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Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten. Adrian PlassЧитать онлайн книгу.

Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten - Adrian Plass


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ist ja ein reizendes Bild, das ihr zwei da von mir malt. Wie ein Walross, das schlechte Laune hat. Aber wir kommen vom Thema ab. Ich hatte dich gefragt, Anne, wieso du es riskiert hast, Angels gegenüber die Tournee zu erwähnen, bevor wir sie hatten tanzen sehen?«

      »Na ja«, sagte Anne zögernd, »auf die Gefahr hin, dass sich das wieder ziemlich albern anhört, ich glaube, ich habe es getan, weil es Momente gibt – nicht so oft, aber hin und wieder –, wo man einfach mal einen Umriss in die Luft zeichnen muss, damit Gott ihn ausmalen und in ein richtiges Bild verwandeln kann. Das glaube ich wirklich. Aber du hast recht, es ist riskant, und falls sich herausstellt, dass ich mich geirrt habe, hättest du wirklich allen Grund zu deiner Walrossnummer.«

      »Ich frage mich«, sagte ich, »ob wir dieses Bild mit dem Walross vielleicht wieder vergessen könnten.«

      »Kein Problem, Paps«, sagte Gerald und grinste mich an, wie er es immer getan hat, schon seit er ein Dreikäsehoch war, »du brauchst nur nie wieder sauer zu sein.«

      Rief nach dem Tee bei Barry an, um zu fragen, ob es okay wäre, noch eine weitere Person mitzunehmen, und als Angels und Leonard heute Abend vorbeikamen, sagten Anne und ich ihr noch einmal, wie sehr uns ihr Tanz gefallen hatte, und fragten sie, ob sie nicht Lust hätte, mit uns auf die Tournee zu kommen und jeden Abend zwei oder drei Tänze zum Programm beizusteuern. Habe selten gesehen, wie Freude, Furcht und Begeisterung einander so im Kreis herum jagten, wie sie es in Angels’ Gesicht taten, als wir das sagten. Thynn konnte fast nur noch lallen vor Freude bei dem Gedanken, dass sein Schatz uns begleiten würde, aber er bekam, wen wundert’s, fast augenblicklich einen seiner crescendoartig anschwellenden Panikanfälle.

      »Das ist ja toll!«, sagte er. »Das hätte ich nie gedacht, dass wir auf der Tournee zusammen sein könnten! Moment! Wartet mal, was ist denn mit den Hotels und so? Die sind doch alle ausgebucht. Da sind bestimmt keine Zimmer mehr frei. Und im selben Zimmer schlafen können wir nicht, weil ich doch Christ bin, so ein Pech! Nun kann sie doch nicht mitkommen.

      Moment mal! Sie kann doch mein Zimmer haben und ich komme nicht mit. Nein, das hilft auch nichts; dann wären wir ja auf der Tournee nicht zusammen, und ich habe ihr doch nur mein Zimmer angeboten, damit sie mit auf die Tournee kann, damit wir auf der Tournee zusammen sind, und wenn ich nicht mitkomme, hat es ja keinen Sinn, auf mein Zimmer zu verzichten, weil wir ja nicht …«

      »Mein lieber Leonard«, unterbrach Anne, die sehr gut wusste, dass solche Tiraden bis in alle Ewigkeit weitergehen können oder zumindest so lange, bis Leonard platzt oder vor Erschöpfung in Ohnmacht fällt. »Es ist bestimmt gar kein Problem, ein zusätzliches Zimmer zu buchen, und wenn doch, finden wir garantiert eine Lösung. Schlimmstenfalls kann sich Gerald in unserem Zimmer ein Feldbett aufstellen lassen oder so. Stimmt doch, Gerald?«

      »Na klar«, sagte Gerald lächelnd, »und für ein mitreisendes Kind gibt es ja auch meistens Ermäßigung, oder? Allerdings muss Paps dann versprechen, mir eine Gutenachtgeschichte vorzulesen, wie in den alten Zeiten.«

      »Adrian«, warf Angels mit sorgenvoll gerunzelter Stirn ein, »ich würde wirklich gern mitkommen. Ich werde sicher ganz schrecklich nervös sein, aber es wäre toll, mit Leonard und euch allen zusammen zu sein und mal ein paar richtige Tänze zeigen zu können.« Sie wurde rot. »Ich meine – das soll natürlich nicht heißen, dass das im Clay House keine richtigen Tänze waren. Aber – na ja, ihr wisst schon … Das Einzige, was mir Sorgen macht, ist – nun ja, ihr seid alle Christen und die Abende werden sich um lauter christliche Sachen drehen und es ist nun einmal so, dass ich kein Christ bin.«

      Fragend sah sie Anne und mich mit ihren großen, hellbraunen Augen an.

      »Seid ihr sicher, dass ihr jemanden wie mich dabeihaben wollt? Wird das – wird das die Sache nicht irgendwie verderben?«

      Manchmal ist es, als ob Anne und ich genau im selben Augenblick dasselbe erkennen. Nicht oft. Nur manchmal. Diesmal war es so.

