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Bodies. Im Kampf mit dem Körper. Susie OrbachЧитать онлайн книгу.

Bodies. Im Kampf mit dem Körper - Susie  Orbach


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schaffen, unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber neuartigen Angriffen stärken und unserem Körper eine nachhaltige Stabilität geben, damit wir friedlicher mit ihm und durch ihn leben können.

      Gegen Körperunterdrückung, Fat-Shaming und Körperhass zu kämpfen, mag trivial klingen, ist es aber nicht. Hinter diesen Phänomenen stecken einerseits scheinbar »weiche«, in Wahrheit aber äußerst eindringliche und hartnäckige Marketingpraktiken und anderseits brutale Produktionsprozesse, die Raubbau an der Umwelt betreiben und Arbeitskräfte in aller Welt ausbeuten, von den Nagelstudio-Arbeiterinnen in New York bis zu den Näherinnen in Bangladesch, Vietnam oder auch Sizilien.[9] Zusammengenommen ergibt das einen massiven Angriff auf die Körper von Frauen und Mädchen. Wenn wir dann noch die bekannteren Formen von Gewalt hinzunehmen, Vergewaltigung als Kriegswaffe, sexuelle Gewalt, sexuelle Belästigung, Genitalverstümmelung usw., wird klar, wie verletzlich Frauen gerade dort sind, wo sie am sichersten sein sollten: im eigenen Körper.

      Die Protestwelle gegen Übergriffe und Gewalt ist wichtig, genau wie die Millionen Gespräche darüber und die Tausende von Blogs und Websites, die den Status quo herausfordern und sich für das Existenzrecht des Körpers in all seiner wunderbaren Vielfalt und mit all seinen Stärken und Verletzlichkeiten einsetzen.

      Durch den Friedensnobelpreis 2018 für Denis Mukwege und Nadia Murad wurde die Bedeutung des Kampfs gegen sexuelle Gewalt anerkannt, und doch machen Wirtschaft und Warlords ungestraft weiter, bereiten ein Feld, auf dem Frauenkörper als eine Art erntereife Frucht zur beliebigen Verwendung gelten. #MeToo ist eine wichtige Form der Gegenwehr. Die Bewegung entspringt aus derselben Quelle wie die Argumentation dieses Buchs, dass und wie wir unser Verhältnis zu unserem Körper verändern müssen. Die Züchtung von Körperunsicherheit macht uns anfällig für Ausbeutung in vielerlei Form. Indem wir dieses Thema ernsthaft angehen, werden wir einen neuen Diskurs entwickeln, nicht nur, um unserer Verzweiflung Ausdruck zu verleihen, sondern auch, um individuelles Leid in Handeln zu überführen, das dieser Grausamkeit ein Ende bereitet.

       London 2019

      1 |Der Körper in unserer Zeit

      Können Sie sich vorstellen, Ihre beiden gesunden Beine loswerden zu wollen, weil sie Sie furchtbar stören – so sehr, dass Sie sich deformiert fühlen, gefangen in einem Körper, der sich falsch anfühlt, nicht so, wie Ihr Körper sein sollte? Und können Sie sich vorstellen, fünfzig Jahre – in denen Sie sechs Kinder in die Welt setzen – mit dem Gedanken zu leben, dass nur eine beidseitige Amputation oberhalb des Knies Ihnen das Gefühl geben kann, ganz und vollkommen zu sein?

      Das war das Dilemma von Andrew,[10] der von der Vorstellung beherrscht war, sich zuerst von einem seiner Beine und dann vom anderen befreien zu müssen. Als er niemanden fand, der ihm dabei half, seine lästigen Beine loszuwerden, suchte er im Internet und fand eine Community von Menschen, die amputiert werden möchten.

      Einen Mann, der seine Beine loswerden will, würden wohl die meisten Leute für verrückt halten. Dieser Wunsch scheint so bizarr und so außerhalb aller Normalität, dass es schwer ist, sich über diese spontane Bauchreaktion hinwegzusetzen. Doch genau das gelang dem Psychologen Dr. Bert Berger, als ihn Andrew im Milwaukee VA Medical Center konsultierte. Wie jeder vernünftige Arzt versuchte sich Dr. Berger in das Leiden seines Patienten hineinzuversetzen. Sein ärztlich-psychologisches Ethos hielt ihn davon ab, Andrew die Operation anzubieten, von der dieser glaubte, sie würde ihn heil und ganz machen. Also versuchte er die psychische Situation zu verstehen, die diesen paradoxen Wunsch hervorgebracht hatte.

