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DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis. Daniel JödemannЧитать онлайн книгу.

DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis - Daniel Jödemann


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      Der Blutbüffel riss eine Reihe von Gegnern zu Boden, die ihn in seinem Lauf nicht bremsen konnten. Der Bär richtete sich auf die Hintertatzen auf und schlug mit weit ausholenden Prankenhieben auf die Wachen ein. Soldaten flogen in alle Richtungen davon. Ein Berglöwe sprang fauchend einen Myrmidonen an und verbiss sich in dessen Nacken.

      Xelias erreichte Firnvild und Faravid. »Rasch!«, rief er. »Die Ketten!«

      Der Skalde starrte ihn aus großen Augen an. Dann hielt er ihm die Fesseln hin.

      Xelias holte mit der Axt aus und zerschlug die Kettenglieder.

      Kapitel 2

      Havarskog, Insel Eikey, Brajan 2120 IZ

      Die Bulgmarhi, die schlanke Otta der Hallaz-Sippe, das Drachenhaupt verhüllt, lief knirschend auf das flache Ufer auf.

      Vardur nickte langsam. Jedes weitere eintreffende Schiff stärkte das Gefühl der Hoffnung, das ihn seit Tagen begleitete. Drawina würde es gutheißen, wenn sie sich einig zeigten. Je mehr sich ihrer Sache anschlossen, desto wahrscheinlicher war zudem ein glücklicher Ausgang ihrer Reise.

      Gleichzeitig nährte es aber auch das Gefühl der Endgültigkeit, das in ihm wuchs. Wenn sie erst einmal Hjaldingard zurückgelassen hatten, gab es kein Zurück mehr. Dort draußen auf dem Meer, gleich hinter dem Horizont, wartete ihre Bestimmung auf sie.

      »Schon fast vierzig Sippen«, stellte Horm fest. »Und beinahe genauso viele Kriegsschiffe.« Er wies mit seiner verbliebenen Hand das Ufer entlang. »Dazu kommen ebenso viele Schiffe für Vieh und Fracht, für die Kinder und Bauern. Die Ziegen der Aslakur werden gerade auf Halljadurs Weiden getrieben. Die Heddin brachten sogar alle ihre Trehurnoz mit, wir müssen einen Teil davon aber schlachten.«

      Nie zuvor hatte Vardur so viele Ottas auf einem Haufen gesehen. Sie lagen so dicht, dass man bequem von einem Schiff zum nächsten hätte springen können. Vor allem die breiteren, bauchigen Frachtschiffe hatte man auf den Strand gezogen. Die meisten waren bereits beladen, andere warteten noch darauf. Dahinter, in der Bucht, hatten die übrigen Drachenschiffe Anker geworfen.

      Horm Ohnehand folgte ihm das Ufer entlang, zählte auf, wie viel Vieh sie hatten und mit wie vielen Mitgliedern die einzelnen Sippen gekommen waren. Zwischen den Schiffen eilten geschäftige Hjaldinger umher. Wer kräftig genug war, mit anzupacken, tat dies auch, schleppte Vorräte heran und lud sie auf die Ottas, wo kundige Hände sie festzurrten.

      Das Vieh und die Pferde warteten noch in den mit provisorischen Zäunen umgebenen Pferchen. Der Großteil graste auf den Weiden von Eikey, wo sich die Ziegen und Schafe, Trehurnoz und Schweine vor der Abfahrt ein letztes Mal sattfraßen.

      Horm kratzte sich an seinem Armstumpf. »Wenn das nicht ein beeindruckendes Drachenschiff ist. Selbst Ottar würde da anerkennend nicken.«

      Sie passierten die Blajazehwa, das ›Windpferd‹, eine schlanke, mit kunstvollen Runen geschmückte Otta. Von ihr aus würde Jurga ihren gesamten Schiffsverband anführen. Krieger der Hagni-Sippe verstauten Waffen und Vorräte unter den Ruderbänken. Ein Runaman erneuerte behutsam eine der verschlungenen Runen am Bug, eine Vagarokruna, die seefahrerische Fähigkeiten stärkte. Über ihm ragte der Drachenkopf der Otta empor, der mit Tüchern verhüllt worden war, um die Geister von Eikey nicht zu verschrecken.

      »Ich ziehe dennoch die Thurehs vor«, gab Vardur zu. »Das Schiff hat die Havar schon seit Generationen niemals im Stich gelassen. Sie wird uns auch sicher auf die andere Seite des Eiwara bringen.«

      Hjalda, die Witwe des einstigen Hersirs Tjalf und Jurgas Stiefmutter, kontrollierte die Kisten, Körbe und Vorräte, die am Ufer standen. Danach entschied sie, welche auf die Blajazehwa geschafft wurden und welche auf eines der drei Frachtschiffe der Hagni. Sie blickte auf und nickte Vardur zu. Hjalda war eine gestandene Kriegerin, deren rotbraunes Haar noch keine grauen Strähnen aufwies. Ihre beiden Kinder Grani und Tola gingen ihr zur Hand. Die Zwillinge hatte noch nicht ganz das Erwachsenenalter erreicht. Mit ihren kastanienbraunen Locken und dunklen Augen kamen sie eher nach ihrer Mutter, vermutete Vardur. Sowohl Jurga als auch ihr Bruder Hasgar hatten blondes Haar und helle Augen.

