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Zwischen den Rassen. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Zwischen den Rassen - Heinrich Mann


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frag­te sie oft. »Wie sym­pa­thisch ist Herr Sound­so!« Und Lola gab dies zu, weil die Wor­te, die ihre Ver­ach­tung des Herrn Sound­so ent­hiel­ten, ihr selbst den Hals zu­schnür­ten. Aber war es mög­lich, et­was an­de­res zu füh­len für je­mand, der un­ter al­len Da­men nur ei­ner die Hand küss­te, und zwar der, die den höchs­ten Ti­tel führ­te? Oder für einen an­de­ren Herrn Sound­so, der auch sym­pa­thisch sein soll­te und der dem Kell­ner nur zwei Glas Ko­gnak ein­ge­stand, wenn er drei ge­trun­ken hat­te? So war die Mensch­heit; umso schlim­mer für den, der nicht die Gabe hat­te, da­von ab­zu­se­hen.

      »Du hast dich schwer ge­trennt«, mein­te Mai herz­lich. »Wa­rum warst du nicht auf­rich­tig mit mir? Sage doch, bit­te, bit­te, an wen du denkst!«

      »An nie­mand be­son­ders, ich ver­si­che­re dich.«

      Und sie ver­sank in im­mer trüber­en Zorn. Wär’s noch ein ein­zel­ner ge­we­sen, an dem sie litt! Aber der, den sie zu­rück­ge­las­sen hat­te, war nichts. Nicht sei­net­we­gen er­dul­de­te sie nun die­sel­be schwe­re Ein­sam­keit, die ihre frü­hen Mäd­chen­jah­re ver­bit­tert hat­te. Nur er­in­nert hat­te er sie dar­an, wie vor ihm an­de­re sei­ner Ras­se und Art, dass al­lein ihre Sin­ne einen Ge­fähr­ten fin­den konn­ten; dass in kei­nem Lan­de Men­schen er­wüch­sen, die ganz ih­res­glei­chen wa­ren; dass sie in der See­le al­lein war … Sie sah ins Was­ser und sehn­te sich: »Wer ei­ner Hei­mat ent­ge­gen­füh­re!«

      Sie hat­te eine ge­habt, eine Wahl­hei­mat, die Schritt für Schritt zu er­obern ge­we­sen war: ihre Kunst. Und auch aus der war sie ver­sto­ßen; denn die Bran­zil­la saß in der Ner­ven­heil­an­stalt.

      Denn das arme, täg­lich ver­wirr­te­re Ge­hirn der Bran­zil­la schi­en wun­der­bar ge­ne­sen, wenn sie den Stoff un­ter den Hän­den hat­te, aus dem sie schuf. Der Stoff war die Stim­me der Schü­le­rin. Lola war sich be­wusst, sie selbst sei nichts, sei nicht mehr als ein dump­fes Werk­zeug, und was aus ihr wer­den sol­le, sei im Geist der Leh­re­rin schon auf­ge­baut, wie ein Tem­pel aus Luft, un­fass­bar für je­den, ver­traut nur ihr, die ihn durch eine Ge­bär­de, ein Wort, durch einen der kind­lich mys­ti­schen Aus­drücke, die die Se­her fin­den, für eine Se­kun­de vor die Schü­le­rin hin­zau­bern konn­te, so­dass Lola sah: dort hin­an! Wer ver­moch­te das noch: durch ein Wort, ein ei­ge­nes, dem nichts Wirk­li­ches ent­sprach, das rich­ti­ge Spiel ei­nes Kehl­kop­fes be­wir­ken! Nie­mand wuss­te mehr von die­ser Kunst. Bei den Heu­ti­gen wa­ren Leh­re­rin­nen un­be­liebt, die zwei Jah­re brauch­ten. Und die Aus­bil­dung währ­te ehe­mals acht. Lola hät­te es, ein­mal in der Schu­le der Bran­zil­la, nicht mehr aus­ge­hal­ten, sich mit ei­nem Un­ge­fähr zu be­gnü­gen. Sie war fremd über­all, und nur mit ei­ner al­ten halb Ir­ren hielt sie Ge­mein­schaft; aber ei­nes Ta­ges woll­te sie im Be­sitz ei­ner un­er­hör­ten Kunst vor die Welt hin­tre­ten!

