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Geschichte Italiens. Wolfgang AltgeldЧитать онлайн книгу.

Geschichte Italiens - Wolfgang Altgeld


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Dabei stellte er den Kirchenstaat auf die Rechtsgrundlage, die bis zum Ende des Mittelalters galt, indem er von Rudolf die Anerkennung sowohl der Pippinischen Schenkung als auch der Goldbulle von Eger forderte; dies war gleichbedeutend mit dem Erwerb der Romagna. Karl musste das Reichsvikariat für die Toskana niederlegen und als Senator von Rom zurücktreten. Letztere Würde übernahm Nikolaus selbst, allerdings nicht als Papst, sondern als Privatmann, der sein Amt dann wiederum durch Stellvertreter ausüben ließ, die ebenfalls Senatoren genannt wurden; diese Rechtskonstruktion galt bis zum Ende des Mittelalters.

      Die Sizilische Vesper

      Nikolaus’ III. Tod am 22. August 1280 und die Wahl seines Nachfolgers Martin IV. im darauffolgenden Frühjahr bedeuteten einen völligen Wechsel der päpstlichen Politik. Martin, der als Legat 1265 die Verhandlungen mit Karl zum Abschluss gebracht hatte, ordnete sich auch als Papst völlig den Wünschen des Königs unter: Er exkommunizierte den byzantinischen Kaiser und unterstützte die Expansionspläne Karls nach Byzanz bedingungslos. Kurz bevor der Kriegszug starten konnte, brach Karls überragende Machtstellung jedoch scheinbar urplötzlich zusammen: durch die Sizilische Vesper.

      [106]Äußerer Anlass für diesen Aufstand der Sizilianer gegen die Anjou-Herrschaft war die Belästigung sizilianischer Frauen durch französische Soldaten in Palermo am Abend des Ostermontags, des 30. März 1282. Die Folge war ein Massaker an den Franzosen und ein Aufstand, der sich binnen eines Monats über die ganze Insel ausbreitete (Messina fiel am 28. April). Papst Martin IV., unter dessen Schutz die Aufständischen sich möglicherweise ursprünglich stellen wollten, antwortete im Sinne Karls am 7. Mai mit der Exkommunikation. Während Karl militärisch gegen die Insel vorzugehen versuchte, landete am 30. August in Trapani König Peter III. von Aragón als neuer König des befreiten Sizilien. Ein Parlament in Messina erkannte 1283 seine Rechte (bzw. die seiner Frau Konstanze) als Erben König Manfreds an und beschloss eine Reform des Staates, der wieder auf die Zustände unter Wilhelm II. (dem Guten) zurückgeführt werden sollte.

      Außer dem spontanen Volkszorn lassen sich vier Gründe für den Ausbruch und den Erfolg der Revolte ermitteln: 1. Karls Desinteresse an der Insel. Das Zentrum seiner Herrschaft lag auf dem Festland; die Insel hat er überhaupt nur zweimal kurzfristig betreten. Sie diente ihm wohl hauptsächlich als Steuerquelle, wobei unklar ist, wann ihr ökonomisch-ökologischer Niedergang eingesetzt hat. Dieses Desinteresse mag auch zu geringerer Beaufsichtigung und damit größerer Willkür der Amtsträger geführt haben. 2. Aktivitäten der Stauferanhänger. Bekannte Namen sind etwa Roger Lauria, Richard Filangieri, Heinrich von Isernia und Johann von Procida. Ob eine förmliche Verschwörung stattgefunden hat, ist unklar, aber die schnelle Ausbreitung der Revolte lässt vorbereitende Strukturen vermuten. [107]3. Einwirkung Kaiser Michaels VIII. von Byzanz, der als Geldgeber einer Verschwörung in Frage kommt. In seiner Autobiographie schreibt er ausdrücklich, dass Gott durch ihn die Sizilianer befreit habe. Er war der Hauptnutznießer des Aufstandes, der seinen Staat vor dem sicheren Untergang gerettet hat. 4. Die Rolle Peters von Aragón ist komplexer. Das Haus Aragón war mit Karl verfeindet, weil es Erbansprüche auf die Provence erhob. Peter III. selbst wünschte eine Erweiterung seines Herrschaftsgebietes, da er bei der Erbteilung nach dem Tode seines Vaters zu kurz gekommen war. Die Rechte seiner Frau boten einen guten Vorwand, ohne dass sich beweisen lässt, dass die Ehe im Hinblick auf diese Rechte geschlossen wurde. Jedenfalls war seine Landung auf Sizilien keine spontane Hilfeleistung, sondern beruhte auf politischem Kalkül.

      Das Parlament von Messina war die Antwort auf Maßnahmen Martins IV. zur Unterstützung Karls, durch welche der lokale süditalienische Konflikt zur europäischen Auseinandersetzung ausgeweitet wurde: Der Papst erklärte Peter III. auch als König von Aragón für abgesetzt und belehnte den zweiten Sohn des französischen Königs, Karl von Valois, mit Aragón. Zur Durchsetzung dieser neuen Ansprüche sollte Frankreich einen Kreuzzug gegen Aragón unternehmen, der aber kläglich scheiterte und am 6. Oktober 1285 zum Tode des französischen Königs führte. Im selben Jahr starben auch Karl von Anjou (am 7. Januar), Papst Martin IV. (am 28. März) und Peter von Aragón (am 2. November).