      Ich sagte: »Angels, ich bin ganz sicher, dass Gott möchte, dass Sie mit uns kommen, ob Sie an ihn glauben oder nicht.«

      »Sie tanzen wie ein Engel«, sagte Anne, »und Gott hat schon immer Engel benutzt, um den Leuten Botschaften zu überbringen. Sie sind genau das, was er braucht und was wir brauchen. Ich bin so froh, dass Sie mitkommen.«

      Den Rest des Abends verbrachte Anne am Telefon, und als wir ins Bett gingen, hatte sie die Unterbringungsfrage geklärt.

      »Und das«, sagte Anne, während sie ihr Nachtlicht ausschaltete, »ohne dass du dem kleinen Gerald Gutenachtgeschichten vorlesen musst.«

      Warum empfand ich einen kleinen Stich der Trauer, als sie das sagte?

      Versprach Leonard, mich heute Abend im Gemeindesaal mit ihm zu treffen, um die Aufstellung und Bedienung des Projektors und der Leinwand zu üben. Er hatte die Sachen im Laufe des Tages bei einem Laden in der Stadt namens »Sights & Sounds« abgeholt und heute Abend war unsere einzige Gelegenheit, sie auszupacken und einen Blick darauf zu werfen, bevor am Freitag die Tournee beginnt.

      Als ich ankam, stand Thynn in einer Ecke des Saals, presste die Hände gegen die Schläfen und starrte gebannt auf einen großen, quadratischen Metallrahmen, der mitten im Saal auf dem Boden lag und an dem an einigen Stellen eine große Bahn eines naturweißen, leinenähnlichen Materials befestigt war.

      Ging vorsichtig auf Leonard zu und fragte ihn, was los sei.

      »Also, ich habe dieses längliche Metalldingens zu einem Quadrat gemacht«, sagte er mit bebender, kaum hörbarer, traumatisierter Stimme, den Blick immer noch starr in die Mitte des Saals gerichtet. »Es wollte sich irgendwie nicht zu einem Quadrat machen lassen, weißt du. Es hat mich gebissen und gekniffen und versucht, sich wieder länglich zu machen, aber ich habe mit ihm gekämpft und es angeschrien und mich damit auf dem Boden gewälzt, und am Ende hat es nachgegeben. Jetzt ist es ein Quadrat. Schau!« Er gab ein kleines, irres Lachen von sich und deutete mit wedelndem Arm auf das Ding. »Es ist ein Quadrat. Das habe ich gemacht! Ich war es, der das lange, gerade Metalldingens zu einem Quadrat gemacht hat.«

      »Sehr schön, wunderbar!«, sagte ich, so freundlich und aufmunternd ich konnte. »Gut gemacht, Leonard. Du hast recht, es ist ein großes Quadrat, genau wie es sein sollte, und jetzt müssen wir nur noch das Leinwandtuch befestigen, indem wir es auf all diese Metallknöpfe am Innenrand draufdrücken.«

      »Habe ich schon versucht«, sagte Thynn, wandte mir seinen Blick zu und verdrehte die Augen wie eine Figur aus einem jener melodramatischen alten Stummfilme, die der Hölle einen Besuch abgestattet haben und für immer davon gezeichnet sein werden. »Ich habe es versucht, Adrian, aber dieses Monster von einer Leinwand – es hat es auf mich abgesehen. Es will mich zum Wahnsinn treiben und am Ende umbringen.«

      Er drehte den Kopf und schaute auf die Uhr über der Durchreiche.

      »Ich bin extra früher gekommen, weißt du, weil ich mal gucken wollte, ob ich alles fertig kriege, bevor du kommst. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um dieses lange Metalldingens zum Quadrat zu machen, und seitdem versuche ich, das Tuch zu befestigen.«

      Argwöhnisch tat er einen Schritt auf die Mitte des Saals zu.

      »Es sah ganz einfach aus, weißt du. Ich habe zuerst eine Ecke befestigt – das war gar kein Problem – und dann habe ich einfach an einer Seite weitergemacht und einen Knopf nach dem anderen hineingedrückt. Eine ganze Seite habe ich geschafft. Hat richtig Spaß gemacht. Ich war ganz happy. Und dann habe ich eine andere Seite gemacht. Ich dachte, das läuft ja alles wie am Schnürchen. Aber als ich mit der dritten Seite anfing, ging es plötzlich nicht mehr. Die Leinwand ließ sich nicht weit genug dehnen, und als ich auf die Knie gegangen bin und kräftig gezogen habe, ist die ganze erste Seite wieder abgegangen, und als ich dann die dritte Seite bis zum Ende zugeknöpft hatte, reichte die erste Seite nicht mehr bis an die Knöpfe. Ich habe wieder kräftig gezogen und dann ging die zweite Seite ab. Da bin ich wie verrückt auf dem Tuch herumgesprungen und habe es angeschrien und eine Frau kam herein, um den Saal zu putzen, und lief schreiend wieder hinaus.«

      »Meine Güte!


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