Mein Haustier – ein Alpaka. Bernd DüselЧитать онлайн книгу.
Unrat und ein kaputter Zaun. Jetzt war wieder einmal viel Arbeit angesagt. Ich konnte mir am Anfang gar nicht so richtig vorstellen, auf was ich mich da eingelassen habe. Jeden Tag für die nächste Zeit habe ich auf der neuen Koppel verbracht. Meine Frau hat mir da auch tüchtig geholfen. Ich glaube, sonst hätte ich das auch gar nicht geschafft. Denn wenn auf diese Koppel einmal Tiere kommen sollten, dann sollen sie sich auch wohlfühlen und was besonders wichtig war, sie dürfen sich nicht verletzen, bei all dem Unrat, der dort zu finden war. Da war noch einmal viel Kraft und auch Geld zu investieren, denn ein Unterstand und eine Futterkrippe mussten auch wieder eingerichtet werden.
Ja, wie das so ist, wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen. Also ging es wieder los, das nächste Projekt musste bewältigt werden. Letztendlich haben wir auch das geschafft. Jetzt werde ich als Stadtmensch so langsam zum Landwirt. Insgesamt hat es Freude gemacht, weil man sehen konnte, was geschaffen worden ist. Alle Leute waren bass erstaunt, was aus dem verwahrlosten Grundstück geworden ist.
Das ist unsere Koppel 2, bereit zur Aufnahme von Alpakas
Mittlerweile klappt das Halftern auch bei den Hengsten. Wenn sie merken, dass Coya zum Ausgang bereit steht, kommen sie zur Tür und wollen mit. Dann ist also auch ihnen das Halfter umzulegen und es kann losgehen. So haben wir doch einige Spaziergänge gemeinsam unternommen. Dabei verlief alles recht ordentlich, wir konnten alle Drei gut bei der Stange bzw. an der Leine halten.
Nach vielen Verzögerungen war endlich der Schertermin gekommen, am 17. Juni 2006, einem Sonnabend, sollte es sein. Das war aber auch notwendig, denn es wurde schon ganz schön warm und die Tiere haben begonnen zu schwitzen. Dieser Termin wurde leider wieder verschoben und sollte nun am kommenden Sonnabend, dem 24. Juni 2006, sein. Zum Scheren haben wir die drei Alpakas nach Wolteritz gebracht. Der Scherer hat sehr gut gearbeitet. Am besten hat sich Coya dabei verhalten. Ich habe sie gehalten und sie ist ganz ruhig stehen geblieben. Etwas komplizierter war es da bei Pedro, der wollte einfach nicht ruhig stehen bleiben. Zu guter Letzt hat er sich wie ein störrischer Esel auf den Boden gelegt. Damit mussten wir aber fertig werden. Am wildesten hat sich Pablo gebärdet. Da musste ich schon ganz schön Kraft aufwenden, um ihn bei der Stange zu halten. Einen „K. O.“ Schlag mit dem Kopf musste ich abfangen und mit dem Fuß hat er mich auch ganz schön getreten. Aber Ende gut, alles gut. Die Wolle war im Sack und die Tiere nackig. Die beiden Hengste haben wir wieder nach Haus gebracht und Coya ist zum Decken dort geblieben. Sie hat also ihren „Liebesurlaub“ bekommen, wie meine Frau immer sagt.
Nach dem Scheren sahen die Alpakas wundersam aus. So hatten wir sie ja noch nie gesehen. Man konnte denken, es sind große Pudel mit dem Pony auf dem Kopf und den „Stiefelchen“ an den Beinen.
Jetzt mussten wir nur warten, dass die Wolle wieder nachwächst, damit im kommenden Winter ein schützendes Fell da ist.
Man hatte beim Abschied der Tiere den Eindruck, dass Pablo um seine Coya trauert. Der Trennungsschmerz dauerte aber zum Glück nicht all zu lange.
… sehen die nicht reizend aus, so nach der Schur?
Coya habe ich natürlich jeden Tag in ihrem „Liebesurlaub“ besucht und ihr Äpfel gebracht, damit sie mich nicht vergisst. Ich hatte gehofft, dass bei meinen täglichen Besuchen zu beobachten ist, wenn der Hengst „Capuccino“ sie deckt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber bei der Hoffnung ist es geblieben. Ich habe die täglichen Besuche zwei Wochen durchgehalten. Aber die Chemie zwischen Coya und Capuccino hat nicht gestimmt oder der war zu doof, um Coya zur Mutter zu machen. Sie haben sich kaum angeguckt. Coya war bei meinen Besuchen immer sehr anhänglich, ich glaube sie hatte Sehnsucht nach ihrer gewohnten Umgebung und nach ihren beiden Freunden. Wir haben nun mit Hügles beraten, was zu tun sei und Eberhard war der Meinung, wir sollten sie zu einem anderen Hengst bringen.