      »Wie viel weiß sie über dich und ihre Tochter?«, raunte Horm ihm zu.

      Er winkte ab. »Was macht es jetzt für einen Unterschied?«

      Sie umrundeten am Ufer aufgereihte Wasserfässer. »Wir müssen so viel zurücklassen«, seufzte Horm. »Hätten wir doch nur die Zeit, um weitere hundert Schiffe zu bauen.«

      »Beschränken wir uns auf das Nötigste. Ich verzichte gerne auf die Erbstücke der Havar-Sippe für ein Fass Trinkwasser mehr, einen Ballen Stroh für das Vieh und eine zusätzliche Kiste mit Saatgut. Vor allem anderen müssen wir selbst ankommen. Wir tragen alles in uns, was wir benötigen, damit unser Volk fortlebt. Sobald wir einen Fuß auf das Ufer des neuen Lands setzen, haben die Imperja verloren. Dann können sie uns nicht mehr auslöschen. Die Hjaldinger überleben, unsere Sagas werden weiterhin gesungen, unsere Ahnen in den Geschichten weiterleben, die wir unseren Nachkommen abends am Feuer erzählen.«

      Kinder rannten lachend an ihnen vorbei. Ihnen war nicht bewusst, was auf sie zukam und welches Risiko das Unterfangen wirklich barg. Eine alte Frau saß auf einer Kiste, blinzelte in die grelle Morgensonne und sah ihrer Sippe beim Beladen ihrer Otta zu.

      »Dennoch«, Horm senkte die Stimme, »sind es nicht ausreichend Schiffe für alle. Der Platz wird nicht reichen, es gibt nicht genug Vorräte oder Wasser für alle.«

      Vardur nickte langsam.

      Auch in der Ortsmitte von Havarskog herrschte rege Betriebsamkeit. Mitglieder der Havar trugen Fässer, Kisten und Körbe vorbei, trennten vor ihren Häusern das Nützliche vom Unbrauchbaren. Familien aus dem Umland trafen ein, ihre Karren beladen mit Vorräten aus ihren Speichern. Die Kinder von Halljadur und Jarngerd, die einen Hof im Hinterland von Eikey bewirtschafteten, trieben unruhig schnatternde Gänse vor sich her.

      Horm sah ihnen lächelnd nach. »Arnthrud meint, ich solle bloß schauen, gleich bei unserer Ankunft ein gutes Stück Land zu finden, ehe jemand schneller ist.«

      Vardur schmunzelte. »Für ein Langhaus? Mit ausreichend Platz für eine ganze Schar Kinder?«

      Sein Freund grinste. »So stolz und anmutig wie ihre Mutter, hoffe ich. Große Krieger wie ihr Vater.«

      »Und sicherlich ebenso bescheiden.«

      Horms Lächeln schwand, als ihnen eine Gruppe von Kriegern der Aasa entgegenkam. »Ich wette mit dir, der mächtige Hersir Gautaz Großmaul wird die besten Plätze für sich und seine Sippe beanspruchen, sobald auch nur die Küste des neuen Lands am Horizont zu erahnen ist.«

      Zwischen den Häusern hindurch konnten sie nun bis zu dem Langhaus sehen, das Vardur bislang sein Zuhause genannt hatte.

      »Wo wir gerade von Hersiren sprechen …« Horm warf ihm einen Seitenblick zu. »Hast du dich bereits entschieden, was du sagen wirst?«

      Vardur seufzte. »Was rätst du mir denn?«

      »Ich rate dir, nicht in Selbstmitleid zu versinken. Die alte Kratzbürste wusste schon, was sie tat. Was Salbjerg in dir sah, sehen andere inzwischen auch.«

      Er nickte langsam. Horm hatte mit seinem eigenen Onkel gebrochen, um ihn beim Hjalding zu unterstützen. »Wir können nicht ohne Hersir aufbrechen, so viel ist sicher.«

      Sie erreichten das Langhaus von Vardurs Familie. Ehe sie eintreten konnten, kam ein kleiner Junge angerannt, der Vardur nicht einmal bis zur Hüfte reichte, und stieß mit ihm zusammen. Erschrocken wich der Junge zurück und sah aus himmelblauen Augen unter einem blonden Schopf zu ihm auf.

      Vardur schenkte ihm ein Lächeln. »Und der Hersir welcher Sippe bist du?«

      Der Knabe gluckste. »Ich bin kein Hersir! Noch nicht … Aber bald!«

      »Siehst du, wusste ich es doch!« Er lachte. »Wie heißt du denn, junger Hersir?«

      »Skidi!«, verkündete der Angesprochene stolz und stemmte die Hände in die Hüften. »Skidi Gautazsun!«


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