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Tagebuch eines frommen Chaoten. Adrian PlassЧитать онлайн книгу.

Tagebuch eines frommen Chaoten - Adrian Plass


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von Würde, den ich aufbringen konnte, dass ich ein Glaubensexperiment durchgeführt habe und ein bisschen aus der Haut gefahren bin, weil es nicht geklappt hat.

      Anne sagte: »Aber Liebling, Christsein heißt doch nicht, einem magischen Zirkel anzugehören. Warum sollte Gott wollen, dass du durch den Glauben eine Büroklammer versetzt?«

      Gerald rieb sich die Augen und sagte: »Papa, ich finde, du bist unbezahlbar. Ich würde dich nicht für viel Geld hergeben.«

      Gefiel mir, dass er das sagte. Anne kochte mir ein warmes Frühstück. Fühlte mich wirklich ziemlich glücklich.

      Am Abend schlechte Karten bei Anne. Trank Tee mit Gerald, nachdem er seinen ersten Arbeitstag hinter sich hatte. Fragte ihn, ob es dort ein paar nette Mädchen gibt. Entwickelte sich zu einer Diskussion über das Aussehen von Frauen.

      Schließlich sagte Gerald: »Wenn’s hart auf hart geht, kann ich mir keine Frau vorstellen, die’s mit Mama aufnehmen kann.«

      Völlig in die Konversation vertieft sagte ich: »Oh, ich schon!«

      Anne packte noch zwei Bratwürste auf Geralds Teller und nahm mir meine weg, bevor ich fertig war.

      Gerald kann doch nicht geplant haben, dass das passiert … oder?

      Heute Morgen eine Sechs-Gummibärchen-Predigt zum Thema »Zeugnisgeben« von Edwin. Sehr gut. So, dass du gleich rausrennen wolltest und jemanden bekehren. Driftete in einen wohligen Tagtraum ab, in dem ich begann, auf den Straßen zu predigen. Am Schluss hatte sich eine riesige Menschenmenge um mich geschart, die alle unter Tränen Buße taten und von ihren Krankheiten geheilt wurden – nur durch die Berührung meiner Hand. War während des folgenden Liedes den Tränen nah, als ich mir vorstellte, wie ich zu den unüberschaubaren bedürftigen Massen der Welt redete.

      Fuhr erschreckt hoch und kam zu mir, als ich merkte, dass Edwin Freiwillige suchte, die nächsten Freitag echte Straßenevangelisation machen wollten.

      Rutschte so tief in den Sitz wie möglich und versuchte, wie jemand auszusehen, dessen brennender Missionseifer von unverrückbaren Sachzwängen gebremst wird.

      Leonard Thynn, der neben mir saß, rammte mir den Ellbogen in die Rippen und tuschelte: »Komm! Du bist da bestimmt gut drin! Ich mach mit, wenn du mitmachst!«

      Ehrlich! So was ist mir noch nie passiert. Thynn führte sich auf, als wären wir zwei Pfadfinderinnen, die sich darum reißen, im selben Zelt zu schlafen.

      Hob also die Hand, Leonard ebenso. Bei einer besonderen Zusammenkunft im Anschluss sagte Edwin, wir würden zwei und zwei losmarschieren. Leonard und ich sollen mit den Leuten reden, die im Hamburger-Schnellimbiss in der High Street ein- und ausgehen.

      Fühle mich bei der Aussicht ein bisschen deprimiert. Nur mal angenommen, ich treffe jemanden, den ich kenne! Habe Leonard sehr gern, aber er ist nicht der zuverlässigste Mensch auf der Welt.

      Fragte heute Abend Anne und Gerald, was sie von dem Ganzen halten. Gerald sagte, seiner Meinung nach würden Leute, die Fischburger bevorzugen, offener sein als Hamburger-Fans. Versuchte, mich zu zwingen, nicht zu fragen warum, platzte aber nach zwei Minuten.

      Ich fragte: »Und weshalb sind Fischburger-Esser angeblich offener?«

      »Weil«, sagte Gerald, »sie dem Fleisch bereits abgeschworen haben.«

      Er muss nachts wachliegen, um sich diesen Mist auszudenken.

      Lag selbst letzte Nacht eine Weile wach und machte mir Sorgen wegen Freitag. Ich werde nicht wissen, was ich sagen soll! Wünschte mir, ich würde einem abseitigen Kult angehören, der Frösche anbetet.

      Fand eine Notiz von Gerald auf dem Tisch, ich sollte – wenn ich am Ende der Woche hinausgehe, um die Welt zu ändern – der gewichtigen Tatsache eingedenk sein, dass Mister Billy Graham ein Anagramm von Hybrisgellt am Rima ist.

