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Die drei Klosterkids. Karla SchnieringЧитать онлайн книгу.

Die drei Klosterkids - Karla Schniering


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Abend saßen sie an Jos Kinderzimmerfenster oberhalb des Tores und überlegten. Jos Fenster zeigte zum Kloster hinaus, das von Josie zur Straße. Es hatte begonnen zu stürmen und zu regnen. Niemand war draußen auf dem Klostergelände. Bei dem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür, sagte ihr Opa immer. Auf einmal krachte es von irgendwoher, und der Strom fiel aus. Jo und Josie blieben ganz ruhig. Es konnte gut sein, dass der Strom innerhalb von Minuten wieder da sein würde. Das kam hier öfter vor. Sie hatten die Arme auf dem Fensterbrett abgestützt und blickten immer noch nachdenklich in die Nacht.

      Plötzlich stieß Josie ihren Bruder an und deutete nach unten. Der Strahl einer Taschenlampe bewegte sich unter ihnen durch das Tor. Den Träger der Lampe konnten sie nicht erkennen. Zielstrebig bewegte er sich Richtung Kirche, bis er im Dunkeln verschwand. Sie drückten sich die Nasen an der Scheibe platt, da gingen die Lampen wieder an. Plötzlich ertönte von der Kirche Geschrei, und ein Mann rannte von dort aus in ihre Richtung, genau auf das Torhaus zu. Sie sahen nur noch, wie er unter dem Torbogen hindurch in Richtung Straße rannte.

      Was war geschehen?

      2. Dezember

      DER ERSTE FUND

      Die Zwillinge hatten noch vor dem Schlafengehen beschlossen, niemandem von ihrer Entdeckung zu erzählen. Als sie am Morgen von ihrer Mutter geweckt wurden und sich für die Schule fertig machten, kam ihnen der gestrige Abend sowieso schon irgendwie unwirklich vor. Auf dem Schulweg unterhielten sie sich über ihren Plan.

      „Glaubst du wirklich, in dem Loch der Marienfigur steckte irgendwas?“, fragte Josie ihren Bruder, als sie zur Schule gingen.

      „Keine Ahnung, ich habe da nur etwas Helles gesehen, aber das werden wir nachher herausfinden.“

      „Hoffentlich erwischt uns keiner.“

      Jo grinste. „Ach was. Du bleibst an der Kirchentür stehen, ich sehe nach.“

      „Was siehst du nach?“, fragte eine Stimme hinter ihnen. Beide wirbelten herum.

      „Nick! Hast du uns erschreckt!“, rief Josie. Nick war der beste Freund der beiden, strohblond, blitzgescheit, aber manchmal so in Gedanken, dass er von allem nur die Hälfte mitbekam. Er ging mit ihnen in eine Klasse, war aber bei den Klassenarbeiten immer ein wenig neben der Spur. Die Zwillinge sahen sich an. Sollten sie Nick von ihrem Vorhaben erzählen? Besser erstmal nicht, hatten sie sich gestern vorgenommen.

      „Ach“, sagte Jo, „nichts Besonderes.“

      Nick grinste.

      „Zweiter Versuch: Was wollt ihr denn nachsehen? Kommt schon, wir erzählen uns sonst doch auch alles.“

      Josie stieß ihren Bruder in die Seite und schüttelte den Kopf. Das bekam Nick natürlich mit.

      „Ihr habt ein Geheimnis!“, sagte er. „Was ist es? Der Klosterschatz?“

      Jo und Josie blieben abrupt stehen.

      „Was für ein Klosterschatz?“, fragten beide wie aus einem Mund.

      „Kennt ihr nicht die alten Geschichten? Aber alles nur Humbug, wenn ihr mich fragt. Bisher hat zumindest niemand was gefunden. Seit ewigen Zeiten wird hier restauriert und renoviert. Wenn es einen gäbe, wüsste ich das. Das wüsste doch jeder …“

      „Und wie kommst du dann plötzlich darauf?“

      Nick sah die beiden triumphierend an. „Weil mein Vater mir erzählt hat, dass ihn irgendjemand angerufen und wegen des Klosters ausgequetscht hat. Darum! Irgendwie spukt der Klosterschatz immer noch in den Köpfen der Leute herum.“

      Nicks Vater war Drucker und arbeitete in einer kleinen Druckerei in Osnabrück.

