Der Diwan. Mohammad Schemsed-Din Hafis HafisЧитать онлайн книгу.
beim alten Recht und dem Bündnis
Schwör ich, es bleibet dein Heil immer mein Morgengebet.
Meine Tränen ergießen sich zwar wie vor Noe die Sündflut,
Aber des Busens Bild waschen sie nimmer hinweg.
Kauf mein zerschlagenes Herz, in tausend Stücke zerbrochen,
Ist es so viel als sonst tausend der anderen wert.
Schelte mich nicht der Trunkenheit, der Geleitsmann der Liebe
Hat mich seit Anbeginn selber zum Rausche gebracht.1
Sei gerad’, dann ersteiget die Sonne hell dem Gemüte,
Während die Dämmerung trügt, zeigt sie sich finster und schwarz.2
Nicht verwirf, o mein Herz, die Hoffnung der Gnade des Freundes.
Hast du mit Liebe geprahlt, tue Verzicht auf den Kopf.
Wahnsinn jagt mich um dich hinaus in Wüsten und Berge,
Meiner Ketten Last, ach, die erleichterst du nicht!
Ausgeschmält hat die Ameis’ Assafen, und wahrlich mit Rechte,3
Dass er verloren den Ring, dass er ihn nimmer gesucht,
Gräme dich nicht, Hafis! und hoffe von Schönen auf Treue,
Ist es des Ackers Schuld, wenn das Getreide nicht wächst?
1Am Tage, wo das ewige Schicksal die Bestimmung aller Menschen entschied, ward auch meine Neigung zum Trunke unwiderruflich entschieden.
2Im Persischen ein besonderes Wortspiel. Die erste Dämmerung heißt Subhi kasib, der trügende Morgen. Das Morgenlicht, auf welches unmittelbar der Aufgang der Sonne folgt, heißt Subhi sadik, der aufrichtige Morgen. Sei also aufrichtig, dann wird die Sonne aufgehen; bist du trügerisch wie die erste Dämmerung, so wird es auch in deinem Gemüte finster bleiben.
3Eine Anspielung auf die Geschichte der Ameise, die, nachdem alle Tiere mit Geschenken beladen vor dem Throne Salomons erschienen waren, auch einen Grashalm brachte. Assaf verlor das Siegel Salomons, dessen sich hernach ein Diwe bemächtigte und mit Hilfe desselben in Salomons Namen regierend die Völker täuschte. Das Siegel Salmons bedeutet hier die Lippen des Freundes, deren Genuss für jetzt verloren ist. Hafis will sich aber nicht die Nachlässigkeit des Großwesirs zu Schulden kommen lassen.
II.
Die Zelte meiner Augen
Sind deinem Aufenthalt geweiht,
O komm herab, sei gnädig,
Denn meine Wohnung ist dein Haus.
Des Mals, der Flaumen Anmut
Hat Weisen selbst das Herz geraubt
O sonderbare Weise,
Sie dienen dir statt Netz und Korn.
In dem Genuss der Rose
Erfreue dich, o Nachtigall!
Denn mit verliebten Klagen
Erfüllest du allein die Flur.
Die Heilung meines Herzens
Sei deinen Lippen heimgestellt,
Die Kräfte des Rubines
Sind deinem Schatze anvertraut.
Zwar bin ich nicht im Stande
Dir körperlich zu nah’n,
Doch bleibet meine Seele
Der Staub der Schwelle deines Tors.
Ich spende nicht an jedes
Verliebtes auch mein Seelengold,
Dein Siegel und dein Zeichen
Sind meinem Schatze aufgedrückt.
Mein holder süßer Ritter,
Woher nahmst du die selt’ne Kunst,
Dass du den Gaul des Himmels
Nach Wunsch mit deiner Geißel zähmst?
Wie soll denn ich Verliebter
Den tausend Künsten widerstehn,
Den Gaukelei’n, mit welchen
Du selbst den Himmel irreführst.
Es tanzen selbst die Sphären
Im lichten Harmonienkreis
Indem hiezu die Weise
Das süße Lied Hafisens spielt.
III.
Herz! du bist der Schleier Ihrer Liebe,
Aug’! du bist der Spiegel Ihres Glückes;
Bei den Welten neiget sich mein Kopf nicht,
Ihre Gnade beuget meinen Nacken.
Du und Tuba, ich und Wuchs der Freundin,1
Jeder denkt, was seinem Sinn gemäß ist.
Was kann mir in dem Hareme werden,2
Wo der Ost selbst vor der Türe stehet.
Ist mein Saum befleckt, was hat’s zu sagen,
Wenn die Welt von Ihrer Reinheit zeuget,
Hin sind Medschnun’s Tage, nun sind meine,3
Jeder kömmt fünf Tage an die Reihe;
Alles, Liebeherrschaft, Freudenschätze
Alles nur ein Seegen Ihres Glückes.
Sei ich selber, sei mein Herz geopfert,
Ists kein Schade, wenn nur Sie gesundet.
Meinem Auge sei Ihr Bild nie ferne,
Denn Ihr Kämmerlein ist dieser Winkel.4
Frische Rosen die der Flur entblühen
Blühen glänzend, duften wie Ihr Umgang.
Schaut nicht auf Hafisens äußre Armut,
Denn sein Busen ist der Schatz der Liebe.
1Du frommer Scheich denkst an den Baum des Paradieses Tuba, ich Profaner auf den Wuchs der Freundin. Jedem das Seinige.
2Wie kann denn ich hoffen in ihren Harem zu kommen, wozu selbst jedem Lüftchen der Eingang verwehret ist.
3Medschnun, das Ideal eines unglücklich Liebenden.
4Dieser Winkel meines Auges.
IV.
Mein Kopf und Willen fügen sich
Zur Schwelle meiner Freundin,
Was über meinen Kopf ergeht,
Ergeht nach Ihrem Willen.
Ich schaute Ihresgleichen nicht,
Wiewohl dem Mond der Sonne,
Den Spiegel ich entgegenhielt
Bloß des Vergleiches willen.
Was kann der Ostwind von der Qual
Des armen Herzens sagen?
Es ist verwickelt Blatt in Blatt
Wie eine Rosenknospe.
In dieser trunknen bösen Welt,
Sind außer mir noch Trunkne;
Gar viele Köpfe sind allhier
Geformt aus Ton der Kanne;1
Vielleicht