      Richard rief mittags an, um zu fragen, ob er morgen Abend mit seinem Sohn Charles vorbeikommen könnte, um über ein »kleines Problem« zu reden.

      Alles ziemlich rätselhaft. Ich dachte, Charles ist erst unlängst zum zweiten Trimester in die Bibelschule abgereist. Im letzten Trimester hatte er wöchentlich einen Brief an die Gemeinde geschrieben, aus dem Edwin gelegentlich Auszüge vorgelesen hat. Gerald, der Einblick in die ungekürzten Originaltexte hatte, sagte, im Vergleich zu Charles’ Episteln wirken die Paulusbriefe wie knapp hingeschluderte Gelegenheitsschriften.

      Möchte wissen, was schiefgegangen ist.

      Und wer oder was ist Rima?

      Ging heute wieder in den christlichen Buchladen, um zu sehen, ob sie was Gutes zum Thema Straßenevangelisation haben. Schließlich fragte ich den Mann hinter der Theke. Es muss irgendwo eine Spezialschule geben, wo man Jugendherbergseltern, Fundbürobeamte und Leute ausbildet, die in christlichen Buchläden arbeiten.

      Ich sagte: »Haben Sie bitte was über Straßenevangelisation?«

      »Straßenevangelisation?«, fragte der Buchhändler derart angeekelt und ungläubig, dass ich unfreiwillig einen Schritt zurücktrat und dabei eine lebensgroße Pappfigur von Cliff Richard umriss.

      Geriet etwas in Panik und sagte: »Keine Sorge, nur ein Sekündchen und schon habe ich ihn auferweckt.« Hob Cliff auf und wandte mich wieder an den Verkäufer, der asthmatisch schnaubte.

      »Ja«, sagte ich tapfer, »Straßenevangelisation bitte!«

      Verließ den Laden mit einem Buch, das wirklich großartig zu sein scheint. Der Buchhändler hat es schließlich leise schimpfend irgendwo in der Abteilung für christliche Gartenpflege aufgestöbert, wo es ein verschreckter Kunde in panikartiger Flucht fallen gelassen haben muss.

      Es heißt »Prozeduren, Prinzipien, Praktiken und probate Problemlösungen für professionelle Promenaden-Prediger« und stammt von einem Mann namens A. P. Lunchington, der angeblich in seinen Breitengraden unter dem zärtlichen Kosenamen »die Straßenlaterne« bekannt ist, was auf seine unermüdlichen Bemühungen zurückgeht, den finsteren Gassen seiner Heimatstadt geistlich heimzuleuchten. Ich werde es lesen, wenn Richard weg ist.

      Richard kam um halb acht mit Charles an. Der arme Junge sah meinem Empfinden nach völlig verstört aus. Ich sagte: »Ich dachte, das Trimester hat diese Woche angefangen, Charles. Ist es dir nicht gut ergangen?«

      Charles sagte: »Der Herr hat mir kundgetan, ich solle nicht ins Kolleg zurückkehren. Er möchte, dass ich ihm anderswo diene.«

      Anne sagte: »Und wohin meinst du, will er, sollst du gehen?«

      Charles sagte, er dächte, er sollte so bald wie möglich die Koffer packen und in den Nahen Osten abreisen, weil Gott ihm klargemacht hätte, dass er ihn genau dort haben wollte.

      Anne fragte sanft: »Wie hat er dir das klargemacht, Charles?«

      Charles beugte sich vor und erklärte mit Feuereifer: »Es ist kaum zu glauben! Aber fast jedes Mal, wenn ich die Bibel aufschlage, steht da was über Israel oder die Juden!«

      Prustete beinahe los, aber Anne blickte mich scharf an. Richard sah unglücklich aus.

      Anne fragte: »Charles, mein Lieber, was stimmt nicht in der Schule?«

      Hatte jenes Gefühl, das mich manchmal bei Anne beschleicht, dass ich eine ganze Passage der Konversation verpasst habe. Er hatte keinerlei Probleme am Kolleg erwähnt!

      Nach ein paar Tränen von Charles und ein bisschen gut Zureden stellte sich heraus, dass sich der arme Kerl im letzten Trimester einsam, unnütz und sündig gefühlt hatte und einfach die Aussicht nicht aushielt, weitere drei Monate Misere vor sich zu haben.

      Nach ein wenig Gebet, viel Kuchen und guten Ratschlägen von Anne, sagte Charles, dass er jetzt


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