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Tradition. Katherine V. ForrestЧитать онлайн книгу.

Tradition - Katherine V. Forrest


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ein Weißer, blond. Im Hollywood Presbyterian Hospital. Wird gerade erkennungsdienstlich überprüft. Hat Schnittwunden an den Händen. Sie halten ihn fest, zwei Beamte sind auf dem Weg. Und Hansen hat Bescheid gesagt, dass Everson jetzt im Tradition ist.«

      »Gut«, sagte Kate. »Da fahren wir zuerst hin. Was wollte Bud Sterling?«

      »Hat von dem Fall gehört.«

      »Das habe ich mir fast gedacht. Hast du ihm erzählt, dass wir vielleicht einen Verdächtigen haben?«

      »Klar, ich habe ihm alles erzählt, was wir wissen.«

      »Was hat er gesagt?« Taylors phlegmatische Antworten töteten ihr den letzten Nerv.

      Er zuckte die Achseln. »Er meinte, er wird sich drum kümmern.«

      »Ich wollte schon immer gern mit ihm zusammenarbeiten.« Sie warf sich ihre Umhängetasche über die Schulter und versuchte, etwas von ihrem Eifer auf ihn zu übertragen. »Lass uns dafür sorgen, dass es ein leichter Fall für ihn wird, Ed.«

      Als Taylor in den Plymouth kletterte, brummte er: »Warum zum Teufel müssen wir jetzt noch mal zur Leiche zurück. Wir haben einen lebendigen Verdächtigen.«

      »Er läuft uns nicht weg«, antwortete sie und rutschte hinters Steuer. »Ich möchte hören, was Everson zu sagen hat. Wir hatten noch keine Gelegenheit, uns den Tatort genauer anzusehen. Oder die Leiche.«

      »Die Obduktion ist Montag.«

      »Da musst du hin, Ed. Ich habe einen Termin bei Gericht, die Vorverhandlung im Fall Weldon. Trotzdem müssen wir uns den Tatort noch mal ganz genau ansehen – bevor wir diesen Verdächtigen befragen.«

      »Willst du die Messerstiche in der Leiche zählen oder was? Was gibt’s da zu sehen?«

      »Seine Hände«, sagte Kate, während sie den Wagen durch die Polizeiautos auf dem Revierparkplatz bugsierte.

      »Warum? Was bringt’s, wenn er Abwehrwunden hat? Oder keine? Wir wissen, was passiert ist.«

      Sie verlor allmählich die Geduld. »Okay«, sagte sie. »Was wissen wir also?«

      »Den üblichen öden Scheiß. Teddie baggert diesen Typ an, sie fahren ins Tradition, schnupfen Koks. Teddie geht ihm an die Wäsche, und der Typ macht ihn zu seiner persönlichen Dartscheibe.«

      »Der übliche öde Scheiß«, wiederholte Kate verächtlich.

      »Komm schon, Kate. So wie die leben, fordern die das doch heraus.«

      Kate raste den Venice Boulevard hinunter. Bleib cool, bleib ganz ruhig, befahl sie sich selbst. Aber es hatte etwas Befreiendes, den Zorn herauszulassen. »Wenn Teddie Crawford jemanden in einer Bar kennenlernt und dafür sterben muss, ist das also der übliche öde Scheiß. Wenn Florence Delgado nachts die La Brea Street entlanggeht und dafür sterben muss, ist das der übliche öde Scheiß. An dem Tag, wo ich das Gefühl habe, dass es der übliche öde Scheiß ist, einen Mörder hinter Schloss und Riegel zu bringen, schmeiß ich den Job hin.«

      »Was ist das jetzt für ein Scheiß? Ich bin Polizist, du bist Polizist. Wieso diskutieren wir über so was überhaupt?«

      »Weil du glaubst, dass Teddie Crawford den Tod verdient hat«, sagte sie mit schneidender Stimme.

      »Himmelherrgott, niemand hat den Tod verdient. Aber einige Leute fordern es verdammt noch mal heraus. Das weißt du ganz genau, Kate.«

      »Richtig«, schnappte sie. »Der entschuldbare Mord. Wenn die Opfer öde Scheißer sind und so weiter.«

      »Die Opfer sind blöde Scheißer«, sagte Taylor hitzig. »Die Opfer –«

      »Kriegen, was sie verdient haben – das wolltest du doch sagen. Du hast die Fragen dieser Welt gelöst.«

      »Mein Gott noch mal, Kate. Ich habe die Welt nicht gemacht. Ich habe nicht den Eindruck, dass du irgendwelche klugen Antworten auf die Probleme hast.«

      »Ich habe keine.« Die Abruptheit, mit der sie das Thema abbrach, war gegen sich selbst gerichtet. Das Brett vor Taylors Kopf war heute nicht dicker als irgendwann sonst in den sieben Jahren ihrer Zusammenarbeit. Was für einen Sinn hatte es, mit ihm herumzustreiten?

