Tarzan – Band 5 – Der Schatz von Opar. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.
sie verletzt, stirbt! Fangt das Weib lebendig!
Die Araber sprangen durch das Zimmer, die Waziri begegneten ihnen mit ihren Speeren. Schwerter blitzten, lange Doppelpistolen knallten todbringend dazwischen. Mugambi trieb seinen Speer dem nächsten Gegner durch den Leib, dann entriss er einem anderen die Pistole, fasste sie am Lauf und zerschmetterte jedem den Schädel, der seiner Herrin zu nahe kam.
Durch sein Beispiel angefeuert, fochten die wenigen Verbliebenen wie wahre Teufel, aber einer nach dem anderen fiel, bis nur noch Mugambi übrig war, um Leben und Ehre von des Affenmenschen Weib zu verteidigen.
Aus der anderen Ecke des Zimmers bewachte Achmed Zek mit seiner edelsteinbesetzten Flinte in der Hand den ungleichen Kampf und feuerte seine Häscher an. Jetzt hob er langsam die Flinte und wartete, bis Mugambi bei einer Bewegung so stehen würde, dass er, ohne das Weib oder einen Gefährten zu treffen, auf ihn schießen konnte.
Endlich ersah er den Augenblick, berührte den Abzug und der tapfere Mugambi sank ohne einen Laut von sich zu geben vor die Füße Jane Claytons.
Im Nu war sie umzingelt und entwaffnet. Ohne ein Wort schleppte man sie aus dem Bungalow. Ein riesiger Neger hob sie vor sich auf den Sattel und ritt mit ihr aus der Umzäunung, um auf seinen Herrn zu warten, während die Räuber Bungalow und Nebengebäude plünderten.
Jane Clayton sah, wie die Räuber die Pferde von der Koppel holten und das Vieh von den Feldern zusammentrieben. Sie sah, wie alles, was für die Araber nur den geringsten Wert hatte, aus ihrem Heim herausgeholt wurde, sie sah, wie Feuer angelegt wurde und wie die Flammen ergriffen, was übrig war.
Als dann zuletzt die Räuber ihrem Grimm und ihrer Habgier Genüge getan hatten, ritten sie mit ihr nach Norden davon, aber sie sah noch den Rauch und die Flammen zum Himmel steigen, bis der Weg ins Waldesinnere führte, wo das traurige Bild ihren Augen verhüllt wurde.
Als die Flammen den Wohnraum erreichten und schon mit gierigen Zungen die Leichen der Gefallenen beleckten, bewegte sich aus der stillen Versammlung einer, dessen Wunden seit einiger Zeit zu fließen aufgehört hatten. Mugambi, den die Araber für tot hatten liegen lassen, lebte noch.
Als ihn die sengenden Flammen schon erreichten, erhob er sich unter Qualen auf Hände und Knie und kroch langsam nach der Tür. Wieder und wieder fiel er zusammen, aber jedes Mal raffte er sich auf, um seinen peinvollen Weg nach dem rettenden Ausgang fortzusetzen. Nach einer ihm unendlich scheinenden Zeit, während der die Flammen am anderen Ende des Raumes schon wie in einem feurigen Schmelzofen rasten, gelang es dem schwarzen Riesen, die Veranda zu erreichen. Er rollte sich die Stufen hinab und kroch in die sichere Kühle einiger nahestehender Sträucher. Dort lag er die ganze Nacht, bald bewusstlos, bald wieder bei schmerzvoller Besinnung. In solchen Augenblicken sah er mit wildem Grimm in die Flammen, die immer noch aus dem brennenden Stall und dem Heuschober aufstiegen. Ein herumstreichender Löwe brüllte in nächster Nähe, aber der riesige Schwarze wusste nichts von Furcht. In seinem wilden Herzen war nur Raum für einen Gedanken: Vergeltung! Vergeltung!
