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Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten. Adrian PlassЧитать онлайн книгу.

Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten - Adrian Plass


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wegen deines Befehls, dass wir keine Börse mitnehmen sollen, Herr?‹

      ›Ja‹

      ›Nun, äh, um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was eine Börse ist, Herr, und, nun ja, es macht mir Sorgen, dass ich, äh, eine Börse mitnehmen könnte, ohne zu wissen, dass ich sie habe. Also dachte ich mir …‹

      Als sie das hören, spotten die anderen neunundsechzig laut, lachen und rufen: ›Ha! Du Depp! Weißt du nicht, was eine Börse ist? Das weiß doch jedes Kind. Was für ein Trottel!‹ Da knirscht Jesus mit den Zähnen und spricht: ›Also schön, wer kann uns sagen, was eine Börse ist?‹

      Und siehe, das Lachen verfliegt von den Gesichtern der neunundsechzig. Einer wagt eine Vermutung, eine Börse habe etwas mit Aktien zu tun.

      Jesus schüttelt den Kopf und spricht: ›Also schön, wie viele wissen nicht, was eine Börse ist?‹

      Alle siebzig erheben ihre Hände.

      Jesus stößt einen kleinen Seufzer aus, lächelt vor sich hin und spricht: ›Na gut, setzt euch wieder hin. Ich fange noch einmal von vorne an …‹«

      Was Gerald gestern gesagt hat, hat mich sehr aufgeheitert und inspiriert. Er hat absolut recht! Ich bin qualifiziert, für Gott zu sprechen, gerade weil ich nur ein ganz gewöhnlicher Nachfolger bin. Bilde mir ein, dass ich diese Tatsache jetzt mehr zu schätzen weiß als die meisten Leute. Ich brenne regelrecht für den Herrn! Kann es kaum erwarten, morgen zu einer Veranstaltung bei »Reginalds und Eileens Nachmittagstee-Club« in West Hammerton zu fahren, einem Dorf hier in der Nähe. Diese Leute haben mich eigens gebeten zu kommen. Sie freuen sich darauf, und ich werde ihnen nicht durch meine dummen Sorgen um mich selbst die Freude oder den Zugang zu geistlichen Dingen vermiesen.

      Halleluja!

      Kam um halb drei mit Gerald im Gemeindehaus in West Hammerton an, reichlich rechtzeitig für meinen Vortrag, der für drei Uhr angesetzt war. Ging in die Halle mit meinem schüchternen Ja-ich-bin’s-Leute-aber-ich-bin-auch-nicht-andersals-ihr-Ausdruck auf dem Gesicht. Hätte mir die Mühe sparen können. Es schien sowieso niemand zu merken, wer ich war.

      Als wir eintraten, kam ein elegant gekleideter, ziemlich alter Mann mit steif militärischer, aber schon etwas unsicherer Haltung auf uns zu, der sich als Mr. B. Granger vorstellte, Sekretär von Reginalds und Eileens Nachmittagstee-Club. Sagte, die Person, die mich eingeladen habe, könne leider nicht kommen, weil sie inzwischen verstorben sei (eine erbärmlich lahme Ausrede, wie Gerald später bemerkte), sodass er eigentlich nicht so recht wisse, was hier eigentlich laufe.

      Erschwerend komme hinzu, erklärte er mit seiner altersdumpfen, bellenden Stimme, dass ich die Alternative zu jemandem sei, der, soweit ich es verstehen konnte, nicht hatte an die Stelle eines Mannes treten können, der nicht als Ersatz für eine Frau hatte kommen können, die abgesagt hatte, einen wunderbaren Menschen namens Mr. A. Whittle zu vertreten, der ein Experte über »West Hammerton in alter Zeit« war und dessen Erscheinen (nebst dem seiner Dias) eigentlich der allgemeine Wunsch gewesen wäre.

      Ob ich auch Dias mitgebracht hätte? Nein, weniger. – Oh.

      Auf eine Frage von Gerald hin erklärte Mr. B. Granger, dass

      »Reginalds und Eileens Nachmittagstee-Club« seinen Namen der Tatsache verdanke, dass er vor vielen Jahren von zwei Leuten namens Reginald und Eileen ins Leben gerufen worden war, die inzwischen ebenfalls verstorben waren.

      Gerald nickte verständnisvoll.

      Die meisten der etwa zwanzig älteren Leute, die in Viereroder Fünfergruppen an den kleinen Tischen saßen, starrten mich an, als ich Mr. B. Granger zu der Stelle folgte, wo ein Mikrofon gestanden hätte, wenn sie eines besessen hätten.

      Sie hassen mich, dachte ich, weil ich nicht Mr. A. Whittle bin und weil ich keine Dias habe.

      Mr. B. Granger blickte verstohlen auf ein kleines Stück Papier, das er in der Handfläche verborgen hielt, und räusperte sich gebieterisch.

