Эротические рассказы

Professor Unrat. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Professor Unrat - Heinrich Mann


Скачать книгу
hübsch.«

      Und er lug­te mit ei­nem hin­ter­häl­ti­gen Lä­cheln zu dem ver­klär­ten Ge­sicht des Schuh­ma­chers hin­auf.

      Aber er un­ter­drück­te bald sei­nen Spott und wand­te sich zum Ge­hen. Er fing an zu glau­ben, Rind­fleisch wis­se wirk­lich nichts über die Künst­le­rin Fröh­lich. Der Schuh­ma­cher be­sann sich auf die­se Welt und frag­te, wie hoch denn die Schäf­te sein soll­ten. Un­rat ant­wor­te­te nach­läs­sig, be­han­del­te auch den Ab­schied von der Fa­mi­lie Rind­fleisch nur mit flüch­ti­ger Leut­se­lig­keit. Dann trat er rasch den Heim­weg an.

      Er ver­ach­te­te Rind­fleisch. Er ver­ach­te­te die blaue Stu­be, die Enge die­ser Geis­ter, die de­mü­ti­gen See­len, die pie­tis­ti­schen Über­spannt­hei­ten und die sitt­li­che Ver­stockt­heit. Auch bei Un­rat zu Hau­se sah es eher dürf­tig aus; da­für aber hat­te er in sei­nem Kopf die Mög­lich­keit, sich mit meh­re­ren al­ten Geis­tes­fürs­ten, wenn sie zu­rück­ge­kehrt wä­ren, in ih­rer Spra­che über die Gram­ma­tik in ih­ren Wer­ken zu un­ter­hal­ten. Er war arm, un­er­kannt; man wuss­te nicht, wel­che wich­ti­ge Ar­beit er seit zwan­zig Jah­ren för­der­te. Er ging un­an­sehn­lich, so­gar ver­lacht un­ter die­sem Volk um­her – aber er ge­hör­te, sei­nem Be­wusst­sein nach, zu den Herr­schen­den. Kein Ban­kier und kein Mon­arch war an der Macht stär­ker be­tei­ligt, an der Er­hal­tung des Be­ste­hen­den mehr in­ter­es­siert als Un­rat. Er er­ei­fer­te sich für alle Au­to­ri­tä­ten, wü­te­te in der Heim­lich­keit sei­nes Stu­dier­zim­mers ge­gen die Ar­bei­ter – die, wenn sie ihre Zie­le er­reicht hät­ten, wahr­schein­lich be­wirkt ha­ben wür­den, dass auch Un­rat et­was reich­li­cher ent­lohnt wäre. Jun­ge Hilfs­leh­rer, noch schüch­ter­ner als er, bei de­nen er sich mit der Spra­che her­aus­wag­te, warn­te er düs­ter vor der un­se­li­gen Sucht des mo­der­nen Geis­tes, an den Grund­la­gen zu rüt­teln. Er woll­te sie stark: eine ein­fluss­rei­che Kir­che, einen hand­fes­ten Sä­bel, strik­ten Ge­hor­sam und star­re Sit­ten. Da­bei war er durch­aus un­gläu­big und vor sich selbst des wei­tes­ten Frei­sinns fä­hig. Aber als Ty­rann wuss­te er, wie man sich Skla­ven er­hält; wie der Pö­bel, der Feind, die fünf­zig­tau­send auf­säs­si­gen Schü­ler, die ihn be­dräng­ten, zu bän­di­gen wa­ren. Loh­mann schi­en in Be­zie­hun­gen zu stehn zur Künst­le­rin Fröh­lich; Un­rat er­rö­te­te dar­über, weil er nicht an­ders konn­te. Aber zum Ver­bre­cher ward der Schü­ler Loh­mann erst da­durch, dass er sich bei ver­bo­te­nen Freu­den der har­ten Zucht des Leh­rers ent­zog. Nicht sitt­li­che Ein­falt zwang Un­rat zum Zorn …

      *

      Er ge­lang­te in sei­ne Woh­nung und schlich auf den Ze­hen an der Kü­che vor­bei, wo die Wirt­schaf­te­rin, über sei­ne Ver­spä­tung un­ge­hal­ten, mit den Töp­fen ras­sel­te. Dann be­kam er zu es­sen, Mett­wurst und Kar­tof­feln. Sie wa­ren zer­kocht und den­noch kalt. Un­rat hü­te­te sich, ein Wort da­ge­gen zu sa­gen; die­ses Mäd­chen hät­te so­fort die Hän­de auf die Hüf­ten ge­stemmt. Un­rat woll­te sie da­vor be­wah­ren, sich ge­gen ih­ren Herrn auf­zu­leh­nen.

