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Auf zwei Planeten (Science-Fiction). Kurd LaßwitzЧитать онлайн книгу.

Auf zwei Planeten (Science-Fiction) - Kurd Laßwitz


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luftdicht durch unsre Kugel von außen abgeschlossen und können uns darum außerhalb derselben an nichts wagen. Die Technik unserer Luftschiffahrt auf dem Mars läßt sich auf der Erde aus verschiedenen Gründen nicht anwenden. Sie dürfen sich also nicht wundern, daß es uns bis jetzt noch nicht eingefallen ist, unsre Raumschiffe an unbekannte Gefahren zu wagen, durch die uns möglicherweise die Rückkehr abgeschnitten worden wäre. Doch sind bereits Versuche geglückt, diabarische Fahrzeuge mit Öffnungen herzustellen, und das, was uns noch fehlt, ist eigentlich nur ein genügend widerstandsfähiger Stoff für dieselben. Aber auch hier steht die Abhilfe bevor, und dann fahren wir zu Ihnen.«

      »Wenn Sie zu uns kommen«, sagte La lächelnd zu Grunthe, »werde ich Ihnen mit Se eine Privatvorlesung über Raum- und Lufttechnik halten.«

      »Dann fürchte ich leider, darauf verzichten zu müssen, denn ich gedenke vorläufig hierzubleiben.«

      »So werde ich Ihnen einen ausführlichen, schönen, gelehrten Brief schreiben, verlassen Sie sich darauf!«

      Grunthe verbeugte sich mit zusammengepreßten Lippen, und Jo fuhr fort:

      »Nun kurzum, wir hatten keine Wahl, wir mußten jetzt mit dem Raumschiff nach dem Pol. Da nun aber das Wetter nicht besser wurde – das heißt, der Himmel war klar, aber die Luft blies vom Pol her –, so beschloß All, den Versuch zu wagen, uns nach dem Pol hinzuwinden. Wir hatten große Mengen von mit Lis durchzogenen Tauen mit. Dieses Tau legten wir vom Schiff bis zum Pol aus, verankerten es dort gründlich und setzten mit der Winde an. Das Schiff wurde nur soweit leicht gemacht, daß es sich gerade hob, ohne Gefahr, auf dem Eis aufzulaufen. Denn es zu schleifen durften wir nicht wagen, darauf ist unsere Stellitkugel nicht eingerichtet.

      Die Arbeit ging natürlich langsam vorwärts, aber wir waren in vierundzwanzig Stunden doch einen Kilometer vorgerückt. Leider frischte der Wind immer stärker auf und wurde böig. Bei den Stößen bog sich die Kugel bedenklich an der Haftstelle des Seiles, und All hielt es für nötig, die ganze Kugel in ein Netz zu fassen. Es war eine furchtbare Arbeit, in dieser Luft und Schwere die Seile über die fünfzehn Meter hohe Kugel zu spannen, und daß keiner von uns dabei verunglückt ist, bleibt mir heute noch ein Rätsel. Todmüde ging es am dritten Tag wieder an die Winde. Eine Maschine hatten wir leider nicht mit, wir mußten mit unsern eignen Kräften arbeiten. Am fünften Tag waren wir bis auf einen Kilometer heran. Wir arbeiteten immer vier Mann und wurden alle Stunden abgelöst. Lieber machten wir den Weg hin und her zum Schiff, als daß wir uns ohne Erholung dem Druck der Schwere länger ausgesetzt hätten. Zur Rückfahrt benutzten wir übrigens einen Segelschlitten; das war unsre größte Freude, so der Ruhe mit Bequemlichkeit entgegenzufahren. Eben hatte ich mich mit meinen Kameraden aufgesetzt, und in zwei Minuten waren wir bis auf die Hälfte des Weges zum Schiff herangekommen, das nicht höher als etwa zehn Meter über dem Eis schwebte. Die Strickleiter hing aus der Luke bis zum Boden herab, und in weiteren zwei Minuten hofften wir in unsren Hängematten zu liegen.

      Plötzlich sehen wir von der Seite und halb nach vorn hin etwas Gelblich-Weißes herantrotten, zwei große vierfüßige Tiere, wie wir sie noch nie gesehen hatten. Es waren, was Sie Eisbären nennen, aber damals wußten wir noch nicht, was das heißen will, wenn man ihnen waffenlos begegnet. Waffen hatten wir überhaupt nicht mit, nur die langen, mit Eisenspitzen versehenen Stangen, mit denen wir unsern Schlitten dirigierten und ihm nachhalfen. Noch niemals war uns auf dieser öden Erdfläche, außer einigen Vögeln, irgendein Tier begegnet. Von Raubtieren, die dem Numen gefährlich sind, wußten wir überhaupt nichts als aus den alten Überlieferungen der Vorzeit, da es solche auf dem Mars noch gegeben haben soll. Aber als diese Bestien, sobald sie uns erblickten, mit gierigen Augen auf unsern Schlitten zutrabten, dachten wir uns doch, daß die Sache nicht geheuer sei. Wir konnten freilich nichts tun, als mit unsern Picken die Fahrt unsres Schlittens beschleunigen, wobei wir dem Wind das Beste überlassen mußten. Ließ der Wind einen Augenblick nach, so mußten uns die Bären den Weg abschneiden. Es war eine fatale Situation, doch sahen wir dieselbe nicht als besonders bedenklich an, da wir glaubten, ihnen mit unsern Stöcken gewachsen zu sein. Wir waren jetzt nur noch hundert Meter von der Strickleiter entfernt, und man war bereits vom Schiff aus auf uns aufmerksam geworden. All selbst und zwei Mann, mehr hatten an der Luke nicht Platz, standen mit Gewehren bereit, denn damit war die Expedition für alle Fälle versehen. Sie wagten aber nicht zu schießen, weil das Schiff an dem langen Tau stark hin- und herschwankte und die Bären jetzt so dicht an dem Schlitten waren, daß wir selbst hätten getroffen werden können; ein sicheres Zielen war ja nicht möglich. Zudem hatten wir auch noch keine Erfahrung, wie Luftwiderstand und Schwere auf der Erde unsere Geschosse ablenken. Das Telelyt war damals noch nicht für Handwaffen im Gebrauch.

