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Sklaverei. Michael ZeuskeЧитать онлайн книгу.

Sklaverei - Michael Zeuske


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die sich bisher in gewisser Weise als »sklavenfrei« oder wenigstens »sklavenhandelsfrei« konzipiert haben bzw. konzipiert worden sind (wie das spanische Weltreich). Und Nichtsichtbarmachung von Versklavten ist auch heute gängig.

      Am wenigsten Sinn ergibt die Unterscheidung aus post-postkolonialer Sicht, wenn die »Kolonialität von Arbeit« an den Rändern des »Westens« (und in seinen peripheren Einflussgebieten, wenn man, wie ich, die Wallersteinschen Peripherien nicht so mag) konstatiert wird, meist nachdem auf die Konzeptualisierung von Sklaverei als »Anomalie« und als »niedrigere Form« von Arbeit durch Adam Smith und Karl Marx verwiesen wurde: Man spricht dann von »einer Theorie des Weltsystems, die Sklaverei und Leibeigenschaft zusammen mit Pachtverhältnissen, Kontraktsklaverei und anderen Formen der Zwangsarbeit als Arbeitsregime an der Peripherie des modernen kapitalistischen Systems begreift«.34

      Hinter dem Unwillen, Sklaverei auch Sklaverei und Sklaven Versklavte zu nennen, steht nicht nur kulturalistischer Relativismus, sondern neben dem aktiven Vergessen auch einerseits eine Politik des Schweigens über Sklaverei, die historisch sehr alt ist, und andererseits ein funktionalistischer Unwille gegen die heute gängige Sklavereirhetorik des Neoabolitionismus, der mediengerecht gegen neo-slavery vorgeht. Der rhetorische »Kampf gegen Sklaverei und Sklavenhandel« ist seit den Umbruchzeiten um 1800 ein Mittel, um die Gefühle möglichst vieler Menschen an Wirtschafts-, Sozial- und Lebensformen sowie an die Kultur von Gesellschaften zu binden, die für sich Freiheit und Modernität als normative Hauptwerte proklamieren, während sie Wirtschaftsformen der direkten Kontrolle des Körpers von Ausgebeuteten (»Sklaverei«) für alt und unmodern erklären.

      Hat sich irgendeiner der (westlichen) ›Wertehistoriker‹ schon einmal gefragt, wie ein Bogen großer Emotionen (»Moral«, humanitarian feeling) von der Abolitionsbewegung in Großbritannien Ende des 18. Jahrhunderts hin zu medial inszenierten Großspektakeln der Neoabolitionisten gegen »moderne Sklaverei und trafficking« geschlagen werden konnte? Großbritannien prägte um 1800–1840 eine neue »moralische Ordnung« der Globalgeschichte. »Britisch sein« bedeutete nach den Napoleonischen Kriegen nach 1815 und vor allem nach 1840, zur siegreichen »Zivilisation« zu gehören und den »Freihandel« zu unterstützen. Die Menschen in Gegenden zukünftiger britischer Herrschaft (und anderer europäischer Kolonialherren) waren Opfer und sollten es bleiben. Julia O’Donnell nennt die heutige Anknüpfung an die von Großbritannien ausgerufene »neue moralische Ordnung« in einer scharfen Argumentation die Wahl zwischen Viktimisierung und Konsumentenbekehrung, in der sich Regierungen und NGOs mit Coca-Cola und Microsoft einig seien.35

      Sehr verkürzt gesagt unterliegen Menschen, die versklavt werden, einer inneren und einer äußeren Degradierung ihres Status. Innere Degradierung bedeutet, dass versklavte Menschen am unteren Ende der Hierarchie einer gegebenen Gruppe, Gemeinschaft (community) oder Gesellschaft in der Geschichte angesiedelt wurden. Ihre Körper wurden oft markiert – durch Torturen, Peitschenhiebe, mit einer Verstümmelung oder einem Zeichen, Tabus, einer bestimmten Kleidung oder Nicht-Kleidung (etwa keine Schuhe), oder mittels bestimmter Arbeiten, die mit Schmutz, Unreinheit, Blut, Leichen, Ekel, Dreck und schwerster Routine zu tun hatten. Ich nenne sie »Versklavte« statt »Sklaven und Sklavinnen«, um deutlich werden zu lassen, dass die Menschen keine »geborenen Sklaven« waren, wie es bei Aristoteles heißt, sondern zu Sklaven gemacht wurden (selbst wenn sie wirklich als Sklaven geboren wurden). Meist handelte es sich um Frauen oder Kinder, die ihre Verwandten verloren hatten (oder von ihnen weggegeben wurden), neu in eine Gruppe gekommen waren, oder um Schuldner.

