Monas braune Augen. Lutz HatopЧитать онлайн книгу.
Mike. Das ist auch der Grund, warum ich weiße Jungs bisher immer abgelehnt habe. Ich hatte schon einmal einen weißen Freund. Er hielt unsere Beziehung gegenüber seinen Eltern immer geheim. Sein Vater war ein enger Freund und Geschäftspartner von meinem Vater. Nachdem wir es publik gemacht hatten, stellten sich seine Eltern voll gegen mich. Er hat sich für seine Eltern entschieden und einen Satz gesagt, den ich bis heute nicht vergessen habe.“
„Jetzt verstehe ich auch deine Reaktion nach unserer ersten Nacht. Was hat er denn zu dir gesagt?“
„Es gibt auch noch andere Mütter mit schöneren … und weißen Töchtern.“
„Das hat er so gesagt? Was für ein Kotzbrocken! Sei froh, dass nichts aus euch geworden ist. Lang hätte die Beziehung nicht gehalten. Außerdem wären wir dann auch nicht zusammen.“
Mona atmete tief durch, „und wie ich nun festgestellt habe, gibt es noch andere auch weiße Söhne, die zuverlässig sind. Meine Mutter hat mich noch genau vor dieser Situation gewarnt. Gott sei Dank! Sie hatte in einer Beziehung Unrecht.“
„Oh, wie meinst du das?“ Er stockte, „du, mich treibt aber was ganz anderes um. Was wirst du jetzt tun? Wirst du weiterhin zu mir halten oder mich auch verlassen, nach allem was man dir an den Kopf geworfen hat.“
Mona nahm Mikes Hände in die ihren, legte ihren Kopf leicht auf die Seite, lächelte und sagte leise, „ich bin bei dir an deiner Seite, ich lass dich nicht im Stich, jetzt nicht und später auch nicht! Ich liebe dich viel zu sehr. Die Worte deiner Mutter konnten mich nicht verletzen, weil du mit ungeheurer Stärke dazwischen gegangen bist und mich geschützt hast. Und genau da sind die Befürchtungen meiner Mutter nicht eingetroffen. Ich war mir in Berlin schon sicher, dass du mich schützen wirst. Ich habe mich nicht getäuscht, dafür bin ich dir sehr, sehr dankbar!“ Mona blickte Mike liebevoll an und drückte ihn fest an sich.
Mike hatte Tränen in den Augen und sagte kaum hörbar. „Bitte bleib bei mir. … Und danke, dass du mitgekommen bist. Ich muss dir auch noch was gestehen. Als ich bei Angelika war, hat sie mich angefleht, bei ihr zu bleiben. Mir sind tatsächlich Zweifel gekommen, ob ich das Richtige mache.“
„Oh, und dann?“
„Dann ist mir bewusst geworden, wie sehr ich dich liebe. Dein Bild erschien vor meinem Augen mit einer unglaublichen Präsenz. Von da an wusste ich, wohin ich gehöre. Bitte verzeih mir meine Schwäche, aber das war echt hart.“ Mona lächelte ihn an. „Es ist alles in Ordnung. Ich weiß, dass das sehr schwer für dich war. Ich bin dir auch unendlich dankbar für deine Standhaftigkeit. Komm, lass uns ins Restaurant gehen und was essen.“
„Ich hab aber keinen Hunger.“
„Bitte, mir zuliebe, hm?“
„Okay, hast ja Recht. Ein gutes Viertele Trollinger wird mir jetzt nicht schaden.“ Das Restaurant lag im kleinen, aber berühmten Ort Hohenstaufen unterhalb des gleichnamigen Berges, der heute noch Mauerreste der Stammburg der berühmten Stauferkaiser trägt.
Es war bereits dunkel geworden und so konnte man vom herrlichen Panorama leider nichts sehen, nur ein paar Lichter zeigten den Standort von Gehöften oder Häusern. Bei Tageslicht hatte man einen weiten Blick über das Land auf die beiden Kaiserberge Hohenrechberg und Stuifen.
Sie saßen bereits einige Zeit im Restaurant und hatten schon gegessen. Mike hatte schon sein zweites Viertele bekommen, da wechselte Mona die Tischseite und setzte sich neben ihn. „Wie fühlst du Dich?“
„Das ging wesentlich schlimmer aus, als ich dachte. Es gibt aber einen großen Lichtblick für mich, du bist bei mir und das macht mich sehr glücklich.“ Mona sagte kein Wort, schaute ihn nur an.
Mike bestellte die Rechnung, dann gingen sie gemeinsam in ihr Zimmer. In dieser Nacht war nur Kuscheln angesagt. Nach den Erlebnissen der letzten vierundzwanzig Stunden wussten beide nun sicher, dass sie sich ineinander verliebt hatten. Mike war innerlich zerrissen, einerseits war er unendlich glücklich, dass Mona seine Liebe erwiderte, zum anderen wütend, aber noch mehr traurig, wie seine Eltern reagiert hatten.