      Und in je­des Gast­haus brach­te sie eine ei­ge­ne Luft mit, mach­te je­des flüch­ti­ge Quar­tier hei­misch, in das sie ihre Ge­sän­ge, die seit Jah­ren ge­üb­ten, schick­te. Aus der Un­ord­nung der has­tig um­her­ge­wor­fe­nen Ge­gen­stän­de, der zer­streu­ten Stun­den, der re­gel­lo­sen Ver­gnü­gun­gen und der zu­fäl­li­gen Men­schen ret­te­te sie sich in den Win­kel, wo das Kla­vier stand, wie auf ihr ei­ge­nes Stück Erde. Von hier wür­de sie al­les Land er­obern! Wür­de un­ab­hän­gig, wür­de Fürs­tin sein, der die Her­zen schla­gen. Wie hoch­ge­mut und stark sie, in­des die an­de­ren, alle zum Un­ter­gang be­stimmt, lee­re Wor­te re­de­ten, Rän­ke, Lie­be­lei­en ver­geu­de­ten, mit sich selbst um­gin­gen wie mit Wert­lo­sig­kei­ten. Wie hoch­ge­mut, stark und voll Ver­ach­tung sie an sich ar­bei­te­te! Ihre Hei­mat er­wei­ter­te! … Aber man lock­te sie dar­aus fort; die Über­flüs­si­gen um­schwärm­ten sie. Um­sonst übte sie ta­ge­lang mit ih­rem Takt­zäh­ler: der Schwarm der Fest­li­chen über­täub­te das Ti­cken der klei­nen stren­gen Ma­schi­ne. Eine Wal­lung von Leicht­sinn, und Lola war mit­ten dar­in, ging un­ter in der Jagd der nach Freu­de Fie­bern­den. Dann trat der Mann auf: ei­ner de­rer, die sie im Blut hat­te, die sie nicht ver­mei­den konn­te – und die Kunst lag un­be­greif­lich da­hin­ter … Ei­nes Ta­ges stand sie dann wie­der am Kla­vier ne­ben der Al­ten, de­ren Stim­me hart und böse war; und der Tag hat­te blei­ches, schmer­zen­des Licht, wie ei­ner nach durch­tob­ter Nacht, der reu­e­be­la­den ist und den man lie­ber ver­schlie­fe. Und oft, wenn so ihre Tage in ei­ner lu­xu­ri­ösen Land­strei­che­rei zer­flos­sen, dach­te sie mit Neid al­ler An­ge­bun­de­nen, Be­hü­te­ten, in einen en­gen Kreis von Pf­licht und Ge­mein­schaft Ge­schlos­se­nen. An ih­rer Stim­me, die so kost­bar war, trug Lola, wie je­mand an ei­nem Klum­pen Gold in ei­ner Wüs­te. An­de­re sa­ßen in heim­li­cher Werk­statt und be­ar­bei­te­ten ihn …

      Und dann war die Bran­zil­la ver­schwun­den. Es war ge­sche­hen, wie Lola das letz­te Mal sie wo­chen­lang al­lein ge­las­sen hat­te. Lola hat­te es mit Zorn er­fah­ren. War denn der Rest Kraft, den die Alte ihr noch zu ge­ben hat­te, schon ver­braucht? Die Bran­zil­la moch­te ver­rückt sein, wie sie woll­te: sie blieb die ein­zi­ge, die Lo­las Stim­me be­herrsch­te, die ihre Stim­me sah. Dazu taug­te sie noch, dazu sam­mel­te sich noch ihre Ver­nunft. Lola sag­te dies den Leu­ten, die sie ihr weg­ge­nom­men hat­ten. »Lasst sie doch ver­rückt sein, es ist mei­ne Sa­che! Ich bin sie ge­wohnt, wie sie ist, und wer­de sie be­hü­ten. Gebt sie mir zu­rück!« Um­sonst: die Leh­re­rin blieb ver­lo­ren – und Lola wuss­te so­gleich, nun sei’s zu Ende. Die Metho­de der Bran­zil­la ließ einen un­selbst­stän­dig bis zu­letzt. Lola war ohn­mäch­tig ohne ihre Füh­re­rin. Der Weg zur Kunst, in die­se neue Hei­mat, war ver­lo­ren.

      So, aus Rat­lo­sig­keit, Halt­lo­sig­keit ge­riet sie nach Bar­ce­lo­na,


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