Wir haben dann letztendlich „Alex“ als neuen Deckhengst auserkoren. Das ist ein herrliches Tier und ich wollte ihn eigentlich von Anfang an. Also Coya das Halfter anlegen und auf eine neue Koppel führen. Auf dem Weg zu Alex mussten wir an einer Koppel vorbei, auf der der Hengst „Vincent“ steht, das ist übrigens der Vater von Pablo und Pedro.
Alex beim Deckversuch, leider aber nicht unsere Coya.
Als wir dort vorbei kamen, geschah etwas Seltsames. Unsere Coya zog die Nüstern hoch und wurde ganz unruhig. Das Gleiche war auch von Vincent zu beobachten. Wir haben uns angesehen und uns gegenseitig gefragt, was machen wir denn nun? Zum Schluss haben wir Coya doch zu Vincent auf die Koppel gelassen. Na, da ging aber ein „Gewitter“ los. Ich habe kaum die Führleine von Coyas Halfter abmachen können. Schon kam Vincent angestürmt und hat Coya über die Koppel gejagt, bis er sie zu fassen bekam. Dann hat er sie niedergeworfen und sich auf sie gestürzt. Eberhard sagt nur noch, typisch unser „Vergewaltiger“. Nach dieser „Vergewaltigung“ haben wir Coya noch eine Woche bei Vincent gelassen, um sicher zu sein, dass der Deckakt funktioniert hat. Ich habe natürlich weiterhin jeden Tag meinen Apfel zu Coya gebracht. Als eine Woche vergangen war, sagt Eberhard, wir könnten Coya zurückholen, sie ist gedeckt worden. Nun sind wir gespannt, was daraus geworden ist.
Als Coya in ihrem „Liebesurlaub“ war, haben unsere zwei Jungens recht brav wieder nachts in ihrem Unterstand geschlafen. Aber kaum war die Dame des Hauses wieder daheim, war es mit dieser Freiheit vorbei. Wieder wurde folgsam im Freien übernachtet. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass auch alles geklappt hat. Die Tragezeit dauert ca. 342 bis 350 Tage. Eine lange Zeit, wenn man ganz gespannt auf ein Ergebnis wartet. Da sind natürlich noch eine Menge Ungewissheiten im Spiel. Wird Coya die Geburt richtig machen, wird da alles gut gehen, wird das Neugeborene gesund sein, wird vor allem Coya das Baby auch annehmen und säugen, wird Coya eine gute Mutter sein??? Also zur Zeit noch alles unbeantwortete Fragen, die die Spannung steigen lassen. Die neugeborenen Alpakas werden übrigens „Crias“ genannt. Aber es wird schon gut gehen, denn unsere Tierärztin steht ja auch Gewehr bei Fuß und wird uns helfen. Sie hat die mögliche Geburtszeit schon in ihrem Kalender eingetragen. Sie hat übrigens mit einem kleinen Eingriff geprüft, ob Coya auch wirklich tragend ist und ist zu dem Schluss gekommen, dass alle Anzeichen einer Schwangerschaft zu erkennen sind, also alles in Ordnung sein müsste. Wir werden oft gefragt, ob denn Coya wirklich tragend ist, weil man nichts sieht und wann es soweit ist. Die Leute im Dorf und die Kleingärtner sind genau so gespannt wie wir. Oft wird auch die Frage gestellt, ob es Zwillinge werden können. Da muss ich antworten, dass das bei Alpakas äußerst selten vorkommt, wir also nicht damit rechnen. Alles andere wäre eine tolle Überraschung oder eine kleine Sensation.
Wir sind mit unserem „Dreigespann“ öfters mal auf Wanderschaft gegangen. Mal durch den Gartenverein, mal rund um den Wohnblock in der Nähe unserer Koppeln und manchmal sogar im Dorf bis zum Eiskaffee und haben Eis gegessen oder zu Bekannten im Ort. Es ist eigentlich immer alles gut gegangen, nur wenn etwas Unverhofftes für die Alpakas kommt, werden sie unruhig und für uns ist erhöhte Wachsamkeit angesagt. Besonders schlimm ist es, wenn auf der Strasse oder in einem Gehöft ein Hund zu sehen und zu hören ist. Da werden sie sehr, sehr unruhig und wir müssen alle Kraft aufwenden, um sie ruhig zu halten. Wenn sie auf ihrer Koppel sind und ein Hund vorbeigeführt wird, dann gucken sie ganz aufmerksam und verfolgen den Hund mit Augen und gehen ihm auch innerhalb der Koppel nach. Dort können sie aber auch die Flucht ergreifen, wenn die Gefahr größer werden sollte. Das ist am Halfter nicht so gut möglich, folglich ist die Aufregung wesentlich größer. Bislang haben wir das immer irgendwie gepackt, ohne dass die Tiere Schaden genommen haben.
Beim Spaziergang im Gartenverein
In unserer Absicht lag es, einmal Trecking mit den Tieren für Besucher oder Gäste zu machen. Meine Frau wollte die Alpakas auch zu Therapien für kranke Kinder nutzen. Ich glaube aber, da benötigt man mehr Erfahrung, als wir sie