      Er sagte: »Also, fangen wir an, meine Damen und Herren. Zuerst die Bekanntmachungen.« Pause. »Es gibt keine. Hat irgendein Mitglied vor der Vorstellung des Referenten etwas bekanntzugeben?«

      Eine uralte, weißhaarige kleine Dame, von der Last der Jahre gebeugt, hebelte sich von ihrem Stuhl hoch und machte sich entschlossen auf den verschlungenen Weg nach vorne, von wo sie sich mit zittrig aggressiver Stimme an die Versammlung wandte.

      »Ich wollte nur sagen, dass ich seit zwanzig Jahren alle sechs Club-Tischtücher mit nach Hause genommen und gewaschen habe und nicht bereit bin, das noch weiter zu tun. Es ist an der Zeit, dass mal jemand anderes an die Reihe kommt.«

      »Worin genau besteht diese Aufgabe, Mrs. Lazenby?«, erkundigte sich Mr. B. Granger in ernstem, dienstbeflissenem Tonfall.

      »Man muss einmal im Jahr alle sechs Tischtücher mit nach Hause nehmen und waschen«, sagte Mrs. Lazenby ziemlich erwartungsgemäß. »Aber das mache ich jetzt schon seit zwanzig Jahren, und ich glaube, ich habe meinen Teil getan. Es ist an der Zeit, dass auch mal jemand anderes drankommt. Ich bin nicht bereit, es noch weiterhin zu tun. Ich habe es zwanzig Jahre lang gemacht, und ich glaube, das reicht. Nun kann jemand anderes – «

      »Mrs. Lazenby hat es zwanzig Jahre lang gemacht«, unterbrach Mr. B. Granger, der offenbar merkte, dass die ständige Wiederholung dieser Beschwerde Mrs. Lazenby enorme Befriedigung verschaffte und dass sie vermutlich bis in alle Ewigkeit fortfahren würde, ihren Standpunkt deutlich zu machen, wenn niemand sie aufhielt, »und ich glaube, sie hat ihren Teil getan. Es ist an der Zeit, dass jemand anderes an die Reihe kommt, denn sie ist nicht bereit, es auch weiterhin zu tun.« Er räusperte sich noch einmal. »Ich möchte im Namen aller Mrs. Lazenby unseren Dank und unsere Anerkennung für die Arbeit ausdrücken, die sie während der letzten zwanzig Jahre bezüglich der Tischtücher auf sich genommen hat. Drücken wir ihr wie üblich unsere Wertschätzung aus, wenn sie sich nun von dem Posten zurückzieht, auf dem sie uns so großartige Dienste geleistet hat, und das seit – «

      »Zwanzig Jahren«, ergänzte Mrs. Lazenby genussvoll, »und ich bin nicht bereit – «

      »Vielleicht möchte sich nach dem Vortrag, wenn die Erfrischungen gereicht werden, eine Freiwillige – oder ein Freiwilliger« – Heiterkeit an den Tischen – »melden. Nochmals vielen Dank, Mrs. Lazenby, für Ihre unschätzbaren Bemühungen um unseren Club.«

      Mrs. Lazenby trat, begleitet von unverhohlen lustlosem Applaus, widerstrebend, aber triumphierend den verschlungenen Rückweg zu ihrem Tisch an, wo sie sofort mit ihren zwei unmittelbaren Sitznachbarn eine heftig geflüsterte Diskussion über die Tatsache begann, dass sie es zwanzig Jahre lang gemacht habe und nicht bereit sei, es noch weiterhin zu tun …

      »Schön«, hakte Mr. B. Granger die »Bekanntmachungen« auf seinem kleinen Zettel ab, »kommen wir zu unserem Referenten. Und wir schätzen uns in der Tat sehr glücklich, heute Mr. E. Bass hier begrüßen zu dürfen, einen sehr beliebten örtlichen Laienprediger.«

      (Das einzig Zutreffende an dieser Vorstellung waren die Geografie und das Geschlecht, was, wie Gerald später bemerkte, nicht viel nützt, falls man kein reisender Gynäkologe ist.)

      »Mr. Bass’ Vortrag, dem wir alle mit … äh … mit großer Vorfreude entgegensehen, trägt den Titel« – ein kurzes Schielen auf den Zettel – »trägt den Titel ›Lesungen aus dem Tagebuch eines frohen Choristen‹ und wird uns bis zum Tee um fünfzehn Uhr fünfunddreißig beschäftigen. Es gibt keine Dias. Vielen Dank, Mr. Bass.«

      Die einzige Person in jenem Raum, mich selbst eingeschlossen, der meine dialosen »Lesungen aus dem Tagebuch eines frohen Choristen« Spaß machten, war Gerald, der natürlich jeden Augenblick auskostete. Der Rest meines Publikums starrte mich entweder mit unverhohlener Verwirrung oder schwerhöriger Verständnislosigkeit an, während ich mich, die Oberlippe unangenehm an den Zähnen klebend, durch eine halbe Stunde völlig ungeeigneten Materials quälte, das nicht


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