      In seinen frühen Schriften über Hysterie vertrat Freud die Ansicht, dass man sonderbare körperliche Symptome, wie etwa eine psychische Armlähmung oder das In-fremder-Sprache-Reden, nicht nur verstehen, sondern auch behandeln könne. Wo in der Volksmedizin Heiler*innen und Schaman*innen auf ihre Art das Unbewusste zu beeinflussen versucht hatten, schlug er eine Redekur vor, bei der durch eine spezielle Form des Zuhörens und Assoziierens Ärzt*in und Patient*in den unbewussten Ursachen für die nicht physiologisch begründeten Symptome auf die Spur kommen würden. Durch Reden würden sie die darin eingekapselten Konflikte aufdecken, und die Symptome würden verschwinden. Freuds Fallgeschichten aus dem Jahr 1895 waren revolutionär und überzeugend. Sie bewogen so viele Menschen, die neue Wissenschaft der Psychoanalyse zu studieren, dass es zu der Zeit, als Dr. Berger mit Andrew zusammentraf, für Psychotherapeut*innen jedweder Couleur längst selbstverständlich war, psychologische Methoden für die wirksamste und ethischste Herangehensweise an nichtorganische Körperprobleme zu halten. Wenn Andrew nur tiefgehend verstünde, woraus sich sein Wunsch speiste, so die Theorie, würde er auf eine Operation verzichten können. Oder genauer gesagt: Wenn er sein emotionales Leiden und das psychische Bild, das er von sich nach der Operation hatte, beschreiben könnte, würde ihm das wahrscheinlich neue Wege eröffnen, seinen Körper so, wie er faktisch war, zu akzeptieren.

      Diese Art zu denken ist seit 120 Jahren etabliert. Sie hat Menschen mit Körperstörungen geholfen, anders und besser mit und in ihren Körpern leben zu können. Doch wenn es um den Wunsch nach Amputation oder Geschlechtsangleichung geht, reicht reden nicht immer aus. Bei Andrew genügte es jedenfalls nicht. Er wollte nicht nur reden, er wollte die Operation. Und er fand sich durch die Arbeit des Schotten Dr. Robert Smith ermutigt, der in zwei ähnlichen Fällen die Operation befürwortet hatte, nachdem er zu dem Schluss gekommen war, dass dies die humanste aller möglichen Behandlungsweisen sei.

      Obwohl ich selbst jahrzehntelang mit Menschen mit Körperproblemen gearbeitet hatte, stellte mich Andrews Amputationswunsch vor Rätsel. Und er beunruhigte und schockierte mich auch und zwang mich, mein ganzes Einfühlungsvermögen zu mobilisieren, um irgendwie zu verstehen, welche Umstände einen solchen Wunsch so dringend und zwingend machen können.

      Heute wissen wir eine ganze Menge über das umgekehrte Phänomen: Empfindungen und Beschwerden in einem Phantomglied – einem Körperteil, der gar nicht mehr da ist.[11] Es ist bekannt, dass Witwen oft noch lange, nachdem sie ihren Mann verloren haben, weiter zwei Kaffeetassen auf den Frühstückstisch stellen. Wie es dazu kommt, können wir verstehen. Unverständlicher ist uns auf den ersten Blick das irritierende Erleben eines Menschen, der versucht, mit einem Arm, den er gar nicht mehr hat, dem Kellner zu winken oder das Telefon abzunehmen. Von geisterhaften Sinnesempfindungen in einem nicht vorhandenen Körperteil geplagt, was ebenso demütigend wie verstörend sein kann, wird dieser Mensch vielleicht befürchten, verrückt zu werden.[12]

      Die Witwe, das verstehen wir, macht einen Entwöhnungsprozess durch, löst sich nur langsam von einem langen Leben mit einem Ehemann und von der damit verbundenen Identität. Sie hat ihre neue Realität nicht immer parat. Verdrängung befördert das vorübergehende Einlullen in Vergesslichkeit. Der Mensch mit dem Phantomglied weiß, dass ihm das Körperglied fehlt, aber sein Körper scheint unabhängig zu agieren – so als wäre das Körperglied noch da. Das Bewusstsein dieses Menschen ist in gewisser Weise gespalten: in das kognitive Wissen um eine körperliche Realität und die fortdauernde sinnliche Wahrnehmung des nicht vorhandenen Körperglieds. In der Tat ein verrückt anmutender Zustand, insbesondere ehe die Erkenntnisse des Neurologen Dr. Vilayanur Ramachandran – auch der Sherlock Holmes des Phantomschmerzes genannt – einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden.

      Ramachandran zeigte, dass die von ihm untersuchten Patient*innen keineswegs verrückt waren. Ihre Gehirne hatten sich auf eine kuriose Weise an das Fehlen des betreffenden Körperglieds angepasst: Die Neuralbahnen des jetzt nicht mehr vorhandenen Arms, Beins oder Fingers hatten stattdessen andere Körperregionen übernommen. Durch Stimulieren beispielsweise eines bestimmten Wangenbereichs seiner Patient*innen konnte Ramachandran die Empfindungen einer Phantomhand intensivieren. Empfindungspunkte auf der Wange waren jetzt mit Gehirnregionen verschaltet, die eigentlich für die Hand zuständig gewesen waren.

      Ramachandrans Erkenntnisse brachten vielen Menschen Erleichterung. Seine bemerkenswerten Fallstudien erhellen die Fähigkeit des menschlichen Körpers, etwas, das gar nicht da ist, auf verblüffendste Art und Weise zu spüren. So schildert Ramachandran etwa den Fall eines Ingenieurs aus Arkansas, der nach einer Unterschenkelamputation ein enorm erweitertes sexuelles Empfinden verzeichnete, da sich sein Orgasmus vom Penis in den Bereich seines Phantombeins ausdehnte.[13] Ramachandrans Pionierarbeit hat uns dargelegt, wie phänomenal adaptionsfähig


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