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Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.

Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen - Ludwig Bechstein


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ward gegen das Kind voller Liebe.

       Nach dem Messeopfer wurden den Bettlern Silberpfennige

       ausgeteilt, und da wurde Wittekinds Heldengestalt

       erkannt trotz seiner Verkleidung und er vor

       Kaiser Karl geführt. Aber Karl empfing seinen großen

       Gegner gütig und sprach mit ihm über den Christengott

       und seinen Dienst, und Wittekind erzählte von

       dem Kinde, das ihm vorgeschwebt. Darauf hat der

       Sachsenheld die heilige Taufe willig angenommen

       und hat auch veranlaßt, daß viele seiner ihm untergebenen

       Fürsten und Führer sich taufen ließen, und Karl

       der Große machte ihn zum Herzoge von Sachsen, Engern

       und Westfalen und verwandelte das schwarze

       springende Roß, welches der Sachsenheld in seinem

       Schilde führte, in ein weißes.

       163. Das Oldenburger Horn

       Im heutigen Oldenburger Lande herrschte ein Graf,

       des Namens Otto, der hatte große Lust am Jagen, und

       zog aus mit seinen Vasallen, Jagdgenossen und Jägern

       nach einem Walde, der hieß Bernefeuer, nicht

       allzufern von dem Osenberge. Da stieß dem Grafen

       ein Reh auf, das floh vor ihm her, und er hetzte es mit

       seinen Rüden und kam in der Verfolgung seinem

       Jagdgefolge ganz aus dem Gesicht, und sein weißes

       Pferd trug ihn also schnell von dannen, daß er selbst

       seinen schnellen Winden aus der Spur kam und sich

       mit einem Male, ohne auch nur vom weiten etwas von

       seiner Jägerei zu sehen oder zu hören, auf einer stillen

       Bergfläche befand. Auch das Reh, das ihn so weit

       verlockt, sah er nimmer. Nun war die Hitze an diesem

       Tage groß, es soll im Julimond gewesen sein, und den

       Grafen durstete sehr, daher sprach er zu sich selbst: O

       Gott, wer kühlen Wassers nur einen einzigen Trunk

       hätte! – Siehe, da öffnete sich eine Felswand am

       Osenberg, und es trat aus ihr eine schöne, wohlgezierte

       Jungfrau, reizend anzuschauen, die hielt in ihrer

       Hand ein uraltes Jägertrinkhorn, verziert mit mancherlei

       seltsamem Bildwerk, das war von Silber überkleidet

       und kostbar vergüldet und überaus künstlich, voll

       Figuren, und das Horn war voll eines Trankes, den

       bot die Jungfrau dem Grafen sittiglich dar. Graf Otto

       nahm das Trinkhorn, schlug den Deckel auf und wollte

       es zum Munde führen, sah aber in das Horn hinein

       und beschaute den Trank, und der gefiel ihm mitnichten,

       denn als er ihn schüttelte, war er trübe und roch

       auch nicht wie Malvasier – und der Graf trank nicht.

       Die Jungfrau aber ermunterte den Grafen, er solle nur

       ihr vertrauen und trinken; es werde ihm und seinem

       Geschlechte gedeihen. Dies und die Landschaft Oldenburg

       werde davon ein gutes Gedeihen haben. –

       Aber der Graf weigerte sich fortdauernd, um so mehr,

       da die Jungfrau in ihn drang, doch zu trinken, und so

       sagte sie: Wo du nicht trinkest, wird in deinem Geschlechte

       und deiner Nachkommenschaft nimmermehr

       Einigkeit sein. Nun hielt der Graf immer noch das

       Horn mit dem Trunke in seiner Hand und hatte sein

       Bedenken, und da zuckte das Roß, und es troff etwas

       von dem Tranke über und auf des Pferdes hintern

       Bug, da gingen gleich dem Pferde die Haare weg.

       Jetzt langte die Jungfrau nach dem Horne und begehrte

       es wieder aus seiner Hand zu nehmen, aber der

       Graf behielt es in seiner Hand und ritt von dannen,

       und die Jungfrau schwand wieder in den Berg hinein.

       Den Grafen aber kam ein Grauen an, und schüttete

       das Horn aus, und behielt es, und ritt weiter, indem er

       sein Roß spornte, bis er sich wieder zu seiner Jägerei

       fand, zeigte ihr das Horn und erzählte, auf wie wun-

       derbarliche Weise er zu dem köstlichen Kleinod gekommen

       sei. Darauf ist das Horn sorgsam im Schatz

       der Grafen von Oldenburg aufbewahrt worden.

       Dieser Graf Otto war dieses Namens der erste in

       seinem edlen Geschlecht und hatte von seiner Gemahlin

       Mechthild, Gräfin von Alvensleben, fünf Söhne,

       deren ältester war Johannes der Erste, dieser hatte

       wiederum fünf Söhne, von denen ward der erste Udo

       geheißen, Bischof zu Hildesheim, der zweite aber

       hieß Huno, der war gar herrlich und ehrenreich, also

       daß er den Beinamen Gloriosus empfangen hat.

       164. Friedrich der Löwensieger

       Graf Huno von Oldenburg war auch ein frommer und

       rechter Mann, der lebte zu den Zeiten Kaiser Konrad

       des Saliers und wurde von diesem Kaiser zu einem

       Reichstag nach Goslar beschieden. Aber über den

       Übungen seiner Frömmigkeit vor Gott und über guten

       Werken verabsäumte er den Fürstentag, weshalb

       Übelgesinnte ihn übler und aufwieglerischer Gesinnung

       ziehen und den Zorn des Kaisers gegen ihn erregten.

       Und der Kaiser gebot, Graf Huno solle seine

       Unschuld durch ein Gottesurteil beweisen oder als

       Aufrührer sterben. Er solle auf Tod und Leben mit

       einem ungeheuern, grausamen Löwen kämpfen. Nun

       hatte Graf Huno einen jungen freudigen Sohn, der war

       stark und gewandt und mutvoll, der begleitete seinen

       Vater an des Kaisers Hof und trat für seinen Vater als

       Kämpfer ein, denn Graf Huno war alt und wäre dem

       grimmen Löwen wohl leicht erlegen. Beide gelobten

       der heiligen Jungfrau, wenn ihnen der Sieg zufiele, ein

       reiches Stift zu gründen. Vor dem Kampfe ersann der

       junge Graf von Oldenburg eine List, er ließ eine

       Puppe von Stroh und Leinwand lebensgroß anfertigen

       und dieselbe ritterlich bekleiden, so daß sie einen

       Mann vorstellte, die trug er vor sich her, und als der

       Löwe ihm entgegensprang, warf er ihm die Puppe ent-

       gegen, darauf fiel er den Löwen an, während der

       Löwe den Strohmann zerriß, und besiegte ihn ohne

       Verletzung. Der Kaiser war froh und umarmte den

      


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