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Taxi nach Paris. Ruth GogollЧитать онлайн книгу.

Taxi nach Paris - Ruth Gogoll


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vor ihrem direkten Blick. Dennoch hatte ich das Gefühl, ihre Augen bohrten sich in meinen Rücken. »Was denn sonst noch? Reicht das nicht?«

      »Du hast nie mit einem Mann –?«

      Ich ließ sie nicht ausreden. »Nein, habe ich nicht!« Genauso ruckartig wie eben drehte ich mich wieder zu ihr um. »Muss ich mich jetzt dafür schämen?«

      Sie blickte mich immer noch wachsam an. »Nein, natürlich nicht! Wo denkst du hin? Aber ich meinte, auch nicht gegen deinen –« Sie brach ab.

      »Gegen meinen . . .? Oh –« Ich verstand. »Nein, ich bin nicht vergewaltigt worden.« Sie atmete erleichtert aus. Ich war jetzt richtig wütend. Wie konnte ausgerechnet sie so besorgt tun? »Und bis heute Abend hat das auch noch nie jemand versucht«, fauchte ich ärgerlich.

      Sie wandte sich ab und atmete tief durch. Dann sah sie mich wieder an. In ihrem undurchdringlichen Gesicht zuckte kein Muskel. »Dann ist es ja gut«, sagte sie.

      Ich war wie vom Donner gerührt. Sie fand, nun wäre alles gut?

      Sie seufzte. »Das vorhin war . . .«, sie stockte überlegend, ». . . ein Missverständnis.« Als ob damit alles erledigt wäre, wandte sie sich mir wieder lächelnd zu. Eine fast vollzogene Vergewaltigung ein Missverständnis? Für so dumm konnte sie mich nicht halten. Tat sie auch nicht. Sie hatte das Mienenspiel auf meinem Gesicht aufmerksam verfolgt. Noch einmal seufzte sie. Es klang resigniert. »Ja, ich weiß, was du denkst.« Erklärend fuhr sie fort: »Aber die meisten Frauen wollen es so. Deshalb gehen sie mit mir mit.« Traurig sah sie mich an. »Du hast es offenbar nicht gewusst. Und ich habe gedacht . . .« Sie lachte bitter auf. »Wie gesagt: ein Missverständnis.«

      Mittlerweile war ich mehr als verwirrt. »Was – nicht gewusst?« Irgendwo in diesem Chaos musste doch ein Haken sein, an dem ich mich wieder aus dem Sumpf ziehen konnte!

      Sie drehte sich voll zu mir um und stützte breitbeinig eine Hand in die Hüfte. »Ich bin eine Nutte, Schätzchen.«

      Ich war geschockt. Das war sicher ein Effekt, den sie hatte erreichen wollen. Aber den anderen, dass ich mich abgestoßen fühlen sollte, erreichte sie nicht.

      Sie stand ein paar Schritte von mir entfernt und sah zum Fenster hinaus auf die Lichtreklame, die sich blinkend an- und abschaltete. Sie sprach in die irisierende Dunkelheit hinein. »Du kannst jetzt ruhig gehen. Ich werde dich nicht festhalten.« Ihr Rücken war gerade wie ein Brett.

      Ich machte einen Schritt auf meine Kleider zu. Doch dann blieb ich stehen. Ich wollte nicht gehen, das war mir deutlich klar. Aber was wollte ich hier noch? Sie war eine Nutte, sie hatte erwartet, dass ich sie für eine ›Dienstleistung‹ bezahlen würde, von der ich nichts geahnt hatte.

      Sie hatte sich meinen Wünschen angepasst, als sie merkte, dass ich etwas anderes wollte – wie jede gute Dienstleistung sich nach den Wünschen des Kunden richtet oder in diesem Fall der Kundin. Der Kundin? Ich sah mich selbst plötzlich in einem äußerst befremdlichen Licht.

      Sie drehte sich um. Kalt abschätzend blickte sie mich an. »Soll ich rausgehen?« Ihre Stimme klang wie Eis.

      Deutlich wurde ich mir plötzlich meiner Nacktheit bewusst. Ich griff etwas verlegen nach meinem Hemd und streifte es über. »Nein, das wäre doch lächerlich.«

      Sie zuckte die Schultern. »Die meisten Frauen wollen hinterher allein sein. Mir ist es egal.« Diese Eisstimme hatte etwas Herzerweichendes. Ein Widerspruch in sich, aber ich empfand es so.

      Ich knöpfte mein Hemd zu und beobachtete sie. Sie hatte die Arme verschränkt, stand breitbeinig da, eine uneinnehmbare Festung. Ich ging auf sie zu. Sie folgte jeder meiner Bewegungen mit den Augen, aber sie rührte sich nicht. Ich blieb vor ihr stehen und blickte zu ihr hoch. Mein Gott, sie war mindestens einsfünfundachtzig! »Ich möchte nicht allein sein, und ich möchte nicht gehen.« Ich sah sie unverwandt an.