Der Edelsteinhort von Opar
Auf dem Boden der Schatzkammer unter den Ruinen von Opar lag Tarzan lange Zeit auf demselben Fleck, auf welchen er hingestürzt war. Er lag wie tot, aber er war es nicht. Endlich regte er sich. Er öffnete die Augen und fand sich im Dunkel. Er fasste sich am Kopf und hatte klebriges, geronnenes Blut an der Hand. Er beroch seine Finger, wie ein wildes Tier das warme fließende Blut an einer verletzten Pfote beschnüffelt hätte.
Er erhob sich langsam in sitzende Stellung und lauschte. Kein Laut drang in die verschütteten Tiefen seines Grabes. Er raffte sich wankend auf die Füße und tastete sich an den Stapeln der Barren entlang. Wo war er? Der Kopf schmerzte ihm, aber sonst fühlte er weiter keine üblen Folgen des Schlages, welcher ihn gefällt hatte. An den Unfall selbst konnte er sich nicht mehr erinnern, wie ihm denn überhaupt die Erinnerung für alles, was dazu geführt hatte, völlig geschwunden war.
Seine Hände tasteten über seine Glieder, seinen Rumpf und den Kopf wie über etwas Fremdes. Er befühlte den Köcher auf dem Rücken, das Messer im Lendentuch. Irgendetwas in seinem Gehirn wollte sich eine Erinnerung erzwingen. Ah! Er hatte es. Er kroch über den Boden hin und fühlte mit der Hand nach dem Ding, dessen Fehlen ihm instinktiv bewusst war. Zuletzt fand er es – es war sein schwerer Kriegsspeer, welcher in den letzten Jahren eine so wichtige Rolle in seinem Leben gespielt hatte, dass er fast ein Stück von ihm bildete, so unzertrennlich war er bei jeder Tat mit ihm verwachsen, seit er in längstvergangenen Tagen seinen ersten Speer einem seiner Gewandtheit zum Opfer gefallenen Schwarzen entriss.
Für Tarzan war es sicher, dass noch eine andere Welt vorhanden sein musste außer dieser einen dunklen zwischen vier Steinwänden. Er setzte seine Suche fort und entdeckte schließlich den Gang nach der Stadt und dem Tempel. Er verfolgte diesen Weg ohne jede Vorsicht, kam an die steinernen Stufen, welche zu dem oberen Gang führten, erstieg sie und ging nach dem Brunnen weiter.
Nichts stachelte seine Erinnerung an frühere Vertrautheit mit der Umgebung an. Er tappte so gedankenlos durch die Finsternis, als ob er eine Ebene unter dem Glanz der Mittagssonne durchstreifte, und so geschah plötzlich, was unter solchen Umständen kommen musste.
Er erreichte den Rand des Brunnens, trat ins Leere, fiel vornüber und schoss in die dunkle Tiefe hinab. Mit dem Speer in der Hand schlug er auf das Wasser auf und versank tief.
Vom Fall unverletzt, tauchte er wieder zur Oberfläche empor, schüttelte sich das Wasser aus den Augen und fand, dass er sehen konnte. Von der Öffnung weit droben über seinem Haupte drang Tageslicht in den Brunnen und erhellte schwach die Wände. Tarzan schaute um sich. In Höhe des Wasserspiegels sah er in der feuchten, algenbezogenen Wand eine weite Öffnung. Er schwamm dorthin und zog sich auf den nassen Rand eines Tunnels heraus.
Er folgte diesem Tunnel, aber jetzt ging er ganz langsam, denn der Affentarzan begann wieder zu lernen. Der unerwartete Abgrund hatte ihn Vorsicht bei Begehung dunkler Stollen gelehrt – einer zweiten Lektion bedurfte er nicht.
Für eine lange Zeit verlief der Gang gerade wie ein Pfeil. Der Boden war schlüpfrig, weil wohl gelegentlich das Wasser des Brunnens übertrat und hier durch abfloss. Schon dies allein verzögerte Tarzans Schritte, denn er konnte sich nur mit Mühe aufrecht halten. Der Gang endete wieder am Fuße einer Treppe, die Tarzan hinaufstieg. Sie machte viele Windungen, bis sie ihn endlich in eine kleine, kreisrunde Kammer brachte, deren Düster durch schwaches Licht gebrochen wurde, das ein röhrenförmiger Schacht einließ.