Monas braune Augen. Lutz HatopЧитать онлайн книгу.
mögen, wie kommen Sie dazu, bei meinem Sohn alles kaputt zu machen? Eine Verlobung ist ein Heiratsversprechen, da haut man nicht einfach dazwischen.“
Mona antwortete ganz ruhig. „Ich habe nicht dazwischengehauen. Wir haben uns ganz einfach verliebt. Nur damit es keine Irritationen gibt, auch ich liebe ihren Sohn und das mehr, als Sie sich vorstellen können.“ Mike lächelte Mona an und nickte unterstützend. „Unsinn, nach einer Woche wissen Sie gar nichts. Eine Liebe muss wachsen. Das glaube ich Ihnen nicht. Sie können hier viel erzählen. Da kommt mir gerade ein anderer Gedanke. Haben Sie überhaupt eine Aufenthaltsgenehmigung oder suchen Sie nur einen Dummen, damit sie hier leben können!“
Totenstille legte sich in den Raum.
Nach kurzer Pause antwortete Mona mit spannungsgeladener Stimme in ungewöhnlicher Schärfe und stand dabei auf. „Ich bin Deutsche und in diesem Land geboren. Mein Vater ist Deutscher und Weißer. Meine Mutter kam aber als Flüchtling nach Deutschland und war hochschwanger mit mir. Es gibt keinen Grund sich hierfür zu schämen. Mein Vater hat sie geheiratet um die Abschiebung zu verhindern. Und hören Sie mir jetzt genau zu: Ichliebe Ihren Sohn! Dass können Sie akzeptieren oder auch nicht, es ändert nichts an der Tatsache, dass es so ist.“ Christiane sprang ebenfalls auf. „Wie reden Sie mit mir. Das muss ich mir nicht sagen lassen und erst recht nicht von einer, … einer Schwarzen aus dem Busch!“
Mike war ebenfalls aufgesprungen. „Mama, was soll das, reiß dich bitte zusammen!“ Mona hatte sich wieder im Griff. „Warum, ist da ein Unterschied zwischen schwarz und weiß?“
„Das ist ein Unterschied, jawohl.“
Christiane drehte sich um, ging zum Buffet und griff nach einem Foto auf der Ablage. Auf diesem Foto waren Angelika und Mike abgebildet: beide Köpfe dicht aneinander geschmiegt und glücklich lächelnd. Ihre rotblonden Haare wehten im Wind. „Schauen Sie sich dieses Bild an!“ Christiane hielt das Foto Mona direkt unter die Nase. „Das haben Sie allein zerstört!“ Sie tauschten giftige Blicke aus. „Zu einer Beziehung gehören immer noch zwei. Wir beide, ich betone nochmals, wir beide wollen diese Beziehung …“ Christiane schnaubte vor Wut und unterbrach brüsk Mona. „So ein Blödsinn. Was haben Sie, was Angelika nicht hat. Ich kann hier nirgendwo auch nur einen klitzekleinen Vorteil für Sie erkennen. Eine Schwarze, ich fass es nicht. Für eine Schwarze lässt mein Sohn dieses bildhübsche Mädchen im Stich. Was soll das mit euch zwei werden? Wo wollt ihr leben? In Afrika?“
Mike hatte sich das Rededuell sprachlos angeschaut, er wollte dazwischen gehen, nur seine Mutter war dermaßen in Fahrt, dass sie sich nicht unterbrechen ließ. „Und wenn ihr dann mal Kinder habt, was wird dann? Alle dunkelbraun oder vielleicht hellbraun? Mischlinge, damit man gar nicht mehr weiß, wo sie hingehören? Immer irgendwelchen Vorurteilen ausgesetzt. Eure Kinder tun mir jetzt schon leid. Womöglich will mein Sohn Sie eines Tages noch heiraten. Er scheint Ihnen ja völlig verfallen zu sein.“ Christiane schrie fast. „Was haben Sie mit meinem Sohn gemacht?“ Das war zu viel für Mike, er explodierte. „Mama, bist du noch ganz bei Trost, was redest du da? Das geht zu weit, was bist du nur für ein Mensch. Ist das dein wahres Gesicht, meine Mutter ist eine Rassistin?“ Mike hatte ohne zu Zögern Partei für Mona ergriffen. Er schaute seine Mutter dermaßen wütend an, dass die unwillkürlich zurückwich.
Melanie packte Mike an der Schulter. Sie wollte verhindern, dass er auf seine Mutter losging. Mike stand mit geballten Fäusten vor seiner Mutter. „Hört sofort auf damit, euch gegenseitig zu kränken. Mama, siehst du, wie weit Mike bereit ist zu gehen? Er ist dein Sohn, willst du ihn verlieren? Es ist doch völlig egal, was sie für eine Hautfarbe hat. Mama, bitte, wenn Mike doch Mona liebt. Und das tut er, glaub mir! Dazu kenne ich ihn viel zu gut. Ich denke, wenn Mike nach einer Woche mit Mona zusammen seine Hochzeit absagt, steckt doch mehr dahinter, meinst du nicht?“
Christiane hatte sich keinesfalls beruhigt, im Gegenteil: ihr Zorn wandte sich voll gegen ihren Sohn, „Ja, jede Menge Dummheit, fehlende Reife und Rücksichtslosigkeit gegenüber seiner Familie. Ganz zu schweigen von Angelika und ihrer Familie. Du Mike, du bist ein Egoist der Extraklasse, denkst nur an dich. Deine Familie ist dir völlig egal, ich bin dir egal, Melanie und dein Vater auch. Für so eine würdest du uns aufgeben? Antworte!“
Mike musste schlucken. Mona blickte ihn verstohlen an. Das darf nicht wahr sein. Jetzt knickt er ein. Mona, du hast es doch gewusst und Mami auch. Sie hat mich noch gewarnt.
