In die unbegrenzte Weite. Karoline von GünderrodeЧитать онлайн книгу.
Wo die Ruhe wohnt,
Wo des Lebens Farben bleichen,
Wo die Elemente schweigen
Und der Friede thront.
Erdgeister
Wer hieß herab dich in die Tiefe steigen
Und unterbrechen unser ewig Schweigen?
Wandrer
Der rege Trieb: die Wahrheit zu ergründen!
Erdgeister
So wolltest in der Nacht das Licht du finden?
Wandrer
Nicht jenes Licht das auf der Erde gastet
Und trügerisch dem Forscher nur entflieht,
Nein, jenes Urseyn das hier unten rastet
Und rein nur in der Lebensquelle glüht.
Die unvermischten Schätze wollt’ ich heben
Die nicht der Schein der Oberwelt berührt
Die Urkraft, die, der Perle gleich, vom Leben
Des Daseyns Meer in seinen Tiefen führt.
Das Leben, in dem Schoos des Lebens schauen;
Wie es sich kindlich an die Mutter schmiegt
In ihrer Werkstatt die Natur erschauen,
Sehn, wie die Schöpfung ihr am Busen liegt.
Erdgeister
So wiß! es ruht die ew’ge Lebensfülle
Gebunden hier noch in des Schlafes Hülle
Und lebt und regt sich kaum,
Sie hat nicht Lippen um sich auszusprechen,
Noch kann sie nicht des Schweigens Siegel brechen,
Ihr Daseyn ist noch Traum.
Und wir, wir sorgen, daß noch Schlaf sie decke
Daß sie nicht wache, eh’ die Zeit sie wecke.
Wandrer
O ihr! die in der Erde waltet,
Der Dinge Tiefe habt gestaltet,
Enthüllt, enthüllt euch mir!
Erdgeister
Opfer nicht und Zauberworte
Dringen durch der Erde Pforte,
Erhörung ist nicht hier.
Das Ungeborne ruhet hier verhüllet
Geheimnißvoll, bis seine Zeit erfüllet.
Wandrer
So nehmt mich auf, geheimnißvolle Mächte,
O wieget mich in tiefem Schlummer ein.
Verhüllet mich in eure Mitternächte,
Ich trete freudig aus des Lebens Reihn.
Laßt wieder mich zum Mutterschoose sinken,
Vergessenheit und neues Daseyn trinken.
Erdgeister
Umsonst! an dir ist uns’re Macht verlohren,
Zu spät! du bist dem Tage schon geboren;
Geschieden aus dem Lebenselement.
Dem Werden können wir, und nicht dem Seyn gebieten
Und du bist schon vom Mutterschoos geschieden
Durch dein Bewußtseyn schon vom Traum getrennt.
Doch schau hinab, in deiner Seele Gründen
Was du hier suchest wirst du dorten finden,
Des Weltalls sehn’nder Spiegel bist du nur.
Auch dort sind Mitternächte die einst tagen,
Auch dort sind Kräfte, die vom Schlaf erwachen
Auch dort ist eine Werkstatt der Natur.
Mahomets Traum in der Wüste
Bei des Mittags Brand
Wo der Wüste Sand
Kein kühlend Lüftchen erlabet,
Wo heiß, vom Samum6 nur geküsset,
Ein grauer Fels die Wolken grüßet
Da sinket müd der Seher hin.
Vom trügenden Schein
Will der Dinge Seyn
Sein Geist, betrachtend hier, trennen.
Der Zukunft Geist will er beschwören,
Des eignen Herzens Stimme hören,
Und folgen seiner Eingebung.
Hier flieht die Gottheit,
Die der Wahn ihm leiht,
Der eitle Schimmer verstiebet.
Und ihn, auf den die Völker sehen,
Den Siegespalmen nur umwehen,
Umkreist der Sorgen dunkle Nacht.
Des Sehers Traum
Durchflieget den Raum
Und all’ die künftigen Zeiten,
Bald kostet er, in trunknem Wahne,
Die Seligkeit gelung’ner Plane,
Dann sieht er seinen Untergang,
Entsetzen und Wuth,
Mit wechselnder Fluth,
Kämpfen im innersten Leben,
Von Zweifeln, ruft er, nur umgeben!
Verhauchet der Entschluß sein Leben!
Eh’ Reu ihn und Mißlingen straft.
Der Gottheit Macht,
Zerreiße die Nacht
Des Schicksals, vor meinen Blicken!
Sie lasse mich die Zukunft sehen,
Ob meine Fahnen siegreich wehen?
Ob mein Gesetz die Welt regiert?
Er sprichts; da bebt
Die Erde, es hebt
Die See sich auf zu den Wolken,
Flammen entlodern den Felsenklüften,
Die Luft, erfüllt von Schwefeldüften,
Läßt träg die müden Schwingen ruhn.
Im wilden Tanz,
Umschlinget der Kranz
Der irren Sterne, die Himmel;
Das Meer erbraußt in seinen Gründen,
Und in der Erde tiefsten Schlünden
Streiten die Elemente sich.
Und der Eintracht Band,
Das mächtig umwand
Die Kräfte, es schien gelöset.
Der Luft entsinkt der Wolken Schleier
Und