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Die Wildente. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.

Die Wildente - Henrik Ibsen


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      Werle lacht spöttisch, aber gezwungen. Nein, denn ich konnte mir wirklich nicht denken, daß Du Dich so sehr für unsere frühere Wirtschafterin interessiertest.

      Gregers. Das habe ich auch nicht getan. Aber — senkt die Stimme — es waren hier im Hause andere Leute, die sich sehr für sie interessierten.

      Werle. Was soll das heißen? Aufbrausend. Du meinst damit doch wohl nicht gar mich?

      Gregers leise, aber fest. Ja, ich meine Dich.

      Werle. Und das wagst Du —! Das unterstehst Du Dich —! Wie kann dieser undankbare Mensch, dieser Photograph —; wie kann er sich erdreisten, mit solchen Bezichtigungen zu kommen!

      Gregers. Hjalmar hat diese Dinge nicht mit einem Worte berührt. Ich glaube, er hat nicht einmal eine Ahnung davon.

      Werle. Aber woher hast Du es denn? Wer hat Dir so etwas sagen können?

      Gregers. Das hat mir meine arme, unglückliche Mutter gesagt. Das letzte Mal, als ich sie sah.

      Werle. Deine Mutter! Hätte es mir auch denken können! Sie und Du, — Ihr habt immer zusammengehalten. Sie war es, die von Anfang an Dein Herz mir entfremdet hat.

      Gregers. Nein, — das haben die Leiden und Kränkungen getan, die sie hier ertragen mußte, bis sie zusammenbrach und jammervoll zugrunde ging.

      Werle. O, sie hatte keine Leiden und Kränkungen zu ertragen; wenigstens nicht mehr als so viele andere! Aber mit kränklichen, überspannten Menschen ist schwer auszukommen. Das habe ich nur zu sehr fühlen müssen. — Und nun kommst Du mit solcher Verdächtigung daher, — rührst allerhand alte Gerüchte wieder auf und Verleumdungen gegen Deinen Vater. Lieber Gregers, ich meine, Du in Deinem Alter könntest Dich wirklich mit etwas Nützlicherem beschäftigen.

      Gregers. Ja, das dürfte allerdings an der Zeit sein.

      Werle. Dann würde es Dir wohl auch leichter ums Herz, als es jetzt der Fall zu sein scheint. Wohin soll es denn führen, daß Du jahraus, jahrein auf dem Werk da oben wie ein einfacher Kontorist hockst und Dich plagst und nicht einen Pfennig über den gewöhnlichen Monatslohn annehmen willst? Das ist ja der reine Wahnsinn von Dir.

      Gregers. Ja, wenn ich das nur so sicher wüßte.

      Werle. Ich verstehe Dich ganz gut. Du willst unabhängig sein, willst mir nichts zu verdanken haben. Aber gerade jetzt hast Du eine Gelegenheit, Dich unabhängig zu machen, — in jeder Beziehung Dein eigener Herr zu werden.

      Gregers. So? Und auf welche Weise —?

      Werle. Als ich Dir schrieb, Du möchtest unverzüglich hierher kommen — hm —

      Gregers. Ja, — was willst Du eigentlich von mir? Den ganzen Tag warte ich schon darauf, es zu erfahren.

      Werle. Ich möchte Dir vorschlagen, als Teilhaber in die Firma zu treten.

      Gregers. Ich? In Deine Firma? Als Kompagnon?

      Werle. Ja. Des halb brauchten wir doch nicht ständig zusammen zu sein. Du könntest die Geschäfte hier in der Stadt übernehmen, und ich zöge aufs Werk hinauf.

      Gregers. Das wolltest Du?

      Werle. Ja, denn, sieh mal, ich bin nicht mehr so arbeitsfähig wie früher. Ich bin gezwungen, meine Augen zu schonen, Gregers; denn sie wollen schon etwas schwach werden.

      Gregers. Das sind sie ja immer gewesen.

      Werle. Nicht so wie jetzt. Und überdies, — die Verhältnisse könnten es mir vielleicht wünschenswert erscheinen lassen, da oben zu wohnen — wenigstens eine Zeitlang.

      Gregers. Alles andere hätte ich mir eher gedacht als so etwas.

      Werle. Nun hör’ mich mal an, Gregers. Es steht so vieles scheidend zwischen uns — gewiß. Aber wir sind doch nun einmal Vater und Sohn. Ich meine, es müßte doch etwas wie eine Verständigung zwischen uns möglich sein.