Mike war plötzlich die Ruhe selbst. „Du willst allen Ernstes eine Entscheidung zwischen euch und Mona?“ Mit dieser Frage hatte Mike seine Mutter in die Enge getrieben. Auch sie zögerte. Alle standen mit großen Augen und offenen Mündern da, ohne zu reagieren.
Melanie fing sich als erste wieder. „Mama, sag’s nicht. Du kannst das nicht von Mike verlangen!“
„Oh doch, das kann ich!“ Mit grimmiger Miene forderte sie die Entscheidung ein. „Sie oder wir. Entscheide dich!“ Mona wollte schon einlenken. Mike wies sie zurück. „Kein Wort von dir, das ist meine Sache!“ Er sagte dies scharf, einen Widerspruch nicht zulassend. Mona ließ sich auf das Sofa fallen. Alles aus. Wieder die „A-Karte“. Ihre Selbstsicherheit war weg. Ängstlich sah sie zu Mike, das Schlimmste erwartend.
Mike holte tief Luft. „Also gut, ihr alle sollt sie haben. Hier ist meine Entscheidung. Für Mona! Ich liebe diese Frau hier über alles.“ Seine Hand ging dabei zu Mona und fasste die ihre. Er zog sie eng an sich und legte seinen Arm um ihre Hüfte. „Und damit du es weißt, Mama. Es ist mir leicht gefallen. Gar keine Entscheidung, das hätte ich mir gewünscht. Wenn aber eine Entscheidung, dann nur Mona und nochmals Mona und niemand anders. Ich hoffe, es ist bei dir jetzt angekommen, dass ich sie liebe.“ Mona schaute Mike nur liebevoll an, tiefe Dankbarkeit strahlten ihre Augen aus. Sie sprach kein Wort, umschloss Mikes Arm mit festem Griff.
Schweigen legte sich über den Raum. Christiane war erst rot und dann blass geworden. Uwe war fassungslos. Auch Melanie brachte keinen Ton mehr heraus. Christiane lachte schrill auf, brach abrupt ab und antwortete mit schneidender eiskalter Stimme. „Mir reicht es auch, endgültig. Verschwindet, beide. Mike, ich will dich hier nicht mehr sehen. … Uwe sag auch mal was.“ Nun ergriff auch Uwe das Wort. Er versuchte aus seiner Sicht noch einzulenken, zumindest was Mike betraf. „Es ist alles gesagt, heute kommen wir nicht mehr weiter. Mike, denk noch mal über dein Tun nach! Wir, deine Mutter und ich, können dein Handeln nicht gutheißen. Geht jetzt bitte. Mike, wenn du möchtest, kannst du natürlich bleiben, aber allein!“
Uwe meinte, er würde damit seinem Sohn die „goldene Brücke“ bauen. Mike war entsetzt. Er ließ Mona nicht mehr los. Sie spürte, dass er nach einem Halt suchte. Enttäuscht erwiderte er seinem Vater. „Papa, wo bleibt deine so hochgelobte Toleranz, das ist unwürdig, was du hier ablieferst.“
Mike packte Mona bei der Hand und zog sie mit sich. „Bloß weg hier, ich hab aber so was von die Schnauze voll.“ Mit lautem Knall flogen die Türen ins Schloss. Melanie lief Mike noch hinterher. „Du bleibst hier!“, hörte sie noch ihre Mutter rufen. Es kümmerte sie in keinster Weise. „Mike, Mona, wartet einen Moment.“ Vor dem Haus holte Melanie sie ein. „Mike, lass uns bitte den Kontakt halten.“ Mike nahm sie in den Arm. „Sehr gerne, Melanie.“ Dann umarmte Melanie noch Mona. „Ihr gehört zusammen, das habe ich gesehen. Werdet glücklich. Lasst uns miteinander telefonieren.“
Eine entwürdigende Erfahrung
Beide stiegen ins Auto und fuhren ins Hotel. Mike war froh, im Auto zu sitzen. Auf der Fahrt sagte er kein Wort, Tränen schimmerten auf beiden Wangen. Er wusste, er hatte soeben seine Familie verloren. Mit vielem hatte er gerechnet, aber nicht damit. Wie würde Mona sich weiter verhalten? Seine Mutter hatte sie zutiefst verletzt. Und ihn auch.
Als sie im Hotel ankamen, gingen sie zuerst auf ihr Zimmer. Mike hatte sich immer noch nicht beruhigt. Mona legte ihren Arm um seine Schulter.
„Mike, lass es gut sein. Damit konnte niemand rechnen. Außerdem geht das alles gegen mich. Das war auch nicht das erste Mal für mich. Nur gab es diesmal einen riesigen Unterschied, mein weißer Freund hat zu mir gehalten!