      „Und?“

      „Keine Ahnung, mein Vater hat dem Mann gesagt, es gäbe ein Buch über Malgarten, mehr nicht. Dann hat der Mann einfach aufgelegt. Schon komisch, sagte mein Vater auch.“

      „War der Mann denn aus Bramsche?“

      „Das weiß mein Vater nicht. Das Gespräch war nur kurz, und im Display war nur eine Handynummer zu sehen. Was ist, wollt ihr mir jetzt sagen, was ihr vorhin meintet?“

      Josie nickte, und dann erzählten sie Nick, was sie gestern an der Krippenfigur entdeckt hatten und dass sie am Nachmittag gleich nochmal nachschauen wollten.

      „Das ist ja cool“, meinte der nur.

      „Ja, aber halt bloß den Mund“, meinte Josie. „Wir wissen ja noch gar nicht, ob überhaupt was in der Figur ist.“

      Nick versprach hoch und heilig, niemandem von dem Vorhaben zu erzählen. Auch nicht in der Schule oder zu Hause. Da läutete die Schulglocke, und sie rannten mit den anderen durchs Schultor. In der ersten Pause verabredeten sie sich für vier Uhr an der Kirche. Nick wollte auf jeden Fall dabei sein, wenn Jo und Josie die Figur untersuchen wollten.

      Pünktlich um vier standen Jo und Josie vor der Kirchentür. Es regnete, und der Himmel hing dick und grau über ihnen. Wer nicht kam, war Nick. Kurz darauf zog Jo sein Handy aus der Tasche und schickte dem Freund eine SMS. Der schrieb fast postwendend zurück: „Muss mit Mama shoppen, sorry!“

      „Na dann los“, meinte Jo, nachdem er Josie die SMS gezeigt hatte. Sie betraten die Kirche und sofort umfing sie absolute Stille. Es war sehr düster, fast schon unheimlich, und so schlichen sie leise zur Krippe. Dort blieben sie abwartend stehen und warteten. Nichts! Josie beugte sich vor und griff nach Maria. Sie drehte sie um und schob an dem unteren Plättchen herum. Es löste sich schwer, aber schließlich kam darunter der kleine Hohlraum zum Vorschein. Jo griff in seine Jackentasche und zog eine Taschenlampe heraus. Er leuchtete in die Aussparung.

      „Da“, flüsterte er, „sieht aus wie ein Holzspan.“

      Mit spitzen Fingern zog Josie den Span heraus. Sie hielt ihn in das Licht der Taschenlampe. Der Span war zwei Finger breit, ungefähr fünf Zentimeter hoch und sehr flach.

      „Was ist das?“, fragte Jo und runzelte die Stirn. „Ich sehe nur so merkwürdige Striche und Zeichen.“

      Josie legte den Span vorsichtig in ein aufgeklapptes Papiertaschentuch. Sie steckte alles behutsam in ihre Jackentasche und nahm dann die Figur wieder in die Hand. Schweigend, aber mit vor Aufregung klopfenden Herzen, schoben sie das Plättchen wieder an seinen ursprünglichen Platz. Keine Sekunde zu früh. Die hiesige Historikerin, Annemarie Schmidchen, drückte gerade die Pendeltür auf und sagte mit dem Blick hinter sich: „So, meine Damen und Herren, bitte folgen Sie mir. Ich werde nur eben Licht in der Sakristei machen.“ Da sah sie Jo und Josie. Maria stand längst wieder an ihrem Platz.

      „Hallo, ihr beiden. Auch an der Kirchengeschichte dieser Gemeinde interessiert?“, fragte sie freundlich. Jo und Josie sahen sich an. „Och ja, kann ja nicht schaden“, meinte Jo, obwohl er total neugierig darauf war, den Span in Josies Tasche näher zu untersuchen. Die stöhnte auch leise. Aber Jo flüsterte ihr zu: „Ablenkung ist alles. Die wundert sich sonst noch, was wir hier machen.“

      „Stimmt!“

      Gefühlte Stunden später verließen die beiden mit den anderen Interessierten die Kirche. Sie rannten sofort nach Hause. Ihre Mutter war offensichtlich einkaufen, Papa bei der Arbeit. Also hatten sie freie Bahn. In Josies Zimmer angekommen suchte sie sofort in ihrer Kramschublade nach einer Lupe. Endlich hatte sie sie gefunden. Mit hochroten Wangen hielt sie die Lupe in die Luft: „Ha! Volltreffer. Jetzt wollen wir doch mal sehen …“

      Jo saß am Schreibtisch und hatte die Lampe so ausgerichtet, dass sie den Span hell beleuchtete.

      „Und? Hier, nimm die.“ Josie beugte sich mit der Lupe über ihn.


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