      Die Menschenmenge vor dem Tradition war weiter angewachsen. Bald würden sie ihr Schauspiel bekommen: Der Wagen der Gerichtsmedizin parkte bereits vor dem Gebäude.

      Kate stellte den Plymouth auf demselben Parkplatz ab, den sie am Morgen benutzt hatte. Innerlich kochte sie noch immer vor Wut über das Gespräch mit Taylor. Sie ging zum Block zurück und bahnte sich ihren Weg durch die Menge. Taylor folgte ihr, hielt jedoch einige Schritte Sicherheitsabstand.

      Everson, die Arme ordentlich vor seinem Tweedjackett verschränkt, stand in der Küche neben der Spüle und unterhielt sich mit Charlotte Mead.

      »Mein Gott, hier stinkt’s wie im Schlachthof«, beschwerte sich Taylor von der Türschwelle aus.

      »Charlottes Parfüm«, sagte Everson.

      »Genau«, knurrte Mead und sah von ihrem Klemmbrett hoch. »Eau de Schlachthof.«

      Grinsend betrat Kate die Küche. Sie mochte diesen Gerichtspathologen, seine anspruchsvolle Aufmachung wirkte immer ein bisschen absurd angesichts der Blutbäder, die er aufsuchte, aber sie spiegelte seine Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt wider. »Wie geht’s Ihnen, Walt?«

      Everson deutete auf den Fußboden. »Besser als ihm.«

      »Wann ist es passiert?«, fragte Taylor.

      »Nicht vor ein Uhr gestern Nacht«, antwortete Everson. »Ich schätze, zwischen ein und drei Uhr.«

      »Hat er Abwehrwunden?«, fragte Kate.

      Everson nickte. »Die Leichenstarre ist zwar fast vollständig eingetreten, aber ich kann Ihnen was zeigen.«

      Er zog ein Paar frische Gummihandschuhe aus seiner Arzttasche, streifte sie über und kniete sich neben die Leiche von Teddie Crawford. Kate und Charlotte Mead hockten sich neben ihn, Taylor beugte sich vorsichtig von hinten über sie. Everson griff mit beiden Händen nach Teddie Crawfords linkem Arm und drehte ihn unter sichtlicher Anstrengung ein Stück herum. Die blutige Handfläche wies einen deutlichen Schnitt auf. Everson wiederholte die Prozedur mit der rechten Hand. Die Handfläche wies ebenfalls tiefe Schnittwunden auf, der kleine Finger war fast völlig abgetrennt.

      »Klassische Abwehrwunden«, erläuterte Everson.

      »Seine Hände müssen eingetütet werden«, sagte Taylor.

      »Danke, Ed«, flötete Charlotte Mead. »Da wären wir allein nie drauf gekommen.«

      Kate erlaubte sich, Taylors Unbehagen einen Moment lang zu genießen. »Keine Uhr, kein Schmuck«, überlegte sie laut, während sie Teddie Crawfords Hände und Handgelenke betrachtete. »Walt«, fragte sie im Aufstehen, »haben Sie eine Brieftasche gefunden?«

      »Nein, aber da ich wusste, dass Sie noch kommen, habe ich ihn nicht umgedreht.« Er beugte sich über die Leiche. »Gehen Sie ein Stück zurück, bitte.«

      Er griff nach den Schultern von Teddie Crawford und drehte ihn auf die Seite. Die Hände und Arme, steif durch die Leichenstarre, bewegten sich nicht, aber aus mehreren Wunden im Rücken strömte Blut in leuchtend roten Kaskaden auf den Boden. Kate starrte verwirrt auf die roten Rinnsale. Wenn Teddie Crawford noch immer blutete, wie konnte er da tot sein? Ihre Gedanken wanderten zu einer Ermittlung, die sie vor fünf Monaten durchgeführt hatte. Ein drei Monate altes Baby war an einem heißen Septembertag mehrere Stunden lang im Auto zurückgelassen worden, während die Eltern in Seelenruhe einen Einkaufsbummel machten. Sie selbst hatte das Baby aus dem Wagen gehoben, ein kleines blondes Mädchen, das sich noch ganz warm anfühlte; aus dem kleinen rosigen Mund waren Speichelblasen gekommen. Eine Sekunde lang hatte sich die wilde Hoffnung in ihr geregt, das Mädchen könne noch am Leben sein. Irgendwer hätte einfach die Uhr zurückgedreht, das Unglück war nie geschehen. Später klärte sie der Gerichtsmediziner auf, dass die scheinbaren


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