Insbesondere seine Mutter war ihm ein Rätsel. Christiane war eine Frau, die mit beiden Beinen mitten im Leben stand. Er kannte sie nur als rücksichtsvoll, tolerant und hilfsbereit. Wer auf der Karriereleiter aber so steigt, musste hart gegen sich selbst und auch gegen seine Umwelt sein, das wurde ihm jetzt erst bewusst. Diese Härte, aber auch eine große Portion nicht gekannter Vorurteile, bekam er jetzt zu spüren. Niemals hätte er seiner Mutter eine solche Einstellung zugetraut.
So lag er die Nacht lange wach, drehte sich zu Mona hin, die friedlich schlief. Als er sie so eine Zeitlang im Dunkeln ansah, öffnete sie plötzlich die Augen. „Kannst du nicht schlafen?“
„Nein, ich hab immer noch Tohuwabohu im Kopf.“ Mona schlüpfte zu Mike, kuschelte sich dich an ihn und flüsterte: „Habe Mut. Wir schaffen das, gemeinsam.“
Auftritt eines Rassisten
Am nächsten Tag ging es zurück nach Berlin. Mona fuhr die gesamte Strecke alleine, dies tat sie sehr gerne. Mike hatte noch versucht mit seinen Eltern zu telefonieren, was aber gründlich misslang. Mikes Vater lehnte jegliche Kontaktaufnahme ab, seine Mutter ging erst gar nicht ans Telefon. Da er sich immer noch nicht ganz von der Prügelei mit Angelikas Vater erholt hatte, blieb Mona am Abend und über Nacht bei ihm.
Mona war am darauffolgenden Abend wieder in ihr Elternhaus gefahren. Anwesend war jetzt auch Martin, ihr Vater. 55 Jahre alt, schlank und recht groß mit silbergrauen Haaren. Immer war er gekleidet mit Anzug und Krawatte. Die Begrüßung war herzlich.
Voller Begeisterung erzählte sie beim Abendessen von ihrem Ausflug nach Süddeutschland, der Standhaftigkeit von Mike. Da ertönte laut ihr Handy. Sie kramte es aus der Tasche und blickte auf das Display, brach ihren Redefluss abrupt ab.
„Entschuldigt bitte. Es ist Mike. Hallo Mike! … Langsam, du klingst schlecht … Hm, ja ich höre dir zu … ja … oh … ist das nicht ein bisschen schnell? Warte, ich geh mal kurz raus. Hier hören mir gerade alle zu neugierig hin. … Ich will aber nicht … ja, Mike, natürlich will ich. Wir reden morgen darüber. … Nein, du kannst dich auf mich verlassen. Ich lasse dich nicht hängen. … Ich komme morgen Abend.“ Mona ging wieder zurück in das Esszimmer. Alle schauten sie erwartungsvoll an.
Sie setzte sich und holte tief Luft. „Mami, Papa, ich werde morgen bei Mike einziehen. Ihm geht es sehr schlecht. Er braucht mich dringend, er ist total am Boden.“
„Ist das nicht etwas überstürzt? Wie lange kennt ihr euch jetzt? Eine Woche? Er ist doch kein Kind mehr. Was ist denn das für ein Mann“, warf Martin ein. In Monas Stimme schwang ein bisschen Zorn über die unsensible Äußerung ihres Vaters, obwohl er doch vorher die ganze Geschichte, wenn auch nicht im Detail, gehört hatte.
„Papa, den letzten Satz kannst du dir sparen, das ist Machogehabe. Was ihm dort widerfahren ist, ist schon mehr als heftig. Zuerst wird er fast erschlagen und dann von seiner Familie verstoßen. Dass er sich mit seiner Familie angelegt hat, ist wegen mir. Versteht ihr das?“ Sie blickte dabei in die ganze Runde. „Die haben mich angegriffen und er wurde vor die Entscheidung gestellt. Entweder seine Familie oder ich. Ohne zu zögern, hat er sich für mich entschieden. Da ist es wohl klar, dass ich ihm jetzt beistehe. Oder ist hier jemand anderer Meinung?“
Denise bewunderte ihre Schwester, so hatte sie Mona noch nicht erlebt, auch ihr Vater zuckte zusammen. Ihre Mutter reagierte mäßigend und beruhigte dadurch die Situation. „Nun lasst Mona mal machen, sie ist keine fünfzehn Jahre mehr alt, sondern fast fünfundzwanzig und kann jederzeit selbst entscheiden, wohin sie geht. Akzeptiert das bitte. Außerdem, mein lieber Martin, hat sich der junge Mann vorbehaltlos zu unserer Tochter bekannt. Du kennst da auch ein anderes Beispiel, oder?“ Thelma liebte ihre Tochter über alles. Beide waren sich sehr ähnlich, hatten einen starken Willen und wussten sich zu behaupten.
„Hast ja Recht“, pflichtete Martin bei. „Entschuldige bitte,