      Je länger es diesen Status in einer gegebenen Gruppe oder Gesellschaft gab, oder im Fall massiver Konflikte oder Expansionen, desto mehr wurde die innere Degradierung verschärft, bis hin zu typischen Mutilationen oder rechtlichen Fixierungen des Sklavenstatus wie im alten Rom oder in anderen Sklavengesellschaften. In China existierte eine scharf umrissene legale Festschreibung des Sklavenstatus nur für Staats- und Militärsklaven sowie für Verbrecher und für Menschen, die in Gebiete außerhalb Chinas verschleppt wurden, oder die sich am Beginn des slaving-Prozesses »freiwillig« verpflichteten und dann in Sklavereigesellschaften transportiert wurden. Eines der Körpermutilationsmodelle für Dauersklaven ist im Alten Testament auf folgende Weise beschrieben: »So bringe ihn sein Herr vor Gott und stelle ihn an die Tür oder Pfosten und durchbohre mit einem Pfriemen sein Ohr, und er sei Sklave für immer«.36 Aber auch Spanien oder England im Mittelalter und in der frühen Neuzeit kennen Mutilationen und Brandzeichen im Gesicht, wie den berühmt-berüchtigten »ese« und »clavo« (ein S-Zeichen mit dem Symbol eines Nagels in der vertikalen Mitte – heute das Dollarsymbol ($); zugleich das spanische Wort für Sklave – ese + clavo (= esclavo) oder Namen von Eigentümern, die auf die Wangen gebrannt wurden. Das wichtigste Besitzzeichen ist das bereits erwähnte Brandzeichen (carimba oder carimbo), meist auf Schulter oder Rücken, im Bereich der atlantischen Sklaverei.37

      Es gab auch Elitesklaven, die vor allem im islamischen Bereich in verschiedenen Sultanaten Militär-, Verwaltungs- und Herrschaftsbeamte wurden, etwa im Safawiden-Reich (Persien) oder unter den Osmanen, im Mamluken-Sultanat sowie im Sokoto-Kalifat. Die meisten dieser Sklavensoldaten entstammten der Tradition der türkisch-mongolischen Militär- oder Elitesklaverei aus Asien. Eine Statuserniedrigung spielte aber auch in den Biografien dieser Versklavten eine Rolle, oft ganz am Anfang, etwa wenn »weiße« Jungen aus christlichen Familien oder Mädchen aus bestimmten Regionen (meist aus dem Kaukasus, aus Südrussland/Ukraine oder aus dem Sudan) verschleppt wurden. Ehud R. Toledano nennt diese Elitesklaven im Osmanischen Reich »kul-type slaves«38. Als Staats- und Elitesklaven arbeiteten sie meist in Palastkomplexen, aus denen sich Herrschaftseliten rekrutierten – auch im direkten biologischen Sinne, wenn versklavte Mädchen und Frauen (»Harem«) für den Nachwuchs sorgen mussten.

      Bestimmte Typen der Opfersklaverei – z. B. für gefangene Elitekrieger in Mittelamerika – gingen ebenfalls mit zeitweilig hohem gesellschaftlichem Status einher. Das Phänomen findet sich in allen Imperien und Häuptlingstümern Amerikas sowie speziell bei hochrangigen aztekischen Opfersklaven. Für die Verkörperung des Kriegsgottes der Mexica wurde ein junger, schöner und angenehmer Kriegsgefangener sehr hohen Rangs ausgewählt, der neben dem offiziellen Mexica-Machthaber (tlatoani = Großer Sprecher) für ein Jahr Tezcatlipoca (»Rauchender Spiegel« oder »Rauch des Spiegels«) verkörperte, die oberste Macht und Gottheit. Der Opfer-Repräsentant Tezcatlipocas wählte nach einem Jahr den Zeitpunkt seines Todes selbst aus. Dieser zeitweilige extrem hohe Status wurde aber nur ausgesuchten Opfersklaven zuteil, einen mittleren Status nahmen gefangen genommene Krieger ein und bei Massenopfern wurden auch Menschen niedrigen Status getötet.39

      Eliteversklavte, die mit ihrem Wissen, ihren Fertigkeiten und ihrem Körper Dienste leisten mussten, gab es auch im atlantischen Westen (in geringerem Umfang) mit den sogenannten Königssklaven, den esclavos del rey (z. B. die bekannten congos reales als Artilleristen) oder nègres du roi. Die Versklavten verstanden sich als Elite und brachten dieses Statusbewusstsein auch zum Ausdruck. Trotzdem hatten sie zwischen Versklavungsort in Afrika und dem Sklavereiort in den Amerikas Status eingebüßt, wie auch die genannten Elitesklaven. Mamluken etwa wurden nach Ende der Ausbildung (im Alter von 18 bis 19 Jahren) freigelassen. Die Nucai der Manchu (Militärsklaven, Bannermänner), die im 17. Jahrhundert China eroberten, wurden zwar nicht formell freigelassen, stiegen aber innerhalb des Militärsklavenstatus auf und erreichten sehr hohe Positionen.

      »Schuldner zu sein« und die Schulden nicht zurückzuzahlen, führt beinahe in der ganzen Weltgeschichte zu einem schlechten Status. Fast alle Gesellschaften, mit Ausnahme vielleicht der vorderasiatischen und nordafrikanischen islamischen Kernterritorien, mussten sich mit dem Problem herumschlagen, ob sie Schuldner zu Sklaven machen oder nicht (siehe die Reformen des Solon im 6. Jahrhundert v. Chr., die den Status eines Schuldners vom Status der Versklavung trennten). Die meisten Gesellschaften kannten grundsätzlich keine Trennung zwischen Sklaverei und Schuldnerstatus, und auch in Rom selbst kam es in Krisen zu einer Zunahme von Neuversklavungen wegen Schulden. Verschuldung war oft der Einstieg in ein Sklavenleben.

      Martin Krieger beschreibt die indische Schuldknechtschaft folgendermaßen:

      »Üblicherweise bildete das freiwillige Eintreten armer, verschuldeter Landbewohner in die Schuldknechtschaft den Beginn des Daseins als Sklave. Gerade in Notzeiten, als nach Missernten


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