Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.
hausten, steckte sich hinter die Säcke
und sah richtig in der Nacht ein solches Männchen
alles tun, mit ungeheurer Kraft und Schnelligkeit,
aber dabei verzehrte es das Restchen Butterbrot. Das
Manneken war ganz nackt, das tat dem Müller leid, er
bestellte ihm beim Schneider ein Kleidchen nach ohngefährem
Maß und legte es ihm hin und ein großes
Butterbrot daneben. Dann verbarg sich der Müller,
das Klabautermännchen kam, tat einen Freuden-
sprung, aß schnell das große Butterbrot, zog die
Kleidchen an, verschwand und kam nimmermehr wieder.
Nun wußte aber der Müller, daß die Klabautermännchen
jeden Abend über einen Steg am Mühlbach
schritten, und da lauerte er ihnen auf. Als sie kamen,
waren alle nackt, und er ließ sie vorüber, bis das letzte
kam, welches der Müller gekleidet hatte. Nach diesem
langte er und rief: Hab ich dich? – da schrie es:
Hülfe! Hülfe! aus dem Mühlbach, mit der Stimme
von des Müllers Frau; der Mann erschrak, sah sich
um, glitt aus vom Stege und plumpste selbst hinunter
in das Wasser. Die Klabautermännchen aber schwanden
hinweg und kamen niemals wieder. Ein anderer
Kaboutermannekensberg liegt zwischen Turnhout und
Casterle; die darin wohnten, waren aber böse von
Natur, anderwärts gibt es hingegen viele gute, und
wer sich gut mit diesen Manneken versteht, dem dienen
sie gern und oft, häufig aber üben sie auch Tücke,
besonders gegen solche, die ihnen abhold sind. Sie
verderben die Butter, saugen die Kühe aus, treiben
mannigfachen Spuk und Schabernack. Sie werden
auch Rotmützchen und Klabbers genannt.
Ein Bauer hatte ein gar hülfreiches Rotmützchen
im Hause, das butterte ihm, leistete ihm allerlei
Dienst, half ihn allmählich reich machen. Der Bauer
kaufte Kühe, baute das Haus neu, und das Männchen
tat mehr als drei starke Knechte, es pflügte auch und
bestellte den Acker in aller Weise. Einmal hatte es der
Bauer zu sehen bekommen, es trug sich ganz rot,
hatte ein grünliches Gesicht und grüne Hände. Des
guten Rotmützchens hülfreicher Fleiß verdarb jedoch
den Bauer, er tat selbst gar nichts mehr, gewöhnte
sich an das Wirtshausleben, an Trunk und Spiel. Rotmützchen
warnte ihn, aber sein Warnen fruchtete
nicht, ja eines Abends, als er spät und trunken nach
Hause kam, schimpfte und schalt er den Hülfsgeist.
Das Klabautermännchen verschwand. Am andern
Tage lag die Frau des Bauern krank, das Vieh fiel in
den Ställen, in den Strümpfen, die der Bauer nach und
nach mit harten Talern gefüllt und wohl verborgen
hatte, staken Kohlen und faule Kartoffelscheiben, die
Felder hatte ein Hagel zusammengeschlagen und
furchtbar verwüstet, das Haus hing auf eine Seite und
drohte den Einsturz. Der Bauer ging in sich, bereuete,
gelobte Besserung – das war alles vergebens. Hohnlachen
erscholl um das Haus herum, das mehr und mehr
verfiel. Der Bauer starb in Armut und Elend.
Ein armer Bauernbursche liebte heftig ein reiches
Mädchen und sie auch ihn, aber der Vater sagte nein.
Wer nicht tausend blanke Gülden besitzt und aufzählt,
die sein eigen sind, wird nicht mein Schwiegersohn,
sagte er. Der arme Bursche schlich traurig heim,
mochte seine Barschaft gar nicht zählen, er hatte nicht
hundert Batzen, geschweige tausend Gulden. Ging
hinaus zu Feld und Busch und dachte: Was liegt am
Leben, wenn es nicht Liebe krönt? Willst's abwerfen.
Siehe, da stand ein Klabautermännchen vor ihm, wie
hergeschneit oder aus dem Boden herausgewachsen,
und fragte ihn: Was fehlt dir? – Da klagte ihm der
Bursche sein Leid. Wenn's weiter nichts ist, sagte der
Klabautermann, zähle doch nur erst einmal dein
Geld. – Ich hab's gezählt, es langt nimmer. – Hast nur
nicht recht gezählt, geh, zähl noch einmal, es muß
treffen! – Der Bursche ging, halb ungläubig, halb hoffend;
er zog seine kleine Habe hervor und begann zu
zählen und zählte und zählte und zählte immerfort, bis
tausend Gülden voll waren, und da war's alle, nicht
einer darunter, nicht einer darüber. Welch ein Glück!
Er rannte wieder ins Feld hinaus, er wollte danken, er
rief: Kaboutermänneken! Kaboutermänneken! – Ja
guten Morgen, da war kein Kaboutermänneken weder
zu hören, noch zu sehen. Nun lief er heim, hob und
schleppte seinen Schatz zum reichen Bauer hin, zählt'
ihm die blanken Gülden vor, bekam des Mädchens
Hand und des Alten Segen und wurde ein glücklicher
Mann.
Im Kasteelberg bei Beveren im Hennegau wohnten
auch Kaboutermannekens. Die wuschen den Leuten
die Wäsche gegen Empfang von etwas Butter, Eiern,
Milch, Mehl und wenigem Geld, bleichten sie auch
im Mondenscheine ganz blütenweiß und hielten oft,
derweil die Wäsche bleichte, in den Waschkufen
einen Ball. Hernachmals sind die Männchen fortgezogen,
man weiß nicht warum und wohin. Nur ein ganz
altes blieb zurück. Das sehen bisweilen die Leute droben
auf dem Berge sitzen, es hat einen eisgrauen Bart,
der langt bis auf die Füße nieder, es sitzt und sinnt
und schmökt seine Pipe und macht mit den Daumen
die Mühle, ganz wie ein echter alter Holländer.
152. Nix Flerus
Nixen wohnen in Holland allenthalben, sie heißen
dort Neck, in der Mehrzahl Necker, und führen auch
zum öftern noch besondere Namen. Zu Lessinghe bei
Ostende, am Canal de Furnes, war ein Bauernhof,
darinnen hauste ein Nix, des Namens Flerus, als hülfreicher
Hausgeist, welcher gleich Kludde und Lodder