlichen durch den Schatten und wandten sich um nach Agnes und Diederich, die stolze Gesichter machten, denn sie waren die Elegantesten hier. Agnes entdeckte das Modengeschäft mit den Hüten der feinen Damen. „Nicht zu glauben! Das hat man in Berlin vor drei Jahren getragen!“ Dann traten sie durch ein Tor, das wacklig aussah, in das Land hinaus. Die Felder wurden gemäht. Der Himmel war blau und schwer, die Schwalben schwammen darin wie in trägem Wasser. Die Bauernhäuser dort drüben waren eingetaucht in heisses Flimmern, und ein Wald stand schwarz, mit blauen Wegen. Agnes und Diederich fassten sich bei den Händen, und ohne Verabredung fingen sie zu singen an: ein Lied für wandernde Kinder, das sie noch aus der Schule kannten. Diederich machte seine Stimme tief, damit Agnes ihn bewundere. Als sie nicht weiter wussten, wandten sie einander die Gesichter zu und küssten sich, im Gehen.

      „Jetzt seh’ ich erst recht, wie hübsch du bist“, sagte Diederich und sah zärtlich in ihr rosiges Gesicht, mit den blönden Wimpern um diese blonden, goldgestirnten Augen. „Der Sommer steht mir gut“ — und Agnes atmete frei auf, dass ihre Hemdbluse geschwellt ward. Schlank ging sie dahin, mit schmalen Hüften und dem blauen Schleier, der ihr nachwehte. Diederich hatte es zu warm, er zog den Rock aus, dann auch die Weste, und endlich gestand er, dass er sich Schatten wünsche. Sie fanden welchen, am Rand eines Feldes, worauf noch das Korn stand, und unter einem Akazienbusch, der noch duftete. Agnes setzte sich und legte Diederichs Kopf in ihren Schoss. Sie spielten noch miteinander und scherzten: plötzlich merkte sie, dass er einschlief.

      Er wachte auf, sah um sich, und als er Agnes’ Gesicht fand, erglänzte er selig. „Lieber“, sagte sie. „Was du für ein gutes, dummes Gesicht machst.“ — „Erlaub’ mal! Ich habe doch höchstens fünf Minuten — nein, wahrhaftig, eine Stunde hab’ ich geschlafen. Hast du dich gelangweilt?“ Aber sie war erstaunter als er, dass so viel Zeit vergangen war. Seinen Kopf zog er unter der Hand hervor, die sie ihm auf das Haar gelegt hatte, als er einschlief.

      Zwischen den Feldern gingen sie zurück. In einem lag eine dunkle Masse; und als sie durch die Halme spähten, war es ein alter Mann mit einer Pelzkappe, rostroter Jacke und Samthosen, die auch schon rötlich waren. Seinen Bart hatte er sich, zusammengekrümmt, um die Knie gewickelt. Sie bückten sich tiefer, um ihn zu erkennen. Da bemerkten sie, dass er sie schon längst aus schwarzen Funkelaugen ansah. Unwillkürlich schritten sie schneller aus, und in den Blicken, die sie einander zuwandten, stand Märchengrauen. Sie blickten umher: sie waren in einem weiten, fremden Land, die kleine Stadt dort hinten schlief fremdartig in der Sonne, und der Himmel sah ihnen aus, als seien sie Tag und Nacht gereist.

      Wie abenteuerlich


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