      Nach der Mahl­zeit stell­te er sich vor sein Schreib­pult. Es war, Un­rats kurz­sich­ti­gen Au­gen zu­lie­be, über­mä­ßig hoch; und die drei­ßig­jäh­ri­ge An­stren­gung, den rech­ten Arm dar­auf­zu­le­gen, hat­te ihm die Schul­ter weit aus der gra­den Li­nie ge­ho­ben. »Das Wah­re ist nur die Freund­schaft und die Li­te­ra­tur«, sag­te er da­bei wie ge­wöhn­lich. Dies Wort hat­te er ir­gend­wo auf­ge­fan­gen und sich an­ge­wöhnt, und sah sich nun ge­nö­tigt, es vor sich hin zu den­ken, so oft er an die Ar­beit ging. Was er un­ter Freund­schaft zu ver­ste­hen habe, er­fuhr er nie. Das Wort ging nur zu­fäl­lig mit. Aber die Li­te­ra­tur! Das war ja sein wich­ti­ges Werk, wo­von die Men­schen nichts wuss­ten, das hier in der Stil­le seit lan­ger Zeit ge­dieh und das viel­leicht ein­mal, Stau­nen er­re­gend, aus Un­rats Gruft her­vor­blü­hen soll­te. Es han­del­te von den Par­ti­keln bei Ho­mer! … Aber Loh­manns Auf­satz­heft lag da­ne­ben und ließ ihn nicht in Stim­mung kom­men. Er muss­te da­nach grei­fen und an die Künst­le­rin Fröh­lich den­ken. Es gab et­was, das ihn sehr be­un­ru­hig­te: er war nicht mehr si­cher, dass die be­rühm­te Bar­fußtän­ze­rin sich Rosa Fröh­lich nen­ne. Die­se Fröh­lich konn­te ganz et­was an­de­res sein. Ja, sie war ganz et­was an­de­res: es ward Un­rat durch Grü­beln zur Ge­wiss­heit. Er hat­te sie im­mer noch aus­fin­dig zu ma­chen, um sie dem Schü­ler Loh­mann »be­wei­sen« zu kön­nen. Er sah sich, im Kamp­fe mit die­sem Elen­den, wie­der weit zu­rück­ge­wor­fen und keuch­te vor ein­sa­mer Er­re­gung.

      Plötz­lich stürz­te er sich in sei­nen Man­tel und stürm­te hin­aus. Vor dem Hau­stor lag schon die Ket­te; Un­rat zerr­te dar­an wie ein Aus­bre­cher. Die Wirt­schaf­te­rin schalt, er hör­te sie her­bei­stamp­fen. In der Angst der äu­ßers­ten Mi­nu­te tat er einen rich­ti­gen Griff, die Tür ging auf, er war im Vor­gärt­chen und auf der Stra­ße. Bis zum Stadt­tor wech­sel­te er zwi­schen Trab und Eil­schritt; dann mä­ßig­te er sich, aber sein Herz klopf­te. Er fühl­te sich selt­sam, wie auf ver­bo­te­nen We­gen. Er ging den ver­öde­ten Stra­ßen­zug, über Berg und Tal, im­mer grad­aus. Er lug­te in die Gäss­chen und »Gru­ben«, ver­weil­te vor den Gast­häu­sern und sah mit ge­spann­tem Miss­trau­en zu Fens­tern hin­auf, zwi­schen de­ren ge­schlos­se­nen Vor­hän­gen ein Licht­strahl zu lie­gen schi­en. Er wan­der­te auf der dunklen Sei­te; drü­ben ver­brei­te­te sich hel­ler Mond. Es war ster­nen­klar, es weh­te nicht mehr, und Un­rats Schrit­te hall­ten. Beim Rat­haus lenk­te er auf den Markt und mach­te die Run­de un­ter den Lau­ben. Bo­gen, Tür­me, Brun­nen sta­chen ihre von Ara­bes­ken um­rank­ten Schat­ten­ris­se in die go­ti­sche Mond­nacht. Eine rät­sel­haf­te Auf­re­gung ge­sch­ah in Un­rat; er sag­te zu ver­schie­de­nen Ma­len:

      »Da wür­de denn wohl … traun …« und »Vor­wärts denn also!«

      Da­bei prüf­te er eif­rig je­des ein­zel­ne Fens­ter der Post und des Po­li­zei­am­tes. Da er es un­wahr­schein­lich fand, dass sich die Künst­le­rin Fröh­lich in die­sen Ge­bäu­den ver­steckt hal­te, kehr­te er auf die vor­hin ver­las­se­ne Stra­ße zu­rück. We­ni­ge Schrit­te wei­ter glänz­te die brei­te Schei­be ei­nes Lo­kals, in dem sich vie­le von Un­rats Kol­le­gen all­abend­lich um das Bier schar­ten. Auf der Gar­di­ne er­schi­en schwarz ab­ge­zeich­net der spitz­bär­ti­ge, mit dem Mun­de klap­pen­de Kopf ei­nes Ober­leh­rers, ei­nes ganz schlim­men, der Un­rat den Re­spekt ver­sag­te, weil er zur Lo­cke­rung der Dis­zi­plin in der Schu­le An­lass gebe, und der sich über Un­rats Sohn sitt­lich ent­rüs­tet hat­te. Un­rat sah sich die­sen Dok­tor Hüb­be­nett nach­denk­lich an: wie er re­de­te aus sei­nem Bart her­aus, was er für einen Bie­rei­fer hat­te, welch ge­wöhn­li­cher Mi­chel er war! Un­rat hat­te mit den Leu­ten da drin­nen nichts zu tun, gar nichts; es ward ihm jetzt klar, zu sei­ner Ge­nug­tu­ung. Da hock­ten nun die bei­sam­men und wa­ren in der Ord­nung: er aber dünk­te sich frag­wür­dig, ge­wis­ser­ma­ßen, und aus­ge­sto­ßen, so­zu­sa­gen. Und der Ge­dan­ke an die dort war ihm kein bö­ser Sta­chel mehr. Er nick­te dem Schat­ten des Ober­leh­rers zu, lang­sam und mit Ge­ring­schät­zung – und ging wei­ter.

      Die Stadt war gleich wie­der zu Ende. Er kehr­te um, wand­te sich in die Kai­ser­stra­ße. Bei Kon­sul Breet­poot muss­te Ball sein; das große Haus war ganz er­leuch­tet, fort­wäh­rend fuh­ren Wa­gen auf. Der Die­ner und meh­re­re Auf­wär­ter spran­gen vor, öff­ne­ten die Schlä­ge, hal­fen beim Aus­s­tei­gen. Sei­de­ne Rö­cke ra­schel­ten über die


Скачать книгу
Яндекс.Метрика