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Virginia und der ehescheue Graf. Barbara CartlandЧитать онлайн книгу.

Virginia und der ehescheue Graf - Barbara Cartland


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Tier. Schon wollte der Reitknecht Kentaurs Zügel greifen, als sich das Manöver von zuvor wiederholte.

      Der Earl blickte das Mädchen an.

      »Haben Sie ihm das beigebracht?« fragte er erstaunt. »Und er hat sie auch nicht abgeworfen Sie sind abgesprungen, stimmt' s?«

      »Natürlich. Kentaur würde mich niemals abwerfen!« antwortete das Mädchen. »Aber ich mußte mit Ihnen sprechen, und wenn Jenkins auf die Idee gekommen wäre, daß wir uns verabredet haben, würde er mit dieser Nachricht sofort zu Mama rennen.«

      »Wer ist Ihre Mutter?« erkundigte sich der Earl.

      »Lady Chevington!«

      Verblüfft sah der Earl sie an.

      »Warum wünschen Sie dann, daß ich die Einladung Ihrer Mutter nach Epsom ablehne?«

      »Weil sie sonst dafür sorgen wird, daß Sie mich heiraten«, antwortete das Mädchen.

      Einen Moment lang glaubte der Earl, sie wollte ihn zum Narren halten. Doch dann erkannte er die Ernsthaftigkeit in ihren Augen und wußte, daß sie wirklich meinte, was sie sagte.

      Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

      »Ich versichere Ihnen, daß ich durchaus in der Lage bin, selbst für mich zu sorgen. Und ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich meinen Aufenthalt im Hause Ihrer Mutter nicht dazu benutzen werde, um Ihre Hand anzuhalten, falls es das ist, was Sie beunruhigt.«

      »Seien Sie doch nicht albern!« erwiderte Virginia scharf. »Sie verstehen nicht, was ich Ihnen zu sagen versuche. Sie dürfen gar nicht erst die Gelegenheit haben, um meine Hand anzuhalten. Und für mich darf auch nicht die Notwendigkeit bestehen, Ihren Antrag abzulehnen. Man würde Sie zwingen, mich zu heiraten. Man wird Sie in eine Falle locken, glauben Sie mir das! Und dann wird es auf ehrenhafte Weise kein Entkommen für Sie geben.«

      Der Earl erhob sich aus seiner gebückten Haltung.

      »Ich bin davon überzeugt, daß Sie es mit Ihrer Warnung gut meinen«, versetzte er. »Aber ich verstehe Ihre Aufregung nicht ganz. Wirklich, Miss Virginia, Sie haben mein Ehrenwort darauf, daß ich nicht im entferntesten die Absicht habe, überhaupt jemals in den Ehestand zu treten!«

      »Und ich habe nicht die Absicht, Sie zu heiraten«, antwortete Virginia erregt. »Aber wenn Sie meine Warnung in den Wind schlagen und Mamas Einladung annehmen, können Sie Gift darauf nehmen, daß sie Mittel und Wege findet, ihr Ziel zu erreichen.«

      Der Earl lachte.

      »Tut mir leid, aber ich kann mir keine Situation vorstellen, in der mich jemand veranlassen könnte, einen Schritt zu tun, zu dem ich nicht entschlossen bin«, versicherte er mit Nachdruck. »Glauben Sie mir, Miss Virginia, das, was Sie befürchten, wird ganz gewiß nicht eintreten.«

      Virginia sprang auf.

      »Sie sind ein Narr«, rief sie erbost. »Ich hätte wissen müssen, daß ich nur meine Zeit vergeudete, als ich Ihnen schrieb.«

      Sie klopfte den Staub aus ihrem Reitkostüm und fügte hinzu: »Warum, glauben Sie, hat der Herzog von Frampton meine älteste Schwester Ambrosine geheiratet und der Marquis von Northaw meine zweitälteste Schwester Beryl?«

      Sie machte eine Pause, als erwarte sie eine Entgegnung des Earl.

      Doch als dieser schwieg und sie nur fragend anschaute, fuhr sie fort: »Mama hatte beschlossen, die beiden Gentlemen zu ihren Schwiegersöhnen zu machen. Und ehe sie sich versahen, waren sie verheiratet. Und nun hat Mama es auf Sie abgesehen. Sie sollen der Mann ihrer jüngsten Tochter werden und das bin ich.«

      »Offensichtlich erfüllt diese Vorstellung Sie mit größtem Entsetzen, oder irre ich mich?«

      Die Stimme des Earl klang spöttisch.

