Wasserspringen. Thomas MeyerЧитать онлайн книгу.
die wiederum in Abfaller, Kopfsprünge, Salti und Schrauben unterteilt waren. Als sich die ›Tichyschen Frösche‹ 1845 auflösten, trieben die Turner Kluge und Euler die Entwicklung des Wasserspringens voran. Das Wasserspringen wurde zum Turnen in der Luft und in dieser Form in Europa anerkannt. Nachdem 1889 der Österreicher Wernau die ersten Europameisterschaften gewann, dominierten von 1893–1901 die deutschen Springer Hax, Schwarz, Wundram, Hof und Walz.
1904 gewann der Amerikaner G. E. Sheldon die ersten olympischen Wettkämpfe im Wasserspringen und mit E. Dichey ein zweiter Amerikaner den einzigen Olympischen Wettkampf im ›Kopfweitsprung‹. Damals gab es weder allgemeingültige Wettkampfbestimmungen noch eine einheitliche Auffassung über den Sprungstil.
Erst als in den USA die deutsche Schule des Kunstspringens (exakte Ausführung vom Sprungbrett) und die schwedische Schule des Turmspringens (gutes, fast spritzerloses Eintauchen) zusammengefasst und durch das ›Brandstenbrett‹ (aus Pitchpine) bessere Voraussetzungen geschaffen wurden, begann sich eine einheitliche Auffassung über den Sprungstil herauszubilden.
Der so genannte amerikanische Sprungstil hat sich international durchgesetzt, und die USA sind bis heute (1971; der Verfasser) die führende Nation im Wasserspringen geblieben. Die Ursache dieser Überlegenheit sind beste Trainingsmöglichkeiten, große Konkurrenz im eigenen Land und ständiges Bemühen, sich durch Verbesserung der Sprungbretter (Duraflex-Sprungbrett) und Verwendung von Hilfsgeräten (Trampolin) die Voraussetzungen für immer schwierigere Sprünge zu schaffen. Trotzdem haben andere Nationen, besonders in Europa, aufgeholt.« (Horst Görlitz in Beyer, 1972).
Karl »Carlo« Dibiasi 1937 am Montiggler See in der Nähe von Bozen
Die historische Entwicklung des Wasserspringen in Karlsruhe
Geschichte der Karlsruher Springerschule von Peter Strähle, ehem. Springwart des Deutschen Schwimmverbandes1:
»Das Wasserspringen kann in Karlsruhe auf eine bald 100-jährige Tradition zurückblicken, denn zu Beginn des Verbands- und Vereinssports bildeten Wasserspringen und Schwimmen zusammen mit Tauchen eine schwimmsportliche Einheit im Wettkampf.
In der Nachkriegszeit fand in Karlsruhe das Training der Wasserspringer zunächst im Vierordtsbad statt. Als Trainer waren für den Karlsruher Schwimmverein Neptun 1899 Claus Bastian und Dr. Rolf Stellrecht und für den Freie Spiel- und Sportverein 1898 Karlsruhe Hans Anderer tätig.
Aus deren Arbeit gingen dann die Springer Helmut Hünerfauth und Peter Strähle (siehe Kapitel 7) hervor, die erfolgreich an Badischen, Süddeutschen und Deutschen Meisterschaften teilnahmen und nach ihrer aktiven Zeit weiter als Trainer und Funktionäre arbeiteten.«
Heute, 2019, sind Peter und Helmut immer noch aktiv, Peter als gefragter Mentor und Berater, Helmut am Beckenrand; er wurde am 23. 1. 2018 mit dem Trainerpreis 2017 des Landessportverbandes Baden Württemberg für sein Lebenswerk geehrt – beide geben im Abschlusskapitel wegweisende Interviews.
Horst Görlitz, Nationaltrainer der DDR, von Italien und der BRD, war seinerzeit der erfolgreichste Trainer der Welt – hier am Beckenrand des Karlsruher Tullabades.