      Spöttisch verzog sie die Mundwinkel und schaute auf mich hinab. »Ah – die Dame ist auf den Geschmack gekommen!« Sie lachte. Es klang todtraurig. Sie beugte sich ein wenig vor. »Bis eben wusstest du es nicht, und du warst irritiert. Jetzt weißt du es, und schon –« Sie schnippte mit den Fingerspitzen. »Es reizt dich, nicht wahr? Bis jetzt war es nur ein etwas exotisches Abenteuer. Etwas abseits des Gewohnten, habe ich recht? Aber nun – was für eine Gelegenheit! Wie ist es wohl, mit einer Frau zu schlafen, die es für Geld macht? Das willst du doch jetzt wissen, oder? Warum solltest du es auch nicht ausprobieren – wo wir schon einmal hier sind?« Sie drehte sich von mir weg und knöpfte ihre Manschetten auf. Über die Schulter fügte sie hinzu: »Ich hoffe, du hast dein Scheckbuch dabei. Ich bin ziemlich teuer.«

      Mit einem Ruck zog sie ihr Hemd aus und warf es auf einen Stuhl. Ich sah ihren angespannten Rücken und hörte das Ratschen des Reißverschlusses. Mit einem kurzen Schütteln warf sie die Stiefel von den Füßen, und die Hose flog dem Hemd hinterher. Jetzt war sie nackt. Mit einer knappen Bewegung drehte sie sich um und hob kurz die Arme. »Bitte, ich stehe zu deiner Verfügung.«

      Endlich hatte ich wieder Gelegenheit, sie in Ruhe zu betrachten und erneut festzustellen, was mir schon bei ihrem ersten Anblick aufgefallen war: Sie war unbeschreiblich schön. Ich ging auf sie zu und berührte sie. Ihre Haut verbreitete die Kälte einer Marmorstatue. »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde es nicht tun. Ich werde dich nicht wie eine Nutte behandeln, nur damit du mich leichter loswerden kannst.« Ich ging rückwärts.

      »Aber Schätzchen.« Sie hob die Augenbrauen, als ob sie ihrer Verwunderung darüber Ausdruck geben wollte, dass ich offenbar die Regeln nicht kannte. »Du bezahlst mich doch. Und ich bin eine Nutte. – Komm . . .« Sie hatte ein professionelles Lächeln aufgesetzt und kam auf mich zu. Sie griff mit einer Hand hinter mein Ohr und streichelte mit dem Daumen die empfindliche Stelle hinter dem Ohrläppchen. Ich schloss die Augen. »Na siehst du«, gurrte sie.

      Ich wollte es vergessen. Ich wollte mich dem Gefühl ihrer streichelnden Hand hingeben. Aber ich konnte nicht. Ich schlug die Augen auf. Sie lächelte immer noch professionell. »Was möchtest du gern? Du kannst es mir ruhig sagen, auch wenn es ungewöhnlich ist. Ich erfülle alle deine Wünsche. Du brauchst keine Hemmungen zu haben.«

      Sie spulte es ab wie einen Vorspann im Kino. Auf einmal lächelte sie wissend. Sie stellte die streichelnde Bewegung hinter meinem Ohr ein, fuhr mit ihren Händen abwärts und ließ sie auf meinem Po liegen. Dann kniete sie sich hin.

      Erst jetzt begriff ich, was sie vorhatte. Ich war zu sehr mit ihrer Show und meinen Empfindungen beschäftigt gewesen. Ich stieß ihren Kopf weg. »Hör auf damit!«

      Sie wischte ihr Lächeln weg, stand mit gleichgültigem Gesichtsausdruck auf und sah mich kalt an. »Meinetwegen. Es ist ja dein Geld. Wenn du willst, kannst du mich dafür auch beschimpfen.«

      Noch nie war ich mit einer Frau in einer derart intimen Situation gewesen, die so schnell umschalten konnte. Sie verunsicherte mich. Ich wollte wissen, was sie wirklich empfand. Es machte mich wütend, dass sie mir die Kontrolle in dieser Weise entzog. Und meinen Ärger hatte ich noch nie verbergen können. Ich funkelte sie wohl ziemlich an.

      Prompt schaltete sie wieder ihr Lächeln ein und versuchte, mich zu beschwichtigen. »Es gibt doch bestimmt Dinge, die du dich noch nie getraut hast, von einer Frau zu verlangen.« Sie legte erneut ihre Hand hinter mein Ohr. Es wäre eine wundervoll zärtliche Geste gewesen, wenn sie sie nicht so mechanisch ausgeführt hätte.

      Dennoch genoss ich den Augenblick der Ruhe. Sie beugte sich herunter und küsste mich sanft auf die Lippen. Ich wollte es für einen Moment glauben, wollte mir einbilden, sie sähe in mir die Frau, die Geliebte – und nicht nur die Kundin, die Geldgeberin.

      Während sie mich sehr sorgfältig küsste – ja, das war der richtige Ausdruck: sorgfältig! Sie vergaß nichts, was notwendig war! – fuhr ihre rechte Hand an meinem Körper hinab. Ihre linke glitt unter mein Hemd und spielte mit meiner Brustwarze, bis sie steif wurde. Es war ein so automatischer Ablauf, dass mir fast schlecht davon wurde. Schon tausendmal musste sie das genauso gemacht haben!

      Ich wollte sie wegdrängen, aber meine Hände landeten genau auf ihren Brüsten. Sie waren


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