      »Und Sie ziehen die Sache offensichtlich ins Lächerliche. Bei Gott, ich hätte Ihnen mehr Verstand zugetraut«, rief Virginia erzürnt. »Man behauptet, Sie seien außergewöhnlich intelligent. Aber ich muß gestehen, daß ich bisher davon nicht viel gemerkt habe. Nun gut, kommen Sie also nach Chevington. Sie werden schon sehen, welche Konsequenzen das haben wird. Aber eins lassen Sie sich gesagt sein: Ich spiele bei dem Spiel nicht mit. Ich werde nicht Ihre Frau, mag geschehen, was will!«

      »Was sollte denn schon groß geschehen?« fragte der Earl.

      »Das werden Sie schon sehen«, erwiderte Virginia unheilverkündend. »Und lassen Sie mich noch erwähnen, daß Mama an dem Tag, an dem unsere Hochzeitsankündigung in der Gazette steht, eine Wette von tausend Guineas gewinnen wird.«

      »Ich versichere Ihnen feierlich, daß Lady Chevington diese Wette verlieren wird«, versprach der Earl mit Nachdruck.

      Virginia schenkte ihm einen vernichtenden Blick. Dann drehte sie den Kopf und schaute sich nach dem Reitknecht um, der immer noch vergeblich bemüht war, das Pferd einzufangen.

      Es war offenkundig, daß Kentaur ihn an der Nase herumführte.

      Jedes Mal, wenn der Mann nahe genug an das Pferd herangekommen war und sich niederbeugte, um den Zügel zu ergreifen, wich es wie unabsichtlich zu Seite.

      Plötzlich stieß Virginia wieder einen Pfiff aus. Augenblicklich hob Kentaur den Kopf und setzte sich unverzüglich auf das Mädchen zu in Bewegung. Mit locker hängenden Steigbügeln und flatternder Mähne trabte er heran.

      Virginia streckte die Hand aus und gab dem Tier einen Klaps auf den Hals, während der Hengst seine Nüstern zärtlich an ihrer Wange rieb.

      »Haben Sie Ihrem Pferd diese Kunststückchen beigebracht?« fragte der Graf.

      »Natürlich«, antwortete Virginia. »Er versteht alles, was ich zu ihm sage. Deshalb trägt er auch den Namen Kentaur.«

      »Ein Wesen halb Pferd, halb Mensch.«

      Der Earl lächelte.

      »Ich bin erfreut, festzustellen, daß Sie wenigstens in der griechischen Mythologie bewandert sind, wenn es auch mit Ihrem gesunden Menschenverstand nicht allzu weit her zu sein scheint«, bemerkte Virginia ernst.

      Ihr Blick wanderte zur Brücke hinüber, wo der Rappe des Earl vergeblich versuchte, sich von dem Zügel zu befreien, den sein Herr um den Geländerpfosten geschlungen hatte.

      »Ein wunderbares Tier«, rief Virginia in völlig verändertem Tonfall.

      »Eine Neuerwerbung«, sagte der Earl. »Wenn ich gewußt hätte, welche Rolle mir heute Morgen zugedacht wurde, hätte ich mich für ein ruhigeres Tier entschieden.«

      Während er sprach, ging er auf den Rappen zu und band ihn los.

      Schnaubend stieg das Tier auf die Hinterhand, und seine Vorderhufe schlegelten gefährlich nahe am Kopf des Earl durch die Luft.

      Beruhigend sprach der Earl auf den Hengst ein, tätschelte seinen Hals und schwang sich mit einem geschmeidigen Satz in den Sattel. Das Ganze geschah mit einer derart unglaublichen Leichtigkeit und Schnelligkeit, daß dem überraschten Pferd nicht die Zeit blieb, etwas dagegen zu unternehmen.

      Der Earl zog das Tier um die Hand und sah, daß Virginia ebenfalls aufgestiegen war.

      »Besten Dank für Ihre Hilfe, Sir«, rief sie. Und der Earl wußte, daß ihre Worte zwar an ihn gerichtet waren, in Wirklichkeit aber nur den Pferdeknecht täuschen sollten.

      »Verbeuge dich vor dem Gentleman, Kentaur!« befahl sie.

      Zum Erstaunen des Earl setzte das Pferd den rechten Fuß vor, winkelte die linke Vorderhand ein und senkte den Kopf.

      Dann zog Virginia das Tier herum und galoppierte, ohne den Earl noch eines einzigen Blickes zu würdigen, davon.

      Gebannt schaute er ihr nach und stellte fest, daß sie eine hervorragende Figur im Sattel machte und mit ihrem Pferd regelrecht verwachsen zu sein schien.

      »Eine ausgezeichnete Reiterin.« murmelte er anerkennend.

      Dann dachte er an das, was sie ihm gesagt hatte,


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