      Gregers. Du meinst doch wohl: äußerlich.

      Werle. Na, das wäre schon immerhin etwas. Überleg’ es Dir, Gregers. Glaubst Du nicht, es ließe sich machen? Was?

      Gregers blickt ihn kalt an. Dahinter steckt irgend etwas.

      Werle. Wieso?

      Gregers. Du hast mich gewiß zu etwas nötig.

      Werle. In einem so nahen Verhältnis, wie wir zueinander stehen, hat der eine den andern wohl immer nötig.

      Gregers. Ja, so heißt es.

      Werle. Ich möchte Dich jetzt gern einige Zeit bei mir haben. Ich bin ein einsamer Mann, Gregers, habe mich immer einsam gefühlt — mein ganzes Leben lang: aber besonders jetzt, da das Alter sich mir fühlbar macht. Ich muß jemand um mich haben. —

      Gregers. Du hast doch Frau Sörby.

      Werle. Allerdings. Und sie ist mir nachgerade sozusagen unentbehrlich geworden. Sie ist munter; sie ist ohne Launen; sie bringt Leben ins Haus; — und das kann ich grade gut gebrauchen.

      Gregers. Na, dann hast Du ja alles, was Dein Herz begehrt.

      Werle. Ja, aber ich fürchte, das kann nicht so bleiben. Eine Frau in solcher Situation kommt der Welt gegenüber leicht in eine schiefe Stellung. Ja, fast hätte ich gesagt, auch einem Manne ist damit nicht gedient.

      Gregers. O, wenn ein Mann solche Diners gibt wie Du, so kann er gewiß manches riskieren.

      Werle. Ja, aber sie, Gregers? Ich fürchte, sie wird sich auf die Dauer nicht darein finden. Und selbst wenn sie sich darein finden sollte, — wenn sie sich aus Hingebung für mich über den Klatsch und die Nachrede der Leute und dergleichen hinwegsetzen würde —? Meinst Du denn, Gregers, Du mit Deinem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn —

      Gregers ihn unterbrechend. Kurz und gut — sag’ mir eins: Hast Du die Absicht, sie zu heiraten?

      Werle. Und wenn ich nun die Absicht hätte? Was dann?

      Gregers. Ja, das frage ich auch. Was dann?

      Werle. Würde Dir das so durchaus gegen den Strich gehen?

      Gregers. Nein, gar nicht. Durchaus nicht.

      Werle. Ich konnte ja doch nicht wissen, ob nicht vielleicht die Erinnerung an Deine selige Mutter —

      Gregers. Ich bin nicht überspannt.

      Werle. Na, wie dem nun auch sei, — jedenfalls hast Du mir einen schweren Stein vom Herzen genommen. Es ist mir unendlich lieb, daß ich in dieser Sache auf Deine Zustimmung zählen kann.

      Gregers blickt ihn unverwandt an. Jetzt weiß ich, wozu Du mich brauchen willst.

      Werle. Dich brauchen? Was ist denn das für ein Ausdruck!

      Gregers. Ach, seien wir nicht heikel in der Wahl der Worte; — wenigstens nicht unter vier Augen. Lacht kurz. Ja so! Donnerwetter, — deshalb mußte ich mich also in eigener Person hier einfinden. Frau Sörby zu Liebe soll hier im Haus ein Familienleben inszeniert werden. Tableau zwischen Vater und Sohn! Das ist etwas Neues, ei ja!

      Werle. Wie kannst Du wagen, in solchem Ton zu reden!

      Gregers. Wann haben wir hier ein Familienleben gehabt? Niemals, solange ich denken kann. Aber jetzt hat man Verwendung für ’n bißchen so was. Denn unstreitig wird es sich sehr gut ausnehmen, wenn man erzählen kann, daß der Sohn — auf den Flügeln der Pietät — zum Hochzeitsfest des alternden Vaters herbeigeeilt ist. Was bleibt dann von all den Gerüchten über die Leiden der toten Dulderin? Nicht so viel! Ihr Sohn schlägt sie ja nieder.

      Werle. Gregers, — ich glaube, kein Mensch auf der Welt ist Dir so zuwider wie ich.

      Gregers leise. Ich habe Dich zu sehr in der Nähe gesehen.

      Werle. Du hast mich mit den Augen Deiner Mutter gesehen. Senkt ein wenig die Stimme. Aber Du solltest nicht vergessen, daß ihre Augen — zuweilen umnebelt waren.

      Gregers bebend. Ich weiß,


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