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Eugénie oder Die Bürgerzeit. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Eugénie oder Die Bürgerzeit - Heinrich Mann


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zugleich Ihrem Vergnügen und Ihrer Größe dienen«, behauptete sie sowohl girrend als stolz. Sie umkreiste ihn fieberhaft.

      »Bravo«, riefen die Zuschauer. Der Dichter gebot Ruhe.

      »Jetzt müssen Sie mir drohen«, raunte er seiner Partnerin zu. »Sie haben einen Begleiter. Er war bei der kaiserlichen Polizei.«

      »Sie weigern sich?« rief Gabriele schon. »Sie wagen, mich herauszufordern. Sie halten mich für schutzlos. Aber hier habe ich jemand, auf den ich rechnen kann.«

      Sie zog Leutnant von Kessel hervor.

      »Er liebt mich heimlich«, versicherte sie mit flammendem Blick, »für mich ist er alles imstande. Wissen Sie, daß er eine Frau, die meinem Gatten gefährlich wurde, kurzweg getötet hat?«

      Der arme Kessel war blutrot. ›Verlegenheit‹, dachten die anderen, ›so plötzlich in die Sache hineingezogen zu sein.‹

      »Beobachten Sie mich gut«, sagte Professor Heines zu Leutnant von Kühn. »So sollen Sie König Wilhelm spielen.«

      Alle aber hatten Augen nur für Gabriele gehabt. Ihr so unerwartet entdecktes Talent stieg ihr selbst zu Kopf.

      »Jetzt brauche ich Pidohn«, rief sie. »Für meine große Szene mit Napoleon ... Herr Pidohn!« rief sie durch die hohlen Hände in den Garten hinaus. »Herr Pidohn!«

      »Wenn er nun wirklich erschiene?« fragte Kusine Emmy, als dächten beide an eine wahre Teufelsgestalt, grausig, wenn auch nur erfunden.

      »Er ist nur unglücklich«, sagte hier der Dichter. »Er leidet furchtbare Schmerzen, hat alles verloren, seine Kraft ist allein die Ergebung in das Unvermeidliche.«

      »Davon habe ich nichts bemerkt bei Pidohn«, versicherte der Konsul.

      »Ich spreche von Napoleon«, berichtigte der Dichter. »Die Gatten sind allein.«

      Jetzt stand er vor seiner Partnerin als Tiefgebeugter, mit Leidenszügen, sichtlich gealtert, seitdem er nicht mehr der siegreiche Wilhelm war.

      »Ihre Wandlung!« raunte er ihr zu. »Sie sehen einen Kranken. Dies haben Sie aus ihm gemacht. Es ist Ihre Schuld.«

      »Ach! Schuld?« warf Gabriele hin. Er streckte den Finger aus:

      »So ist der Ton. Noch zweifeln Sie. Aber endlich wandeln Sie sich.«

      »Das langweilt mich«, sagte sie kalt.

      »Wie denn? Was ich erfinde, langweilt Sie?«

      »Es liegt mir nicht.«

      »Hören Sie! Begreifen Sie!«

      Der alte Mann beschwor dies leichte Wesen, das sich ihm widersetzte. Er kämpfte, man verstand nicht ganz, um was.

      »Die Sache ist, daß Sie endlich doch vom Unglück überzeugt sind. Verstehen Sie? Überzeugt, daß auch das Unglück kostbar, sogar liebenswert ist. Verwandelt, ihm hingegeben, erlöst durch das Unglück.«

      »Ich liebe Napoleon?« fragte sie ungläubig. »Auch noch, wenn er im Unglück ist?«

      »So wie mich, wenn ich geschäftliche Schwierigkeiten hätte«, sagte der Konsul aufgeräumt.

      »Nein. Die hat Pidohn«, sagte Gabriele.

      Den Dichter verdrossen die Vergleiche. »Meine tragischen Personen«, murmelte er gekränkt und weggewendet.

      In der eingetretenen Stille fragte die Kusine:

      »Wer soll den Napoleon spielen?«

      Es war die einfachste Frage, aber sie fiel in die Stille. Niemand wollte den Vorschlag kennen, an den alle dachten.

      Der Konsul begann:

      »Darf ich bemerken, Herr Professor, daß Sie noch vor kurzem das Unglück als eine Art Schande anzusehen schienen, oder es doch verkörperten in einer düsteren und fragwürdigen Abenteurergestalt, die in kein gutes Haus sollte eindringen dürfen?«

      Dies war der allgemeine Eindruck. Man schwieg, denn man fühlte wie der Konsul. Dieselbe Gestalt stand vor allen.