Ende der 1950er Jahre wurde die Idee des damaligen Badedirektors Döring einer vereinsübergreifenden Trainingszeit der Springsportler in Karlsruhe von Peter Strähle verwirklicht und die Springerinnen und Springer der Karlsruher Vereine, unter Beibehaltung ihrer jeweiligen Vereinszugehörigkeit, zur Karlsruher Springerschule zusammengeführt. Die ab 1955 im Karlsruher Tullabad organisiert war (erster Hallenneubau der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik und der damals einzigen wettkampfgerechten Turmanlage).
Die Entwicklung unter Horst Görlitz
1956 begann der Aufschwung des Springsports in Karlsruhe durch den aus der DDR gekommenen Trainer Horst Görlitz, der dann aber bereits 1958 als Staatstrainer für Wasserspringen nach Italien wechselte. Seine Arbeit übernahmen Helmut Hünerfauth, der spätere Landestrainer Baden-Württemberg und der spätere Springwart des Deutschen Schwimm-Verbandes, Peter Strähle.
Nach der Rückkehr von Horst Görlitz 1970 nach Karlsruhe als neuer Bundestrainer des Deutschen Schwimm-Verbandes, verwirklichte Peter Strähle als Organisator zusammen mit Helmut Hünerfauth die Idee von Horst Görlitz, einer erste systematische Talentsuche und Talentförderung im Wasserspringen in der Bundesrepublik. Dadurch entwickelten sich eine Reihe national und international erfolgreicher Athleten.
In Italien trainierte Horst die beiden damals erfolgreichsten Springer Klaus Dibiasi (Vgl. Vorwort) und Giorgio Cagnotto2.
Die Welt- und Europameisterin Tania Cagnotto3 ist Giorgios Tochter. Oft wurde Horst noch bezüglich ihres Trainings um Rat gebeten.
Horst Görlitz legte zeitlebens darauf Wert, dass er ein Autodidakt sei. Sein in der Ausbildung zum Flugzeugbauer erworbenes Wissen der Biomechanik wendete er für das Wasserspringen an. Die Beschreibung des Anlauf Aufsatzschrittes auf Seite 85 ff. belegt die Genauigkeit und Akribie seiner Arbeit.
Seine Lebensgeschichte kann man in einem Brief an seinen Freund, den amerikanischen Trainer Sammy Lee (Trainer und Entdecker von Greg Louganis) nachlesen4.
Die zuvor erwähnte Geschichte des neuzeitlichen Wasserspringens hat er 1971 selbst für Reclams Sport Führer (Vgl. Beyer, 1971) geschrieben.
Synchronspringen
Am 8. und 9. 12. 1984 fand im Karlsruher Fächerbad der weltweit erste offizielle Wettkampf im Synchronspringen vom 3-m-Brett statt.
2012 wurde die Karlsruher Springerschule mittlerweile ganz im SSC/KSN 1899 Karlsruhe integriert zum DSV-Nachwuchsstützpunktes ernannt. Horst Görlitz erlebte noch die feierliche Präsentation, verstarb im November dann mit 91 Jahren.
2016 wurde Horst Görlitz als einziger deutscher Wasserprungtrainer posthum in die International Swimming Hall of Fame in Fort Lauderdale aufgenommen5, wo auch schon Carlo Dibiasi6, der Vater von Klaus7 verewigt wurde.
Protokoll des ersten offiziellen Wettbewerbs im Synchronspringen im Karlsruher Fächerbad
Die Sprunganlage
Die Sprunganlage zur Austragung internationaler Wettkämpfe befindet sich in einem eigenen Becken. Sie besteht aus einer Turmanlage mit 0,6- bis 1-m- sowie 2,6- bis 3-m-Trainingsplattformen und 5-m-, 7,5-msowie 10-m-Wettkampfplattformen.
Die Plattformen sind jeweils seitlich versetzt. Meist sind 3-m-Sprungbretter noch auf dieser Seite untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich 1-m-Bretter und unter Umständen auch nochmals eine 0,6- bis 1-m-Plattform.
Für die Plattformen und deren Konstruktion gelten strenge Normen, die im Regelwerk des DSV genannt werden8.
Auszug aus den Richtlinien für Sprunganlagen Turmspringen
1.Jede Plattform muss stabil und horizontal sein.
2.Die