      Ich stand vorn am Schlitten. Die Gefährten riefen mir zu, direkt auf die Strickleiter zu halten und sie sofort zu erfassen. Wir durften ja die Geschwindigkeit des Schlittens nicht mäßigen. Es handelte sich noch um Sekunden. Da stößt der Schlitten an irgendein kleines Hindernis und wird von seinem Weg abgelenkt. Ich fürchte, daß ich die Strickleiter verfehle, und renne den Stock so stark in das Eis, daß er mir aus der Hand gerissen wird. Wir sausen an der Leiter vorbei. Da pfeift es über uns, und der eine Bär wälzt sich in seinem Blut. Durch die Wendung des Schlittens hatte All zum Schuß kommen können. Der andere aber ist unmittelbar am Schlitten. Unglücklicherweise stechen die beiden zuletzt Stehenden mit ihren Picken nach ihm. Der Bär ist verwundet, aber mit einem Tatzenschlag hat er den armen Tam vom Schlitten gerissen. Er erfaßt ihn an seinen Kleidern und trabt mit ihm davon.

      Inzwischen war All mit einer Anzahl bewaffneter Leute die Leiter herabgestiegen, und wir hatten den Schlitten zum Stehen gebracht. Der Bär aber lief mit seiner Beute so schnell, daß All ihm nicht folgen konnte; Sie wissen ja, daß wir schwer an uns zu tragen haben, wenn wir uns auf der Erde bewegen sollen. Zu schießen wagte All nicht um Tams willen; wenn auch dieser nicht selbst getroffen wurde, so wäre er doch verloren gewesen, sobald der Bär nicht sofort auf der Stelle tot war.

      Unsre Bestürzung war groß. Wir suchten den Bären durch Schreien einzuschüchtern, aber er kümmerte sich um nichts. Die Entfernung zwischen ihm und uns vergrößerte sich schnell.

      ›Wir können ihn nicht stellen‹, rief All, ›doch folgen müssen wir ihm. Ich gehe selbst, zwei Leute genügen zur Begleitung. Die andern zurück aufs Schiff!‹

      Jetzt sahen wir, daß der Bär die Richtung auf unsern Arbeitsplatz am Pol einschlug. Unsre Gefährten an der Winde hatten ebenfalls den Vorgang bemerkt. Sie stellten die Arbeit ein und beratschlagten offenbar, ob sie sich dem Schlitten anvertrauen oder auf das Gerüst flüchten sollten, das über der Winde erbaut war. Da der Bär sich schnell näherte, so wählten sie das letztere. Auch sie suchten den Bär durch Lärm zu verscheuchen, aber vergebens.

      Als All erkannte, daß der Bär auf die Arbeiter an der Winde zulief, hieß er jeden seiner Begleiter noch ein Gewehr mitnehmen, um sie womöglich ihnen zuzustellen. All hatte noch nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt, als der Bär bereits bei der Winde ankam. Wir waren inzwischen, mit Ausnahme Alls und seiner Begleitung, in das Schiff zurückgekehrt und beobachteten von dort den Vorgang. Die Leute auf dem Gerüst ärgerten offenbar den Bären. Er ließ Tam am Fuß des Gerüstes liegen, setzte sich auf die Hinterbeine und schlug seine Tatzen in die Winde ein, als wolle er sie umreißen. Kaum hatte All bemerkt, daß Tam nicht mehr geschleppt wurde, als er auf etwa fünfhundert Meter auf den Bären anlegte. Einen Augenblick zögerte er noch, um eine günstigere Stellung abzuwarten. Da schien es, als wolle der Bär von der Winde ablassen und sich wieder seiner Beute zuwenden.

      All drückte los.

      Eine Sekunde später sahen wir den Bären zusammenstürzen. Mehr sahen wir nicht. im Moment darauf erhielten wir einen Stoß, daß wir alle übereinander fielen. Als wir uns aufrafften, fanden wir das Raumschiff um wenigstens fünfzig Meter gehoben und vom Wind mit großer Geschwindigkeit davongetrieben. Es war nicht anders denkbar, als daß Alls Kugel das dünne Tau zerschnitten, der Druck des Windes es vollends zerrissen hatte.

      Der erste Steuermann übernahm das Kommando. Aber es war sehr schwierig, etwas zu tun.

      Die Anker heraus und tiefer!

      Das Schiff streifte in drohender Nähe des Eises hin. Wenn die Anker nicht bald faßten, so war keine Aussicht, die Gefährten wiederzusehen.


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