      Auch der alte Dichter war betroffen von seinen eigenen Widersprüchen. Jene junge Dame dort sollte vom Übermut und der Unwissenheit geheilt werden durch seine Erfindung. Es war eine Art Verabredung gewesen. So tragisch war es denn doch nicht gemeint. Er war unzufrieden. Hinzu kam, daß er seine Kräfte plötzlich erschöpft fand, daß es spät war und der für ihn bestellte Wagen ausblieb. Dies stieß ihm zu, eine halbe Stunde vor der Stadt, dreiviertel von seinem Haus!

      Die Luft war noch milder geworden, ein Regen schien nahe. Alle standen auf der dunklen Steinterrasse. Die Straße blieb leer, sie horchten. Weit entferntes Knarren und Kreischen – »es kommt von der andern Seite. Bauernwagen mit Gemüse, die Fischerkarren aus Suturp, sie fahren schon in der Nacht zur Stadt, denn morgen ist Markttag.«

      »Sie werden sich nicht zu den Kohlköpfen setzen wollen, Herr Professor«, äußerte der Konsul. »Dann bleibt nur übrig, daß Sie hier schlafen.«

      »Ihr Zimmer ist bereit«, versicherte seine Frau.

      Der Dichter antwortete ihnen nicht, oder sie verstanden nicht, was er etwa murmelte. Seine Laune ward immer schlechter. Er begriff nicht mehr, warum er hier den Abend verbracht, wozu sich erhitzt, überanstrengt, den Leuten ein Schauspiel geboten hatte. Jetzt war er ausgeliefert ihren Übergriffen und unzarten Scherzen. Sie weiter ertragen oder die Fahrt unternehmen auf einem holprigen Karren, der sein Tod sein konnte! ... Hier fuhr plötzlich sein Wagen vor. Im Geräusch der vielen Räder hatte man diese überhört.

      Alle verabschiedeten sich von ihm. Die Kusine bat ihn um eine Rolle in dem Stück, aber er antwortete nicht. Sie wohnte noch weiter draußen, die beiden Offiziere begleiteten sie. Er war erleichtert, es wäre noch gut gegangen. Da fiel aber vom Dach eine Katze. Sie hatte droben eine unliebsame Begegnung gehabt, soeben zischte sie noch drohend. Plötzlich rutschte sie hier auf dem Steinboden auseinander, als sei sie nur noch Fell. Schon aber tat das Tier einen Satz über das Geländer und verschwand im Dunkeln. Etwas verspätet, weil es zu schnell fort war, sagte der Konsul:

      »So stürze jeder Feind des deutschen Namens.«

      Es war aus einem Drama seines Gastes oder es konnte daraus sein. Der Konsul sprach es nicht besonders gehoben, fast ohne ironische Absicht, nur froh, daß es ihm so pünktlich eingefallen war. Die Verstimmung des Dichters, unverständlich wie sie war, ließ sich vielleicht doch mildern, wenn man ihn zitierte?

      Statt dessen zuckte Professor von Heines auf wie gestochen, er stieß einen Fluch aus und war von der Terrasse verschwunden, man dachte an den Sprung der Katze. Die Windlichter kamen ihm so schnell nicht nach, er gelangte im Dunkeln zu dem Wagen, er stolperte hinein.

      ›Meine Verse und eine Katze!‹ fühlte er, und mit Knirschen: ›Auch noch falsch zitiert.‹

      Damit fuhr er ab.

      Fünftes Kapitel

      Die andern folgten bis an das Gartengitter, sie verharrten dort eine Weile schweigend. Was war geschehen?

      »Siehst du, man darf nicht zitieren«, erklärte die Konsulin, als wäre ihr dies von jeher bekannt gewesen.

      »Das Stück wird er uns jetzt wohl nicht mehr schreiben«, vermutete Emmy Nissen.

      Leutnant von Kühn sagte zuversichtlich: »Dann machen wir es selbst.«

      »Schade doch.« Gabriele senkte den Kopf. Wer ihre Traurigkeit am schwersten mit ansah, war Leutnant von Kessel.

      »Ich gehe zu Herrn Professor von Heines«, versprach er ohne Besinnen. »Ich erweiche ihn.«

      Er zögerte, entschloß sich aber:

      »Befehlen Sie, Frau Konsul, daß ich auch Herrn Pidohn bitte?«

      »Um was?« fragte Gabriele hart. Er verlor sofort die Fassung.

      »Daß er den Napoleon spielt –?« sagte er zweifelnd.

      »Davon


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