      [108]Der Krieg der Sizilischen Vesper bis zum Frieden von Caltabellotta

      Da im Jahr 1285 alle Protagonisten der Sizilischen Vesper gestorben waren, kam nun die zweite Generation zum Zuge. Auf Sizilien folgte Peters III. zweiter Sohn Jakob nach, während in Aragón der Erstgeborene Alfons die Regierung antrat, wodurch teilweise Interessenkonflikte entstanden. Als Papst wurde mit Honorius IV. ein Römer gewählt, der zwar die Anjou uneingeschränkt unterstützte, aber doch eine selbständigere Position einnahm als sein Vorgänger. Besonders schwierig war die Lage Karls II. von Anjou: Er war 1284 bei einer unbedachten Flottenaktion in die Gefangenschaft der Sizilianer geraten. Zwar wurde er nicht, wie einige forderten, als Vergeltung für den Tod Konradins hingerichtet, aber sein oberstes Ziel musste es sein, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien.

      In den folgenden Jahren gab es eine Serie von Militäraktionen, die immer wieder durch vertragliche Lösungsversuche unterbrochen wurden. Die ersten beiden Vertragsversuche sahen die Freilassung Karls II. als Gegenleistung für die Abtretung Siziliens an Jakob I. vor, wurden aber von der Kurie als Lehnsherrn nicht genehmigt. Durchgeführt wurde der Vertrag von Canfranc von 1288: Karl II. wurde (gegen Vergeiselung dreier Söhne) freigelassen und musste sich verpflichten, binnen drei Jahren einen allseitig anerkannten Friedensvertrag zustande zu bringen, andernfalls in die Haft zurückzukehren. Der Vertrag von Anagni von 1295 – inzwischen war Jakob I. von Sizilien als Nachfolger seines gestorbenen Bruders nach Aragón gewechselt und hatte seinen jüngeren Bruder Friedrich als Stellvertreter auf [109]Sizilien gelassen – sah ein großes Revirement vor: Jakob sollte Sizilien an den Papst zurückgeben, der es an Karl II. weiterzugeben hätte, dessen Tochter Jakob heiraten sollte; Friedrich sollte mit dem (noch zurückzuerobernden) lateinischen Kaiserreich Byzanz entschädigt werden, Jakob mit Sardinien und Korsika: Für Sizilien bedeutete dies praktisch eine Wiederherstellung des Zustandes vor 1282. Der Vertrag, dem auch der Papst zustimmte, löste auf Sizilien eine zweite »nationale« Revolte aus, durch die der Stellvertreter Friedrich 1296 zum König erhoben und Jakob de facto abgesetzt wurde. Erst 1302 brachte der Friede von Caltabellotta eine (wenigstens zeitweise) Lösung: König Friedrich, der eine Tochter Karls II. heiraten sollte, wurde auf Lebenszeit anerkannt; danach sollte Sizilien an die Anjou zurückfallen, eventuelle Kinder aus der Ehe anderweitig entschädigt werden.

      Cölestin V. und Bonifaz VIII.

      Nach dem Tode Papst Nikolaus’ IV. gelang über zwei Jahre keine Wahl eines Nachfolgers. Kam die lange Sedisvakanz 1268–1271 Karl I. gelegen, indem sie ihm freie Hand für die Vorbereitung seiner Expansionspläne ließ, so hing Karl II. 1292–1294 gewissermaßen in der Luft, da er einen Papst für die lehnsherrliche Bestätigung der auszuhandelnden Verträge brauchte. Dennoch ist nicht erwiesen, dass er seine Hände im Spiel hatte, als am 5. Juli 1294 die Kardinäle überraschend den Einsiedler Peter vom Murrone zum Papst erhoben. Die Person des Gewählten erschien wie die Erfüllung der damals weit verbreiteten Erwartung eines papa [110]angelicus, der die Kirche reformieren und ein vom Mönchtum gekennzeichnetes Zeitalter des Heiligen Geistes heraufführen sollte (gemäß den popularisierten und verflachten Vorstellungen des Joachim von Fiore). Es zeigte sich jedoch schnell, dass Cölestin mit seiner Aufgabe hoffnungslos überfordert war. Er geriet sofort in Abhängigkeit von Karl II., der ihn persönlich in seiner Zelle abholte, zur Krönung nach L’Aquila und anschließend nach Neapel führte; Rom hat er als Papst nie betreten. Sein Unvermögen wurde auch ihm selbst bald bewusst und belastete sein Gewissen, so dass er (nach Einholung juristischen Rates) am 13. Dezember 1294 zurücktrat.

      Dass ein Papst zurücktreten könne, war durch das geltende Kirchenrecht eindeutig geklärt. Wenn die Rechtmäßigkeit von Cölestins Abdankung dennoch in Zweifel gezogen wurde, so spiegelte das zum einen die Enttäuschung jener Kreise, die in seiner Wahl die apokalyptischen Vorstellungen ihrer Zeit erfüllt sahen; zum andern lag es im Verhalten seines Nachfolgers begründet: Bonifaz VIII. befürchtete, sein Vorgänger könne zum Werkzeug seiner zahlreichen Feinde werden, und ließ ihn (nach einem gescheiterten Fluchtversuch) in Castel Fumone nahe Anagni internieren, wo er am 19. Mai 1296 eines


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